Bedaquilin

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2025

This article in english

Synonym(e)

Bedaquilin fumarat

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

Bedaquilin (Bedaquilin fumarat) wird zur Behandlung von erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit kutaner (pulmonaler) multiresistenter Tuberkulose verwendet, wenn eine konventionelle Therapie unwirksam ist, insbesondere wenn eine Resistenz gegen die gängigsten Erstlinienmedikamente besteht.

Wirkungsspektrum

Bedaquilin ist ein Wirkstoff aus der Klasse der Diarylchinoline. Das Therapeutikum greift gezielt die ATP-Synthase von Mycobacterium tuberculosis an. Die ATP-Synthase ist für die Energieproduktion der Tuberkulosebakterien notwendig. Durch diese spezifische Hemmung stört Bedaquilin die Fähigkeit der Bakterien, Adenosintriphosphat (ATP) zu synthetisieren. Diese Synthese ist für ihre Energieversorgung notwendig. Dieser Wirkmechanismus führt zu einem bakteriziden Effekt, der sowohl bei sich teilenden als auch bei sich nicht teilenden Zellen der Tuberkulosebakterien auftritt. Durch diesen Ansatz unterscheidet sich Bedaquilin von anderen Tuberkulose-Medikamenten, die häufig auf die Zellwand oder die DNA-Replikation der Bakterien abzielen und bietet eine wirksame Behandlungsoption, insbesondere bei multi-resistenten Stämmen.

Pharmakokinetik

Resorption: Maximale Plasmakonzentrationen (Cmax) von Bedaquilin werden etwa fünf Stunden nach Einnahme erreicht. Sowohl Cmax als auch die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) steigen proportional mit der Dosis an, untersucht bis zu einer Dosis von 700 mg als Einzeldosis und 400 mg als tägliche Mehrfachdosis. Die Bioverfügbarkeit von Bedaquilin erhöht sich etwa um das Zweifache, wenn das Medikament mit Nahrung eingenommen wird, verglichen mit der Einnahme im nüchternen Zustand.

Verteilung: Die Plasmaproteinbindung von Bedaquilin liegt bei über 99,9%, ähnlich ist es beim N-Monodesmethyl-Metaboliten M2 mit mindestens 99,8%. Tierexperimentell zeigt sich, dass Bedaquilin und M2 umfassend in die meisten Gewebe verteilt werden, mit Ausnahme des Gehirns, wo die Aufnahme gering ist.

Metabolismus (Biotransformation): CYP3A4 ist hauptsächlich für die Metabolisierung von Bedaquilin und die Bildung des aktiven Metaboliten M2 verantwortlich. Bedaquilin hemmt oder induziert in vitro keines der untersuchten CYP450-Enzyme signifikant.

Elimination: Der Großteil der eingenommenen Dosis von Bedaquilin wird über die Fäzes ausgeschieden, mit weniger als 0,001% der Dosis, die unverändert im Urin gefunden wird, was eine vernachlässigbare renale Clearance anzeigt. Nach Erreichen der Cmax fallen die Plasmakonzentrationen von Bedaquilin exponentiell ab mit einer mittleren terminalen Eliminationshalbwertzeit von etwa fünf Monaten für Bedaquilin und M2, was wahrscheinlich die langsame Freisetzung des Wirkstoffs aus dem peripheren Gewebe widerspiegelt.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Indiziert für die Behandlung bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten (im Alter von fünf Jahren bis <18 Jahren und mit einem Körpergewicht von mindestens 15 kg) als Teil einer geeigneten Kombinationstherapie der multiresistenten pulmonalen Tuberkulose (multi-drug-resistant Mycobacterium tuberculosis, wenn ein wirksames Behandlungsregime aufgrund von Resistenz oder Unverträglichkeit nicht anders zusammengestellt werden kann). Als multiresistente Tuberkelbakterien werden Isolate von Mycobacterium tuberculosis bezeichnet, die Resistenzen gegen Isoniazid und Rifampicin aufweisen. Die Wirkung von Bedaquilin ist auf einige Mykobakterien-Spezies beschränkt (z. B. Mycobacterium avium, Mycobacterium leprae).

Die Anwendung von Bedaquilin sollte stets zusammen mit einer Mahlzeit erfolgen, um die orale Bioverfügbarkeit etwa zu verdoppeln. Die Tablette ist in Wasser zu dispergieren (bis zu fünf Tabletten in 5 ml Wasser pro Dosis), gut umzurühren, bis sie vollständig dispergiert sind. Die dispergierte Mischung sollte dann mit mindestens 5 ml eines Getränks oder einem Teelöffel Weichkost weiter gemischt und sofort eingenommen werden. Getränke können Wasser, Milchprodukte, Apfelsaft, Orangensaft, Cranberrysaft oder kohlensäurehaltige Getränke sein. Weichkost kann Joghurt, Apfelmus, Bananenpüree oder Haferbrei umfassen. Um sicherzustellen, dass keine Tablettenreste im Becher zurückbleiben, den Becher mit einem Getränk nachspülen oder weitere Weichkost hinzufügen und den Inhalt sofort einnehmen. Alternative Methode (Zerkleinert und mit Weichkost gemischt). Die Tablette kann unmittelbar vor der Einnahme zerkleinert und mit Weichkost gemischt werden. Nach dem Mischen den Inhalt sofort einnehmen.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Besondere Patientengruppen:

  • Leberfunktionsstörung: Bei leichter bis mäßiger Beeinträchtigung ist keine Dosisanpassung notwendig; nicht untersucht bei schwerer Störung.
  • Nierenfunktionsstörung: Kein signifikanter Einfluss der Nierenfunktion auf pharmakokinetische Parameter; bei schwerer Störung kann die Exposition aufgrund veränderter Resorption und Metabolisierung erhöht sein.
  • Kinder und Jugendliche: Unterschiedliche Expositionen basierend auf Körpergewicht, aber die durchschnittliche Exposition ist ähnlich der bei Erwachsenen.
  • Ältere Patienten: Alter scheint keinen Einfluss auf die Pharmakokinetik zu haben, begrenzte Daten verfügbar.
  • Ethnische Herkunft: Niedrigere Exposition bei Patienten schwarzer Hautfarbe ohne klinische Relevanz.
  • Geschlecht: Keine signifikanten Unterschiede in der Exposition zwischen Männern und Frauen festgestellt.

Schwangerschaft/Stillzeit

Es gibt nur sehr begrenzte Daten zur Anwendung von Bedaquilin bei schwangeren Frauen. Tierexperimentell wurden keine negativen Auswirkungen auf die Reproduktion festgestellt, dennoch ist die Sicherheit für den Menschen nicht vollständig nachgewiesen. Daher sollte Bedaquilin während der Schwangerschaft nur verwendet werden, wenn der erwartete Nutzen das potenzielle Risiko überwiegt. Generell wird empfohlen, die Anwendung von Bedaquilin in der Schwangerschaft zu vermeiden, es sei denn, es besteht eine dringende medizinische Notwendigkeit.

Stillzeit: Bedaquilin geht in die Muttermilch über und kann bei Säuglingen eine systemische Exposition erreichen, die ähnlich hoch ist wie bei den behandelten Müttern. In Studien wurde festgestellt, dass die Konzentration von Bedaquilin in der Muttermilch deutlich höher sein kann als im mütterlichen Plasma, mit berichteten Milch-zu-Plasma-Verhältnissen von bis zu 14:1. Bei einem gestillten Säugling wurden Plasmakonzentrationen gemessen, die denen der Mutter entsprachen. Aufgrund dieser Daten und der unklaren klinischen Konsequenzen einer solchen Exposition wird empfohlen, dass Mütter unter Bedaquilin-Therapie nicht stillen sollten.

Dosierung und Art der Anwendung

Allgemeine Hinweise: Therapieeinleitung und -überwachung sollte von einem Arzt mit Erfahrung in der Behandlung von MDR-TB erfolgen. Directly Observed Therapy (DOT) wird empfohlen. Bedaquilin ist Teil einer geeigneten Kombinationstherapie, basierend auf den WHO-Leitlinien und Empfindlichkeitstests.

Erwachsene (≥18 Jahre): Woche 1 bis 2: 400 mg täglich. Woche 3 bis 24: 200 mg dreimal wöchentlich (mindestens 48 Stunden Abstand zwischen den Dosen).

Kinder und Jugendliche (≥15 bis <20 kg Körpergewicht):

  • Woche 1 bis 2: 160 mg täglich.
  • Woche 3 bis 24: 80 mg dreimal wöchentlich.

 Kinder und Jugendliche (≥20 bis <30 kg Körpergewicht):

  • Woche 1 bis 2: 200 mg täglich.
  • Woche 3 bis 24: 100 mg dreimal wöchentlich.

 Kinder und Jugendliche (≥30 kg Körpergewicht):

  • Woche 1 bis 2: 400 mg täglich.
  • Woche 3 bis 24: 200 mg dreimal wöchentlich.

Behandlungsdauer: Standardbehandlungsdauer beträgt 24 Wochen.

Bei Patienten mit extensiver Resistenz kann die Behandlungsdauer individuell verlängert werden, unter engmaschiger medizinischer Überwachung.

Spezielle Patientengruppen:

  • Ältere Patienten (≥65 Jahre): Sehr begrenzte klinische Daten vorhanden.
  • Leberfunktionsstörungen:
    • Leichte bis mäßige: Keine Dosisanpassung erforderlich.
    • Schwere: Anwendung nicht empfohlen, da keine Daten vorhanden.
  • Nierenfunktionsstörungen:
    • Leichte bis mäßige: Keine Dosisanpassung erforderlich.
    • Schwere oder terminale Niereninsuffizienz: Vorsichtige Anwendung empfohlen.
  • Kinder unter 5 Jahren oder <15 kg: Sicherheit und Wirksamkeit nicht erwiesen.

Unerwünschte Wirkungen

Zu den häufigen Nebenwirkungen, die während einer Bedaquilin-Therapie auftreten können, zählen:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Verlängertes QT-Intervall
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Diarrhö
  • Erhöhte Transaminasen
  • Arthralgie
  • Myalgie

Wechselwirkungen

Folgende Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Bedaquilin zu beachten:

  • CYP3A4-Induktoren: Gleichzeitige Anwendung von Bedaquilin mit starken oder mäßigen CYP3A4-Induktoren wie Rifampicin, Rifapentin, Efavirenz, Carbamazepin und Phenytoin kann die Wirksamkeit von Bedaquilin durch eine deutliche Verringerung seiner Bioverfügbarkeit mindern. Beispielsweise reduzierte Rifampicin die Bioverfügbarkeit um 52%.
  • CYP3A4-Inhibitoren: Potente CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol können die Bioverfügbarkeit von Bedaquilin erhöhen. Eine kurzzeitige gleichzeitige Verabreichung von Bedaquilin und Ketoconazol erhöhte die Bedaquilin-Bioverfügbarkeit um 22%. Eine längere gleichzeitige Verwendung mit starken CYP3A4-Inhibitoren könnte zu einem noch stärkeren Anstieg führen und sollte daher vermieden oder mit Vorsicht behandelt werden.
  • Andere Tuberkulose-Medikamente: Kurze gleichzeitige Anwendung von Bedaquilin mit Isoniazid und Pyrazinamid veränderte die Bioverfügbarkeit dieser Medikamente nicht signifikant, sodass keine Dosisanpassung erforderlich ist. Auch die Kombination mit Ethambutol, Kanamycin, Ofloxacin und Cycloserin zeigte keine bedeutenden pharmakokinetischen Wechselwirkungen in Studien mit MDR-TB-Patienten.
  • Antiretrovirale Arzneimittel: Die gleichzeitige Anwendung von Bedaquilin mit Lopinavir/Ritonavir kann die Bioverfügbarkeit von Bedaquilin um ca. 22% erhöhen, was bei längerer Anwendung weiter steigen könnte. Die gleichzeitige Anwendung von Bedaquilin mit anderen HIV-Protease-Inhibitoren, die Ritonavir enthalten, erhöht ebenfalls die Bedaquilin-Bioverfügbarkeit. Ebenso wurde beobachtet, dass Bedaquilin in Kombination mit Nevirapin keine signifikanten Änderungen der Bioverfügbarkeit verursacht.
  • QT-Intervall-verlängernde Arzneimittel: Kombinationen von Bedaquilin mit anderen Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern (wie Ketoconazol und Clofazimin), können additiv oder synergistisch wirken und die QT-Verlängerung verstärken. Dies erfordert regelmäßige EKG-Überwachung, besonders in Kombination mit Clofazimin, wo signifikante Verlängerungen beobachtet wurden.

Kontraindikation

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff

Hinweis(e)

Anwendungseinschränkungen:

  • Keine Daten für die Behandlung von extrapulmonaler TB, Infektionen durch andere Mykobakterien als Mycobacterium tuberculosis, oder latente TB-Infektionen. Bedaquilin sollte nicht zur Behandlung von TB verwendet werden, die durch arzneimittelempfindliche Mycobacterium tuberculosis verursacht wird.

Resistenzen: Bedaquilin sollte ausschließlich in einer von den WHO-Richtlinien empfohlenen Kombinationstherapie für die Behandlung von MDR-TB verwendet werden, um Resistenzentwicklungen vorzubeugen.

Mortalität: In einer Studie traten in der Bedaquilin-Gruppe mehr Todesfälle auf als in der Placebo-Gruppe. Die Ursache dafür ist unklar und ein direkter Zusammenhang mit Bedaquilin nicht gesichert.

Kardiovaskuläre Sicherheit: Da Bedaquilin das QTc-Intervall verlängern kann, sind regelmäßige EKG-Überwachungen erforderlich. Elektrolytstörungen sollten vor und während der Behandlung korrigiert werden. Vorsicht ist geboten bei der Kombination von Bedaquilin mit anderen QT-Intervall verlängernden Arzneimitteln.

Hepatische Sicherheit: Erhöhungen der Leberenzyme wurden beobachtet. Die Leberfunktion sollte regelmäßig überwacht und bei signifikanten Erhöhungen sollten Bedaquilin und/oder andere hepatotoxische Medikamente abgesetzt werden.

Alkohol und andere hepatotoxische Substanzen sollten während der Behandlung vermieden werden.

Besondere Patientengruppen:

  • Bei Patienten über 65 Jahren, Patienten mit Herzinsuffizienz, vorbestehender Hypothyreose, Bradyarrhythmie, oder einer Geschichte von Torsade-de-pointes-Tachykardien sollte Bedaquilin mit besonderer Vorsicht angewendet werden. Die Anwendung ist nicht empfohlen bei Patienten mit einem QTcF-Intervall > 450 ms oder bei bestehender Hypokaliämie.
  • Bei Jugendlichen mit einem Körpergewicht zwischen 30 und 40 kg wird eine durchschnittlich höhere Exposition im Vergleich zu erwachsenen Patienten erwartet, was mit einem erhöhten Risiko einer QT-Verlängerung oder Hepatotoxizität verbunden sein könnte.

Alternativen: Alternativen zu Bedaquilin umfassen andere Medikamente als Mittel der 2. Wahl zur Behandlung der multiresistenten Tuberkulose:

Literatur

  1. Singh B et al. (2023) Bedaquiline in Drug-Resistant Tuberculosis: A Mini-Review. Curr Mol Pharmacol 16:243-253.
  2. Yu Y et al. (2025) Real-world effectiveness and safety of prolonged bedaquiline course in the treatment of drug-resistant tuberculosis-a multi-center retrospective cohort study in a country with a high burden of drug-resistant tuberculosis. Microbiol Spectr 13:e0009725.

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2025