Viren

Zuletzt aktualisiert am: 14.04.2024

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Synonym(e)

virus

Definition

Mit dem  Begriff „Viren“ (von lateinisch virus = natürliche zähe Feuchtigkeit, Schleim, Saft) werden organische, nicht-zelluläre, infektiöse Partikel bezeichnet, die nicht zur eigenständigen Reproduktion fähig sind. Die Partikel werden bei extrazellulärer Lagerung als Virionen und bei intrazellulärer Positionierung als Viren bezeichnet. Der Begriff „Virus“ schließt somit die infektiösen Eigenschaften eines Virions mit ein.

Allgemeine Information

Viren werden nicht zu den Lebewesen gerechnet. Viren sind auch keine Zellen. Sie sind kleiner als jede Zelle (vergleiche: 1nm = 10Å, -C-C- Bindung= 0,154 nm, DNA-Helix =3,4 nm, kleinste sphärische Viren = 25 nm, Länge E. coli = 2000 nm) und lassen sich durch definierende Charakteristika von Bakterien, Pilzen und Parasiten unterscheiden. So enthalten Viren nur RNA oder DNA; eukaryote Zellen hingegen besitzen immer DNA + RNA.

Viren beinhalten zwar in ihrem Genom die Information zur Reproduktion, nicht jedoch die dazu notwendige biologische Maschinerie, d.h. sie sind nicht zur eigenständigen Replikation befähigt. Viren verfügen über keinen eigenen Stoffwechsel. Sie benötigen zwingend den Biosyntheseapparat und die verschiedenen morphologischen Kompartimente einer Zelle, um Nachkommen zu reproduzieren. Hieraus ergibt sich eine wichtige Unterscheidung zu den Bakterien:

  • Viren sind völlig unempfindlich gegenüber Antibiotika!
  • Viren vermehren sich auch nicht durch Wachsen und Teilen, sondern durch Zusammenbau ("Assembly") von Einzelteilen (ähnlich einer Fabrikationsstraße in einer Autofabrik), wobei sie den Stoffwechsel einer intakten Wirtszelle für den eigenen Replikationsvorgang umfunktionieren müssen. So enthalten Viren auch stets eine Auswahl der in den lebenden Wirtszellen vorkommenden Biomoleküle.

Zur Klassifikation der Viren s. u. Viren, Klassifikation

Pathophysiologie

Da Nukleinsäuren meist instabil und angreifbar sind (pH,Temperatur, Nukleasen), bilden Viren Kapside aus Proteinen. Diese auf der viralen Nukleinsäure kodierten Proteine tragen in der Hauptsache zur Masse eines infektiösen Partikels bei. Sie können wie folgt eingeteilt werden:

Strukturproteine: Strukturproteine dienen der Verpackung des Genoms. Die Verpackung muss ausreichend stabil sein, um die Nukleinsäure gegen Umwelteinflüsse zu schützen. Weiterhin muss sie die Freisetzung des Genoms nach Eindringen des Virus in die Zelle erlauben. Beim Tabakmosaikvirus kodiert ein Virus nur ein einziges Strukturprotein. Beim Pockenvirus oder dem Herpesvirus sind es mehr als 30 Strukturproteine.

Regulatorische Proteine: Diese stehen in Dienst der Vervielfältigung und Transkription der Erbinformation.

Virale Enzyme: Beispiele für verpackte virale Enzyme sind RNA-Transkriptasen oder die Reverse Transkriptase, eine RNA-abhängige DNA-Polymerase der Retroviren, die eine Kopie des ss(+)-RNA-Genoms in Form einer dsDNA herstellen kann.

Neben diesen „Nukleinsäure-spezifischen“ Enzymen gibt es auch strukturelle Enzyme, so die Neuraminidase, die von Orthomyxoviren exprimiert wird. Sie dient zur Abspaltung von Neuraminidaseresten an gezuckerten Rezeptoren der Wirtszelle und ist konsequenterweise auch in der Hülle des Virus lokalisiert.

Funktionell analoge Wirtsproteine: Diese finden sich in Viren mit relativ großem DNA-Genom. Derartige Proteine sind zwar für die Replikation des Virus nicht essenziell, sie sind aber für das Überleben des Virus in der Wirtszelle von Bedeutung. Dazu gehören Zytokine oder deren lösliche Rezeptoren.

Lipide: Manche Viren verpacken ihr Genom mit einer doppelten Lipidhülle (umhüllte Viren – im Gegensatz zu nackten, nicht-verhüllten Viren), die aus der Membran der Wirtszelle stammt. In diese Lipidhülle werden virale (transmembranäre) Glykoproteine eingelagert. Die Glykoproteine besitzen einen zytoplasmatischen, einen transmembranen und einen extrazellulären Teil. Derartig (Lipid-)umhüllte Viren sind empfindlich gegen fettlösliche Chemikalien sowie alle gängigen Desinfektionsmittel.

Viren „missbrauchen“ zelluläre Transport- und Rezeptorproteine, um sich Eingang in die Zelle zu verschaffen. Die hohe Spezifität dieser Erkennung ist auf eine enge Koevolution viraler Rezeptorbindedomänen und Strukturelemente zellulärer Oberflächenproteine zurückzuführen. Die Auswirkung der Virusvermehrung auf die Wirtszelle selbst nennt man zytopathischen Effekt (CPE), die Auswirkungen auf den gesamten Wirtsorganismus bezeichnet man als Viruserkrankung. Es gibt verschiedene Arten des zytopathischen Effekts:

  • Zell-Lyse
  • Pyknose (Polioviren)
  • Zellfusion (Masernvirus, Herpes-simplex-Viren, Parainfluenzavirus)
  • intranukleäre Einschlüsse (Adenoviren, Masernvirus)
  • intraplasmatische Einschlüsse (Tollwutvirus, Pockenviren, Papillomviren).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Adams MJ et al. (2017) 50 years of the International Committee on Taxonomy of Viruses: progress and prospects. Arch Virol  162:1441–1446.
  2. Hof H (2019). Allgemeine Virologie. In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S 168-171
  3. Simmonds P et al.(2018) Virus classification - where do you draw the line? Arch Virol 163:2037-2046.

Weiterführende Artikel (2)

Genom; Viren, Klassifikation;
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