Xipamid

Zuletzt aktualisiert am: 12.11.2020

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Synonym(e)

Xipamide

Definition

Diuretikum, der Thiazid-Familie, das im früh distalen Tubulus die Natriumchlorid-Rückresorption hemmt und primär zur Chlorurese und Natriurese, sekundär zur Vermehrung des Harnflusses durch osmotisch gebundenes Wasser führt. Durch Zunahme des Flusses im spätdistalen Tubulus kommt es zur Stimulation der Kaliumsekretion. Auch Bicarbonat, Calcium und Magnesium werden akut vermehrt ausgeschieden. Xipamid erreicht seinen Angriffspunkt von der peritubulären (Blut-Seite her, der Wirkmechanismus unterscheidet sich daher trotz struktureller Verwandtschaft von dem der Thiazide. Xipamid beeinflusst weder die renale Hämodynamik noch die glomeruläre Filtrationsrate und ist bis zur terminalen Niereninsuffizienz wirksam. Die diuretische Wirkung tritt nach ca. 1 Stunde ein und erreicht ihr Maximum zwischen der 3. und der 6. Stunde. Die Natriumund Chloridausscheidung liegt für 12 bis 24 Stunden über dem Basalwert, so dass kein Rebound-Effekt stattfindet (Fachinfomration).

Pharmakodynamik (Wirkung)

Der antihypertensive Effekt von Xipamid kommt bei Therapiebeginn durch die Erniedrigung des Extrazellularvolumens zustande, mit der Folge eines herabgesetzten peripheren Widerstandes. Bei längerer Anwendung normalisiert sich das Extrazellularvolumen bei erhaltener antihypertensiver Wirkung, die durch eine Abnahme der Natriumkonzentration in der Gefäßwand und damit durch eine verringerte Ansprechbarkeit auf Noradrenalin bedingt sein könnte. Der maximale blutdrucksenkende Effekt wird nach 2 3 Wochen erreicht.

Pharmakokinetische Eigenschaften: Etwa 1 Stunde nach Applikation sind die maximalen Plasmakonzentrationen von Xipamid erreicht. Die Proteinbindung beträgt 99 %. Nach einmaliger Gabe liegt die Eliminationshalbwertzeit bei ca. 7 Stunden. Die orale Resorption von Xipamid erfolgt vollständig. Bei Niereninsuffizienz ist die Halbwertzeit klinisch nicht relevant auf 9 Stunden verlängert, bei Leberzirrhose bleibt sie trotz erhöhter Xipamid-Plasmaspiegel unverändert. Die renale Ausscheidung der unveränderten Substanz beträgt %. Die extrarenale Elimination (insgesamt ca. 2 / 3 des nativen Xipamids erfolgt zur Hälfte durch Glucuronidierung. Der so entstehende inaktive Metabolit wird über die Niere ausgeschieden, der Rest über den Darm.

Indikation

Arterielle Hypertonie

Kardiale, renale und hepatogene Ödeme

Schwangerschaft/Stillzeit

Es liegen keine Erfahrungen mit einer Anwendung von Xipamid bei Schwangeren vor.

Thiaziddiuretika passieren die Plazenta und können beim ungeborenen oder neugeborenen Kind zu Elektrolytveränderungen, Hypoglykämie sowie zu einer hämolytischen Anämie und Thrombozytopenie führen. Für Xipamid liegen keine Untersuchungen zum diaplazentaren Übertritt vor.

Generell  sind  Diuretika  wie  Xipamid  in  der  Schwangerschaft  kontraindiziert.  Ferner  sind  Diuretika  unter  keinen  Umständen  in  der  Behandlung schwangerschaftsbedingter, also physiologischer Ödeme einzusetzen, zumal es unter diesen Substanzen zur fetoplazentären Ischämie mit dem Risiko einer fetalen Wachstumsstörung kommen kann.

Da nicht bekannt ist, ob Xipamid in die Muttermilch übergeht, ist die Einnahme von Xipamid in der Stillzeit kontraindiziert.

Dosierung und Art der Anwendung

Sowohl bei Hypertonie als auch bei Ödemen nehmen Erwachsene 1-mal täglich 10-20 mg Xipamid.

Zur Behandlung von Ödemen können Dosierungen von bis zu 40 mg Xipamid erforderlich sein. Bei höhergradig eingeschränkter Nierenfunktion kann die Dosierung auf bis zu 80 mg Xipamid täglich gesteigert werden. Die Erhöhung der Dosis auf über 80 mg Xipamid pro Tag wird nicht empfohlen.

Nach erfolgter Ödemausschwemmung kann zur Verhinderung eines Rückfalls auf 20 mg oder 10 mg Xipamid umgestellt werden. Nach Langzeitbehandlung sollte Xipamid ausschleichend abgesetzt werden.

Eingeschränkte Leberfunktion: Bei Leberfunktionsstörungen sollte Xipamid der Einschränkung entsprechend dosiert werden.

Eingeschränkte Herzfunktion: Bei schwerer kardialer Dekompensation kann die Resorption von Xipamid deutlich eingeschränkt sein.

Bei Kindern sollte Xipamid nicht angewendet werden, da die Sicherheit und Wirksamkeit in dieser Population nicht nachgewiesen wurde.

Unerwünschte Wirkungen

Kaliumplasmaspiegel: Wie  bei  anderen  Diuretika  kann  es  während  einer  Langzeittherapie  mit  Xipamid  zu  einer  Hypokaliämie  kommen.  Kalium-Substitution  kann erforderlich werden, insbesondere bei älteren Patienten, bei denen eine ausreichende Kalium-Einnahme nicht gewährleistet ist. Der Abfall des Kaliumplasmaspiegels bis hin zur Hypokaliämie stellt das Hauptrisiko einer Behandlung mit Thiaziddiuretika und damit eng verwandten Arzneistoffen  dar.  Das  Auftreten  einer  Hypokaliämie  (Kaliumplasmaspiegel  <  3,4  mmol/l)  ist  insbesondere  im  Falle  eines  stärkeren Flüssigkeitsverlustes (z. B. durch Erbrechen, Diarrhoe oder intensives Schwitzen) und bei Risikogruppen, d. h. bei älteren und/oder unterernährten und /oder mehrfach medikamentös behandelten Patienten sowie bei Patienten mit Leberzirrhose und Ödem- bzw. Aszitesbildung, ferner bei Patienten mit koronarer  Herzkrankheit  und  solchen  mit  Herzinsuffizienz  zu  vermeiden.  Bei  diesem  Patientenkreis  wird  durch  eine  Hypokaliämie  auch  die Kardiotoxizität  von  Herzglykosiden  sowie  das  Risiko  von  Herzrhythmusstörungen  erhöht.  Hypovolämie  oder  Dehydratation  sowie  wesentliche Elektrolytstörungen oder  Störungen im  Säure-Basen-Haushalt müssen  korrigiert werden. Dies  kann die zeitweilige Einstellung der Behandlung mit Xipamid erfordern.

Ebenfalls zu den Risikopatienten zählen Personen mit  einem langen QT-Intervall, und zwar unabhängig davon, ob dieses angeboren oder iatrogen erworben  ist.  Das  Vorliegen  einer  Hypokaliämie  sowie  einer  Bradykardie  begünstigt  dann  das  Auftreten  schwerer  Herzrhythmusstörungen, insbesondere der möglicherweise tödlich verlaufenden Torsade de pointes.

Calciumplasmaspiegel: Unter einer Behandlung mit Thiaziddiuretika und damit verwandten Arzneistoffen kann es zu einer verminderten Calciumausscheidung im Urin sowie zu  einem  geringfügigen,  vorübergehenden Anstieg  des Calciumplasmaspiegels  kommen.  Eine manifeste Hyperkalzämie  kann  auch  auf  dem Boden eines nicht erkannten Hyperparathyreoidismus entstanden sein.

Blutzuckerspiegel: Bei Diabetikern ist der Blutzuckerspiegel insbesondere bei gleichzeitigem Vorliegen einer Hypokaliämie engmaschig zu kontrollieren.

Harnsäurespiegel: Bei Patienten mit Hyperurikämie kann eine verstärkte Neigung zu Gichtanfällen bestehen.

Nephrologische UIAW: Thiaziddiuretika  und  damit  verwandte  Arzneistoffe  sind  nur  bei  normaler  bzw.  höchstens  geringfügig  eingeschränkter  Nierenfunktion  (Kreatinin-Serumspiegel < 25 mg/l bzw. < 220 µmol/l bei einem Erwachsenen) voll wirksam. Die Dosierung von Xipamid für ältere Patienten ist je  nach deren Alter, Gewicht und Geschlecht entsprechend des Serumkreatininwertes anzupassen.

Hypovolämie,  hervorgerufen  durch  Diuretika  bedingten  Wasser-  und  Natriumverlust  zu  Therapiebeginn,  führt  zu  einer  Verminderung  der glomerulären  Filtration.  Dadurch  kann  es  zu  einem  Anstieg  des  Harnstoff-Stickstoffs  im  Blut  (BUN)  und  des  Serumkreatinins  kommen.  Diese vorübergehende  funktionelle  Niereninsuffizienz  bleibt  bei  Nierengesunden  ohne  Folgen,  kann eine  vorbestehende  Niereninsuffizienz  aber verschlechtern.

Kinder: Bei Kindern sollte Xipamid nicht angewendet werden, da die Sicherheit und Wirksamkeit in dieser Population nicht nachgewiesen wurde.

Dermatologische UAW: Photosensibilität (Schauder S 1990);  

Cave: Die Anwendung von Xipamid kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen  führen.

Kontraindikation

Xipamid darf nicht angewendet werden:

  • bei Überempfindlichkeit gegen Xipamid, andere Sulfonamidderivate oder Thiazide oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels
  • bei schweren Leberfunktionsstörungen (Praecoma und Coma hepaticum)
  • bei therapieresistenter Hypokaliämie
  • bei schwerer Hyponatriämie
  • bei Hyperkalzämie
  • bei Hypovolämie
  • bei Gicht
  • während der Schwangerschaft
  • während der Stillzeit

Hinweis(e)

Bei Lebererkrankungen kann es unter der Behandlung mit Thiaziddiuretika und damit verwandten Substanzen zu einer hepatischen Encephalopathie kommen. In diesem Fall ist Xipamid sofort abzusetzen. Bei  chronischem  Diuretika-Abusus  kann  ein  Pseudo-Bartter-Syndrom  mit  der  Folge  von  Ödemen  auftreten.  Diese  Ödeme  sind  Ausdruck  eines Anstiegs des Renins mit der Folge eines sekundären Hyperaldosteronismus.

Wasser- und Elektrolythaushalt: Die Serumelektrolyte (insbesondere Kalium, Natrium, Calcium), Bikarbonat, Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure sowie Blutzucker sollen  regelmäßigkontrolliert werden.

Natriumplasmaspiegel: Dieser  ist  vor  Therapiebeginn  sowie  in  regelmäßigen  Abständen  während  der  Behandlung  zu  kontrollieren.  Grundsätzlich  kann  es  unter  jeder Diuretikatherapie  zu  einer  Hyponatriämie  mit  bisweilen  sehr  ernsten  Folgen  kommen.  Da  ein  Abfall  des  Natriumplasmaspiegels  zunächst asymptomatisch  verlaufen  kann,  ist  eine  regelmäßige  Kontrolle  unverzichtbar;  bei  älteren  Patienten  und  Patienten  mit  Leberzirrhose  sind

engmaschige Kontrollen durchzuführen

Literatur
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  1. Fachininformation Xipamid
  2. Kumar S et al. (1984) A randomized double-blind clinical trial of xipamid and hydrochlorothiazide in essential hypertension. Int J Clin Pharmacol Ther Toxicol 22:549-551. PMID: 6392119.
  3. Schauder S (1990) Photosensitivität nach Enoxacin und Xipamid: Kombinierte phototoxische und photoallergische Reaktion auf Enoxacin, photoallergische Reaktion auf Xipamid mit nachfolgender transienter Lichtreaktion. Z Hautkr 65:253-262.
  4. Selvaag E et al. (1997) Phototoxicity to sulphonamide derived oral antidiabetics and diuretics. Comparative in vitro and in vivo investigations. In Vivo 11:103-107.

Verweisende Artikel (3)

Amilorid; Diuretika; Triamteren;
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