Synonym(e)
Erstbeschreiber/Historie
Andrew Fire und Craig Mello 2006 (Nobelpreis für Physiologie oder Medizin des Jahres 2006)
Definition
Als RNA-Interferenz, kurz: RNAi, bezeichnet man eine Interruption der Translation, d.h. der Übersetzung der Messenger-RNA (mRNA) in ein Protein. Über die RNA-Interferenz und das RNA-Silencing reguliert der Organismus seine Genexpression um z.B. eindringende Fremd-Nucleinsäuren (z.B. Viren) abwehren zu können. Dieses "Werkzeug" ist bei allen eukaryotischen Zellen ausgebildet. Bei der RNA-Interferenz handelt es sich also um eine Form der Genregulation, indem ein bereits transkribiertes Gen nicht oder nur in geringem Umfang in ein Protein umgesetzt wird (Gene-Silencing). Da die RNA-Interferenz in der Regel nach der Transkription einsetzt, wird sie auch als „Posttranskriptionelles Gene-Silencing“ (PTGS) bezeichnet.
Auch interessant
Allgemeine Information
Beim Gene-Silencing werden doppelsträngige RNA-Moleküle in der Zelle gebildet, die von Dicern (dsRNA-spezifischen Endonucleasen aus der RNase III-Familie), in kleine RNAs mit 18-25 Nucleotiden Länge gespalten. Diese Moleküle werden auch als siRNAs (small interfering RNAs) oder als micro-RNA (miRNA) bezeichnet. Die siRNAs werden dann als Einzelstrang von einem Dicer-assoziierten Protein in den RNA-induzierten Silencing-Komplex (RISC) eingebaut, der sogenannte Argonaute-Proteine enthält und RNA abbauen kann, die zu der siRNA komplemtär ist - die siRNA entspricht also formal einer antisense-mRNA.
Therapie allgemein
RNA-Interferenz (RNAi)-Therapeutika markieren einen Durchbruch in der gezielten Genregulation, mit dem Potenzial, eine breite Palette von Krankheiten effektiv zu behandeln. Sie nutzen die natürliche zelluläre Maschinerie, um krankheitsverursachende Gene präzise abzuschalten. Hierzu gehören:
- Genetische Erkrankungen: RNAi-Therapeutika können genetische Störungen behandeln, die durch überaktive oder fehlerhafte Gene verursacht werden. Beispielsweise kann RNAi genutzt werden, um die Produktion eines abnormalen Proteins zu reduzieren, das bei bestimmten genetischen Erkrankungen eine Rolle spielt.
- Krebs: Bei einigen Krebsarten können z. B. Onkogenen oder deren Produkte die das Tumorwachstum fördern ausgeschaltet werden. RNAi kann gezielt eingesetzt werden, um die Expression dieser Gene in Krebszellen zu unterdrücken, was zu einer verlangsamten Tumorprogression oder sogar zum Zelltod führen kann.
- Infektionskrankheiten: RNAi-Therapien können auch entwickelt werden, um Gene zu unterdrücken, die für die Reproduktion von Viren innerhalb infizierter Zellen wichtig sind. Dies könnte insbesondere bei der Behandlung von viralen Infektionen wie HIV, Hepatitis B und C oder Influenza hilfreich sein.
- Augenerkrankungen: RNAi kann bei der Behandlung bestimmter Augenerkrankungen, wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD), eingesetzt werden, indem es die Gene abschaltet, die zu schädlichen Wachstum von Blutgefäßen im Auge beitragen.
- Neurodegenerative Erkrankungen: Bei Krankheiten wie Alzheimer oder Chorea Huntington könnte RNAi dazu verwendet werden, die Produktion von toxischen Proteinen zu reduzieren, die mit der Krankheitsprogression in Verbindung stehen.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: RNAi könnte helfen, Gene zu regulieren, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt sind, wie solche, die zur Regulierung des Cholesterinspiegels beitragen.
- Stoffwechselstörungen: Es gibt Anwendungsmöglichkeiten für RNAi bei der Behandlung von Stoffwechselstörungen, beispielsweise durch die Regulierung von Genen, die an der Glukose- und Fettstoffwechsel beteiligt sind.
Hinweis(e)
Die bekannteste RNAi ist eher kurz (nur rund 20 Basenpaare lang) und verbindet sich mit den Argonauten (spezielle Proteine) um Gene zu regulieren - in den meisten Fällen um sie stillzulegen. Eigentlich machen die Argonauten die ganze Arbeit, sie werden von den RNAi nur an die richtige Stelle geleitet. Die RNAi findet ihre komplementäre mRNA , die Argonauten zerstückeln sie und machen sie unbrauchbar.
Hinweis(e)
Bemerkenswerterweise ist das RNA silencing in Pflanzen nach einer Virusinfektion nicht auf die einzelne, virusbefallene Zelle beschränkt; vielmehr breitet sich das Signal von Zelle zu Zelle lokal oder auf eine ganze Pflanze aus.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio
Kopernio- Agrawal N et al. (2003) RNA interference: biology, mechanism, and applications. Microbiol Mol Biol Rev 67:657-685.
- Han H (2018) RNA Interference to Knock Down Gene Expression. Methods Mol Biol 1706:293-302.





