Pulsdefizit

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 17.11.2022

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Erstbeschreiber

Mit Einführung der Auskultation 1819 durch Laennec, war schnell klar geworden, dass bei Herzinsuffizienten mit unregelmäßigem Herzschlag nicht alle Herzschläge zu einem tastbaren peripheren Puls führen. Dieses Phänomen bezeichnete man zunächst als „pulsus deficiens“ und erweiterte damit die von Galen bis dato charakterisierten 26 verschiedenen Pulsarten. Diese Definition wurde aber nicht einheitlich benutzt.

Erst 1912 benannten Robinson und Draper als Erste das Phänomen des fehlenden peripheren Pulses als „Pulsdefizit“.

Definition

Unter einem Pulsdefizit versteht man die Differenz zwischen dem auskultierbaren Herzschlag bzw. dem durch ein EKG verifizierten Herzschlag und die gleichzeitig in der Peripherie gemessene Pulsation.

Einteilung

Tauer und Albers differenzieren in ihrem Buch „ Rhythmusstörungen des Herzens“, Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, das Pulsdefizit in ein komplettes und ein inkomplettes.

Zum kompletten Defizit kommt es, wenn die Kammerkontraktion kein Schlagvolumen fördert, wo hingegen bei einem inkompletten Defizit durch die Kammerkontraktion ein Schlagvolumen gefördert wird, dieses aber hämodynamisch ineffektiv ist.

Das Pulsdefizit ist lage- und blutdruckabhängig. Bei Kopftieflage vermindert sich das in Ruhe gemessene Pulsdefizit auf ein Minimum, um dann bei aufrechter Kopfhaltung zu den vorherigen Werten zurückzukehren.

Auch eine körperliche Aktivität beeinflusst das Pulsdefizit. Selbst bei einer geringen körperlichen Anstrengung vermindert das Pulsdefizit sich bereits. Die Ursache liegt im arteriellen Druckanstieg. Bei größeren Anstrengungen (wie z. B. beim Treppensteigen) kann das Defizit bis auf Null zurückgehen. Sobald es jedoch zu einer Senkung des arteriellen Blutdrucks kommt, tritt das vorherige Pulsdefizit wieder auf.

Allgemeine Information

Durchführung

Zur Messung eines Pulsdefizits sind 2 Untersucher erforderlich. Der eine auskultiert das Herz und zählt innerhalb einer festgelegten Zeit die auskultierbaren Herzschläge.

Der andere Untersucher misst während dieser Zeit den Radialispuls und zählt diese Schläge ebenfalls.

Beispiel: Bei 140 auskultierbaren Herzschlägen und 80 Schlägen des Radialispulses beträgt das Pulsdefizit 60 Schläge.

Ätiologie

Bei einem Pulsdefizit kommt es bei den Kontraktionen des Herzens zu sogenannten frustranen Kontraktionen. Die Ventrikel kontrahieren sich zwar, aber das Schlagvolumen reicht nicht aus, um eine Pulswelle in der Peripherie auszulösen.

Verursacht werden kann ein Pulsdefizit durch

  • absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (häufigste Ursache)
  • Extrasystolen
  • schwere Hypotonie (z. B. im Schock)
  • arterielle Durchblutungsstörung an der gemessenen Extremität (im Zweifelsfall deshalb an beiden Extremitäten messen) u. a.

 

Klinisches Bild

Die Herzleistung nimmt mit steigendem Pulsdefizit immer mehr ab, ebenso das Herzminutenvolumen.

Trotzdem bleiben ca. 50 % der Patienten ohne jegliche Symptomatik. In diesen Fällen wird das Pulsdefizit als Zufallsbefund bei der Untersuchung diagnostiziert. Die anderen 50 % klagen hauptsächlich über Palpitationen, Leistungseinschränkung und gelegentlich auch über Präsynkopen.

Therapie

Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit von der Grunderkrankung.

Literatur
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  1. Dahmer J et al. (2006) Anamnese und Befund. Thieme Verlag 306
  2. Füeßl H S (2001) Innere Medizin in Frage und Antwort. Thieme Verlag 123
  3. Herold G et al. (2018) Innere Medizin Herold Verlag  289
  4. Lang E et al. (1968) Experimentelle und klinische Untersuchungen zur Bedeutung des Pulsdefizits Basic Research in Cardiology. 55. Thieme Verlag 104-123
  5. Thauer R, Albers C (1969) Rhythmusstörungen des Herzens. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung. Bad Nauheim vom 11.-13. 04.1969. Dr. Dietrich Steinkopff Verlag 191-192, 194-195, 197

 

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