Pericarditis epistenocardica I30.8.

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 24.05.2022

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Synonym(e)

Frühperikarditis bei Infarkt; Post-Infarkt-Perikarditis

Definition

Unter einer Pericarditis epistenocardica versteht man eine Entzündung des Perikards, die als Komplikation im Rahmen eines akuten Myokardinfarktes auftreten kann. Sie beginnt bis zu einer Woche nach dem akuten Ereignis, meistens am 1. - 3. Tag. Man findet diese Form der Perikarditis ausschließlich bei Patienten mit einem großen, transmuralen Infarkt (Pinger 2019)

Vorkommen/Epidemiologie

Seit Einführung der Reperfusionstherapien ist die Perikarditis nach Myokardinfarkt (Pericarditis epistenocardica plus Dressler-Syndrom) eine seltene Komplikation geworden. Sie tritt lediglich noch in < 5% der Fälle auf. Früher lag diese Zahl bei bis zu 23 % (Feola 2015).

Weitaus größere Zahlen finden sich bei Autopsien von Patienten mit einem großen, transmuralen Infarkt. Hier zeigen sich in bis zu 40 % der Fälle Hinweise auf eine Pericarditis epistenocardica (Pinger 2019).

 

Ätiopathogenese

Bei einem transmuralen Infarkt kann durch die inflammatorischen Vorgänge der transmuralen Nekrose die Entzündung auf das viszerale und auch auf das parietale Perikardblatt übergehen und so zu einer Pericarditis epistenocardica führen (Feola 2015).

Klinisches Bild

Die Pericarditis epistenocardica verläuft in den überwiegenden Fällen klinisch inapparent. Symptome der Perikarditis finden sich lediglich bei ca. 5% - 6% der Patienten (Pinger 2019).

Diese können aus folgenden Symptomen bestehen:

  • umschriebener linksthorakaler Schmerz
  • gelegentlich auch Ausstrahlung des Schmerzes in die linke Schulter, in den linken Arm und den Hals
  • mitunter findet sich auch ein isolierter Schmerz entlang des oberen Trapeziusrands (pathognomonisch für Irritationen des Perikards)
  • die Schmerzen verringern sich bei vornüber gebeugter Haltung
  • die Schmerzen verstärken sich im Liegen, bei tiefer Inspiration, gelegentlich auch beim Husten oder Schlucken (Kühl 2004)
  • meistens besteht eine Tachykardie
  • subfebrile oder febrile Temperaturerhöhung sind möglich
  • Abgeschlagenheit
  • allgemeines Krankheitsgefühl (Herold 2018)

 

 

Bildgebung

Echokardiographie: Im Fall eines Perikardergusses lässt sich dieser echokardiographisch nachweisen und dessen Größe, Lage und Hämodynamik in der Echokardiographie gut beurteilen (Feola 2015). Zusätzlich findet sich eine Funktionsstörung des Myokards im Infarktareal und eine generelle Funktionsstörung durch eine etwaige perikardiale Konstriktion.

Röntgen Thorax: Im Röntgenbild des Thorax können ein Pleuraerguss und gegebenenfalls auch eine Vergrößerung der Herzsilhouette zu erkennen sein (Feola 2015).

Diagnose

Die Diagnose einer Pericarditis epistenocardica beruht auf klinischer Beobachtung, dem Vorhandensein von Fieber, die für eine Pleuritis typischen Schmerzen und dem Nachweis eines Pleuraergusses (Feola 2015).

Auskultation: 

  • pulssynchrones systolisch-diastolisches, knarrendes, ohrnahes Geräusch, am deutlichsten über der Lingula in Sternalnähe (sog. Perikardreiben)
  • Perikardreiben kann mitunter auch nur passager vorhanden sein
  • es verstärkt sich bei der Inspiration
  • es findet sich keine Geräuschveränderung während einer Atempause (im Gegensatz zum pleuralen Reiben)
  • fehlendes Perikardreiben schließt eine Perikarditis nicht aus!
  • Dämpfung (bei gleichzeitigem Perikarderguss) (Erdmann 2009)
  • gelegentlich Herzrhythmusstörungen (Kaiser 2002)
  • Tachykardie (Foris 2019)

EKG

  • Im EKG finden sich aufgrund der Repolarisationsstörungen durch den akuten Myokardinfarkt schwer zu deutende Veränderungen (Erdmann 2009).
  • Beim Vorhandensein größerer Ergüsse können durch die Pericarditis epistenocardica eine globale ST-Streckenhebung und eine Niedervoltage auftreten (Foris 2019).
  • Die klassischen Veränderungen des EKG‘s auf Grund einer akuten Perikarditis treten bei Pericarditis epistenocardica jedoch nicht auf, sodass man anhand des EKG‘s eher von einer Zunahme der Nekrose ausgehen könnte (Feola 2015).

 

Differentialdiagnose

  • Dressler-Syndrom (tritt erst ca. 1- 6 Wochen nach einem akuten Infarkt auf)
  • Re – Infarkt (differentialdiagnostisch von der Pericarditis epistenocardica abzugrenzen:
    • nach Nitrogabe bessert sich die Schmerzsymptomatik
    • im EKG finden sich neu aufgetretene Q-Wellen
    • es ist eine CK-MB-Reaktion nachweisbar [Erdmann 2009])

Therapie

Die Behandlung erfolgt symptomatisch, vorzugsweise mit Ibuprofen, da dieses außerdem eine günstige Beeinflussung des koronaren Blutflusses zeigt. Alternativ kann auch Acetylsalicylsäure gegeben werden.

Dosierungsvorschlag:

  • Ibuprofen: 600mg alle 8 h
  • Acetylsalicylsäure: 4 x 650 mg / d für 2 – 5 Tage
  • als Magenschutz Protonenpumpenhemmer (z. B. Cimetidin 200 mg – 400 mg/d)

Kortikosteroide können bei der Pericarditis epistenocardica eine Ausdünnung der Infarktzone bewirken und damit zu einer Ruptur führen. Von daher sollten Kortikosteroide gemieden werden (Maisch 2008).

Verlauf/Prognose

Die Mortalitätsrate der Patienten mit Pericarditis epistenocardica ist gegenüber Patienten mit transmuralem Myokardinfarkt - aber ohne Pericarditis epistenocardica - nicht erhöht (Oddone 1977).

Literatur
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  1. Erdmann E (2009) Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Springer Verlag S 342
  2. Feola A et al. (2015) Pericarditis epistenocardica or Dressler Syndrom? An autopsy case. Case reports in Medicine. Hindawi Publishing Corporation. Article ID 215340
  3. Foris L A et al. (2019) Dressler-Syndrom. StatPearls Publishing LLC. PubMed PMID: 28723017
  4. Herold G et al. (2018) Innere Medizin Herold Verlag 235, 252
  5. Kaiser H et al. (2002) Cortisontherapie: Corticoide in Klinik und Praxis. Georg Thieme Verlag S 256
  6. Kühl H P et al. (2004) Akute und chronisch-konstriktive Perikarditis. Der Internist 45:  574
  7. Maisch B et al. (2008) Neue Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie der Perikarditis. Der Internist 49: 17-26 
  8. Oddone a et al. (1977) Pericarditis epistenocardica as a marker of extensive myocardial infarction. Clinical, electrocardiographic and enzymatic study. G Ital Cardiolog 8: 760-769
  9. Pinger S et al. (2019) Repetitorium Kardiologie: Für Klinik, Praxis, Facharztprüfung. Deutscher Ärzteverlag S 590

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