NPH war nach seiner Entdeckung für lange Zeit das einzige Basalinsulin. Es wurde zusammen mit Metformin und / oder Sulfonylharnstoffen zur Standardbehandlung eines Diabetes mellitus eingesetzt. Erst nach der Entwicklung der Basalinsulinanaloga standen für Diabetiker weitere Insuline zur Verfügung (Saleem 2021).
Derzeit ist NPH weiterhin das am häufigsten eingesetzte Insulin bei Diabetes mellitus (Saleem 2021), da die Kosten- Nutzen- Vorteile der Insulinanaloga noch immer umstritten sind (Aschner 2020).
NPH- Insuline können mit anderen Insulinen gemischt werden wie z. B. mit:
- kurzwirksamem Normalinsulin (die einzige Ausnahme bilden Zink- Insuline [Herold 2022]). Das kurz wirksame Normalinsulin imitiert die physiologische Insulinausschüttung während der Mahlzeiten (Kasper 2015).
- schnell wirksamen Insulinanaloga (Robinson 2006):
Dabei ist zu beachten, dass beim Mischen mit Insulin Glulisin frisch in einer Spritze ausschließlich mit NPH- Insulin gemischt werden und sollte unmittelbar danach injiziert werden (Weihrauch 2020).
Pharmakodynamik
NPH- Insulin ist eine unlösliche, intermediär wirkende Suspension (Saleem 2021), welche vor der Injektion in Mischung gebracht werden muss. Dies geschieht durch Rollen zwischen den Handflächen bzw. Schwenken des Pens um 180 Grad (Mehnert 2003).
NPH enthält Protamin und Insulin in isophaner Menge. Der pH- Wert ist neutral. Dieses wird durch Hinzufügen eines Phosphatpuffers gesichert (Berger 2001).
Das Peptid Protamin wurde ursprünglich aus Fischsperma gewonnen, es reagiert stark basisch. Insulin hingegen reagiert sauer und wird an Protamin gebunden. Der Verzögerungseffekt des Insulins entsteht dadurch, dass im subkutanen Fettgewebe die Insulinmoleküle vom Protaminmolekül abdissoziieren (Mehnert 2003)
Die Aufgaben des NPH- Insulins sind vielfältig:
- Es simuliert die physiologische Basalinsulinwirkung
- Es trägt dazu bei, die zelluläre Aufnahme von Glukose in der Leber, in den Skelettmuskeln und im Fettgewebe zu erhöhen.
- Es stimuliert außerdem die Leber zur Glukogensynthese, der Lipoproteinsynthese und des Fettsäurestoffwechsels.
- In der Skelettmuskulatur fördert es sowohl die Protein- als auch die Glykogensynthese.
- Im Fettgewebe reguliert es die Lipolyse durch Hemmung der Triglyceridhydrolyse und unterstützt die Triglyceridsynthese.
- Auf zellulärer Ebene sorgt es für die Durchlässigkeit der Zellmembran für Ionen wie z. B. Kalium, Magnesium und Phosphor und erhöht zusätzlich deren Aufnahme in die Zelle (Saleem 2021).
Der Wirkungseintritt erfolgt nach 1 – 2 h, die Wirkdauer liegt bei ca. 14 h (Haak 2018).
Die Spitzenwirkung wird nach 4 – 8 h erreicht und im Plasma nach 6 – 10 h (Saleem 2021)
- Mischinsulin z. B. 70 NPH und 30 Normalinsulin: Wirkungseintritt nach 30 – 60 min, Wirkdauer 14 h (Berger 2001).
Die Metabolisierung erfolgt hauptsächlich in der Leber, in geringem Maße auch in Nieren und Muskeln. Die Metaboliten werden über den Urin ausgeschieden (Saleem 2021).
Durch Mischen von Insulinen – die sog. Isophanie (Mehnert 2003) - kann es zu einer Veränderung des Insulinabsorptionsprofils kommen: Die Absorption wird z. B. beim Mischen von Lispro mit NPH verkürzt (Kasper 2015).
Indikation
NPH ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes zugelassen (Saleem 2021).
Einsatzmöglichkeiten:
Verwendet wird bei der konventionellen Therapie (CT) i. d. R. ein Mischinsulin, das häufig aus 70 – 75 % Intermediärinsulin (NPH) und 25 – 30 % Normalinsulin besteht (Greten 2005).
- Schwangerschaftsdiabetes (Saleem 2021)
Dosierung und Art der Anwendung
Die Verabreichung des NPH- Insulins erfolgt subkutan. für eine i. m. oder i. v.- Gabe ist es nicht zugelassen. Bei Injektion in den Bauchraum erfolgt die Resorption schneller als bei Injektion in Arme oder Beine (Saleem 2021).
Auf die basale Insulinversorgung fallen ca. 40 – 50 % der gesamten Insulin- Tagesdosis.
Laut American Diabetes Association wird eine subkutane NPH- Dosis von 0,4 – 1,0 I E / kg / d zur Therapie bei Typ 1 Diabetes empfohlen. Bei akuten Erkrankungen und in der Pubertät liegt der Bedarf jedoch höher.
Bei Typ 2 Diabetes beträgt der Bedarf an NPH-Insulin 0,1 – 0,2 I E / kg / d s. c., wobei die Behandlung individuell angepasst und bei Neueinstellung die Dosis über Tage bis Wochen entsprechend titriert werden muss (Saleem 2021).
Da das NPH- Wirkungsprofil nicht 24 h abdeckt (Saleem 2021), kann der basale Insulinbedarf in den meisten Fällen durch eine mindestens zweimalige Injektion eines NPH- Verzögerungsinsulins erreicht (Herold 2021).
Unerwünschte Wirkungen
Da NPH einen signifikanten Peak hat, treten Hypoglykämien häufiger auf (Kasper 2015).
Besonders gefährdet sind dafür Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörungen (Saleem 2021)
Bei Typ 1 Diabetikern lässt sich die Zahl der Hypoglykämien verringern durch Einsatz von Insulin Detemir statt NPH- Insulin. Die Zahl der Hypoglykämie- Ereignisse betrug in Studien bei Detemir pro Personenjahr 37,1 und bei NPH- Insulin 48,2. Die Zahl der nächtlichen Hypoglykämien betrug 4,0 bzw. 9,2 (Haak 2018). Nächtliche Hypoglykämien treten unter NPH insbesondere gegen Mitternacht auf (Saleem 2021).
In einer großen Studien wurden Insulinanaloga mit anderen Insulinpräparaten verglichen:
- 1. Insulin- Aspart / Insulin-Detemir mit NPH-Insulin / Regular- Insulin:
Der mittlere HbA1c-Wert in der Aspart/Detemir-Gruppe lag mit 7,88 % niedriger als in der NPH/Regular- Insulin-Gruppe mit 8,11% (Hartman 2008).
Auch bei älteren Diabetikern Typ 2 ab 65 Jahre zeigte sich in einer über 12- jährigen Studie mit mehr als 500.000 Teilnehmern, die die Insuline Glargin, Detemir und NPH erhielten, dass langwirksame Insulinanaloga ein geringeres Hypoglykämierisiko zeigten, die Anzahl der Besuche in einer Notaufnahme und die stationären Aufenthalte um fast 30 % geringer waren als bei Gabe des NPH- Insulins.
Diese schützende Wirkung war jedoch altersabhängig und zwischen 69 – 87 Jahren am stärksten ausgeprägt. Bei gleichzeitiger Verwendung von prandialem Insulin konnte dieser Zusammenhang jedoch nicht festgestellt werden (Bradley 2021).
Eine weitere Ursache für gehäufte Hypoglykämien liegt sicherlich darin, das NPH- Insuline vor Verwendung mindestens 20 x geschwenkt werden müssen, damit eine gleichmäßige Durchmischung erreicht wird (Saleem 2021). In Studien hat sich gezeigt, dass nur ca. 10 % der Diabetiker ausreichend schwenken, von daher liegt bei ihnen die Dosis des verabreichten Insulins zwischen 10 – 200 % der verordneten Dosis. Entsprechend hoch ist die Gefahr einer Hypoglykämie (Herold 2022).
Eine Nüchtern- Hyperglykämie kann einerseits im Rahmen eines Dawn- Phänomens auftreten. Andererseits kann die Hyperglykämie durch eine nicht ausreichend lange Wirkung des NPHs verursacht werden. Bei Letzterer sollte die abendliche NPH- Gabe erst unmittelbar vor dem Schlafengehen erfolgen (Saleem 2021).
NPH- Insuline führen häufiger zu einer Gewichtszunahme (Fournier 2014).
Sowohl Eapen et al. (2000) als auch Hasselmann et al. (2013) berichten von 3 Fällen, bei denen allergische Reaktionen auf NPH- Insulin oder andere Humaninsuline auftraten. Die Symptome besserten sich nach einer Umstellung auf Insulin Lispro (Kaiserman 2017).
Weitere unerwünschte Wirkungen können sein:
Kontraindikation
Präparate
Zu den NPH- Insulinen zählen z. B.:
- Berlinsulin H Basal
- Protaphane
- Insuman Basal
- Huminsulin Basal (Alawi 2019)