Nebennieren, Funktionsstörungen (Übersicht)

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2022

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Definition

Nebennieren (Glandulae suprarenales) sind paarig angelegt. Sie liegen retroperitoneal kappenförmig den oberen Nierenpolen an und sind von diesen nur durch eine zarte Fettschicht getrennt. So wie die Nieren steht auch die linke Nebenniere etwa einen Wirbelkörper höher als die rechte Nebenniere (Höhe BWK 12 versus 11). Niere und Nebenniere werden beide von  der Fascia renalis (Gerota-Faszie) eingeschlossen und durch die Capsula adiposa ummantelt. Während der Embryonalentwicklung steigen die Nieren den Nebennieren nach kranial entgegen. Selbst beim Vorkommen einer Beckenniere (z. B. bei kachektischen oder anorektischen Patienten) findet man daher die Nebennieren unverändert ortsständig hoch retroperitoneal. Die Nebennieren sind intensiver gelb und fester als das umgebende Fettgewebe.

Die Nebennieren wiegen etwa 3-6 Gramm (bei einer Größe von 5 × 2,5 × 1 cm). Sie produzieren eine Vielzahl von Hormonen und sind integriert in hochkomplexe Regelkreise und biochemische Prozesse. Erkrankungen der Nebenniere können daher schwerste systemische Krankheitsbilder verursachen. Gemeinsames klinisches Merkmal ist oft die arterielle Hypertonie. Die linke halbmondförmige Nebenniere ist etwas größer und schwerer als die rechte eher dreieckförmige. Die Dorsalseiten beider Nebennieren liegen dem Zwerchfell an. Die Facies anterior der rechten Nebenniere schmiegt sich in die Leber (Impressio suprarenalis), ebenso ist sie mit der Vena cava inferior bindegewebig verwachsen. Die Facies anterior der linken Nebenniere grenzt an die Bursa omentalis und den Oberrand des Pankreasschwanzes. Von der rechten Nebenniere ist nur ein kleiner kaudaler Teil mit Peritoneum parietale bedeckt, bei der linken Nebenniere die gesamte Vorderfläche. Bei Tumorbildung kann es zum Hormonexzess und dementsprechend zu sehr typischen klinischen Krankheitsbildern kommen.

Einteilung

Nebennieren, Überfunktionssyndrome

I Nebennierenrinde

  • Hyperaldosteronismus (E27.4)
  • Hyperkortisolismus (AldosteronismusE24.9)
  • Hyperandrogenismus (Adrenogenitales Syndrom - AGS E25.9)

II Nebennierenmark

  • Katecholamin-Überproduktion (Phäochromozytom D35.0)

 

I Nebennierenrinde

Hyperaldosteronismus

Primärer Hyperaldosteronismus mit erniedrigtem Reninspiegel (Conn-Syndrom)

Familiärer Hyperaldosteronismus 

  • Typ I (FHI): Glukokortikoid-supprimierbarer Hyperaldosteronismus (GSH)
  • Typ II (FHII): klinisch Adenom oder Hyperplasie der NNR
  • TypIII (FHIII): Mutation des Kaliumkanal-Gens KCNJ5 (durch Glukokortikoide nicht supprimierbarer paradoxer Anstieg des Aldosterons nach Kochsalzbelastung)

Aldosteron produzierende Karzinome (Hinweis: Rarität; 45% der Nebennierenrindenkarzinome Glukokortikoide, 31% Androgene und nur 12% Aldosteron). 

Sekundärer Hyperaldosteronismus mit erhöhtem Reninspiegel (z.B. bei Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, Nierenarterienstenose, Therapie mit Diuretika).

 

Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom)

Exogenes (iatrogenes ) Cushing-Syndrom

Endogenes Cushing-Syndrom (selten)

ACTH-abhängige Form mit sekundärer NNR-Hyperplasie

  • zentrales Cushing-Syndrom, ursächlich = Mikroadenome des Hypophysenvorderlappens (M.Cushing)
  • Ektope (paraneoplastische)ACTH-Sekretion (Sekretion von ACTH in Tumoren, z.B. kleinzelliges Lungenkarzinom)
  • Ektope CRH-Sekretion
  • Alkoholinduziertes Cushing-Syndrom

ACTH-unabhängige primäre Form

  • Kortisoproduzierende NNR-Tumoren
  • Mikronoduläre Dysplasie (selten)
  • Makronoduläre Hyperplasie (evtl.Mutation ARMC5)

 

Hyperandrogenismus

Adrenogenitales Syndrom - AGS - 21-Hydroxylase-Defekt (E25.9) 

Simple-Virilizing Form (nur Virilisierung)

Salt-wasting Form (AGS mit Salzverlustsyndrom)

Seltene Ursachen:

  • 11ß-Hydroxylase-Defekt (selten)
  • 17alpha-Hydroxylase-Defekt (selten)
  • 3ß-Hydroxsteroid-Dehydrogenase-Defekt (selten)

Nebennieren, Unterfunktionssyndrome

Hypoaldosteronismus (E27,4)

Primärer Hypoaldosteronismus mit erhöhtem Reninspiegel (M. Addison)

Sekundärer Hypoaldosteronismus mit erniedrigtem Reninspiegel (hyporeninämischer Hypoaldosteronismus = renuale tubuläre Azidose Typ IV)

Sekundärer Hypoaldosteronismus mit erhöhtem Reninspiegel

 

Hypokortisolismus (Nebennierenrindeninsuffizienz- NNRI E27.4)

Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (pNNRI) = M. Addison (Versiegen sämtlicher Kortikosteroide)

Sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz (sNNRI) = Insuffizienz von HVL oder Hypothalamus. Aldosteronproduktion nur wenig betroffen

Langzeitbehandlung mit Kortikosteroiden(häufig)

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II Nebennierenmark

Katecholamin-Überproduktion (Phäochromozytom D35.0/Paragangliome)

Klinisches Bild

Als Leitsymptom für Nebennierenerkrankungen, gleich ob Cortex oder Medulla als Ursache,  kann die arterielle Hypertonie gelten, obwohl nur bei etwa 2% der Fälle von Hypertonie die Nebennieren ursächlich sind.

Diagnostik

Zur Abklärung von Nebennierenerkrankungen ist die Erhebung folgender Laborparameter von besonderer Bedeutung:

  • Serum-Elektrolyte
  • Blutbild
  • BSG
  • Nierenretentionsparameter und Hormonbestimmungen (Plasma, Urin, 24-Std-Urin, Speichel).

Hinweis: Die laboranalytischen Methoden müssen dabei sehr korrekt angewandt werden – zum Beispiel in Ruhe, am liegenden Patienten, im Stehen oder nach körperlicher Aktivität. Auch die Uhrzeit der Laborentnahme kann bei Hormonbestimmungen mit zirkadianer Rhythmik sehr wichtig sein. Medikamente müssen ggf. pausiert werden.

Spezialuntersuchungen stellen dar:

  • der Kochsalzbelastungstest (Infusion von 2000 ml 0,9-prozentiger NaCl-Lösung über 4 Std vor Blutentnahme)
  • der Dexamethason-Hemmtest (orale Gabe von 1mg Dexamethason um Mitternacht, 8 Uhr Plasmakortisolbestimmung)
  • der CRH-Test (CRH-Gabe)

Bildgebung

Bei primären Nebennierenmalignomen muss ein perioperatives Staging von Thorax, Abdomen und Schädel erfolgen.

Sonographie, CT, MRT: Als technische Untersuchungen werden die Sonographie, Duplex-Sonographie, die CT nativ und mit Kontrastmittelverstärkung, die PET-CT (z.B. 18F-FDG-PET) oder die MRT eingesetzt (Gadolinium, Chemical-Shift-Technik). Die MRT hat heute starke Bedeutung erlangt, da die Patienten oft jung sind oder die Diagnostik gar unter Schwangerschaft erfolgen muss.

Szintigraphie:  MIBG, 131I-6BetaIodomethyl-Norcholesterol, 131I-19-Iodocholesterol, 75SeSelenocholesterol, Somatostatin-Rezeptor. Mit diesen Verfahren kann eine Unterscheidung zwischen hormonaktivem Adenom und einer Hyperplasie erfolgen.

Weiterführende Artikel (2)

Cushing-Syndrom (Übersicht); Morbus Addison;

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