Synonym(e)
Erstbeschreiber/Historie
Im Jahre 1887 beschrieb als Erster der russische Neurologe Sergei Korsakow (1854-1900) das nach ihm benannte Syndrom bei langjährigen Alkoholikern. Die Wernicke-Enzephalopathie beschrieb Carl Wernicke erstmals im Jahre 1881 (Lubadda 2006 / Vetter 2007).
Parenterales Thiamin steht seit 1936 zur Verfügung (Hinze-Selch 2000).
Definition
Unter einem Korsakow-Syndrom (KS) versteht man ein chronisches Geschehen mit organisch amnestischem Syndrom, das durch Störungen des Gedächtnisses, der Konzentrationsfähigkeit, der Orientierung, anterograder Amnesie und Konfabulationsneigung gekennzeichnet ist (Herold 2025).
Dem KS geht eine akute Phase voraus, diese wird als Wernicke-Enzephalopathie bezeichnet (Lubadda 2006).
Auch interessant
Vorkommen/Epidemiologie
Das KS lässt sich in eine akute und chronische Phase einteilen.
- Akute Phase:
Die akute Phase des KS wird auch als Wernicke-Enzephalopathie bezeichnet. Bei bis zu 80% der Betroffenen entwickelt sich nach Wochen oder Monaten ein KS (Lubadda 2006).
- Chronische Phase:
Die chronische Phase bezeichnet das eigentliche Korsakow-Syndrom (Lubadda 2006).
Vorkommen/Epidemiologie
Bei knapp 25% der Alkoholiker kommt es zu einem KS (Lubadda 2006). Bei unbehandelten Patienten mit Wernicke-Enzephalopathie tritt in bis zu 80% ein KS auf (O‘Malley 2022).
Ätiopathogenese
Ursächlich spielt ein Mangel an Thiamin (Vitamin B1) eine Rolle. Thiamin wird in nicht ausreichender Menge zugeführt oder kann nicht ausreichend aufgenommen werden. Dies findet sich häufig bei:
- Jahrelangem exzessiven Alkoholkonsum (Lubadda 2006)
- Wiederholtem Delirium tremens nach Alkoholentzug (O’Malley 2022)
- Fehlernährung
- Mangelernährung bei z.B. Anorexia nervosa (Lubadda 2006)
- Thalamusblutung
- Thalamusinfarkt
- Tumoren des paramedianen posterioren Thalamus
- Subarachnoidalblutung (O‘Malley 2022)
- Malabsorptionssyndrom des Ileums (Hartje 2006)
Pathophysiologie
Thiamin wird von Nervenzellen benötigt. Im Körper wird Thiamin zu Thiamindiphosphat umgewandelt. Dieses ist, zusammen mit anderen Enzymen, wichtig für den Abbau von Glykose (Lubadda 2006).
Durch einen Thiaminmangel kommt es zu einer Schädigung der Mitochondrien, die zu einer Überproduktion freier Radikalen führen kann und sogar zum Zelltod (Lubadda 2006).
Neuropathologisch finden sich beim KS bilaterale Schädigungen dienzephaler Strukturen, insbesondere im Bereich des Thalamus und des Corpus mamillare. Teilweise sind außerdem Schädigungen im Bereich der Septumregion, des Hippocampus, Hypothalamus und des Frontalhirns betroffen (Hartje 2006).
Klinik
- Akute Phase (sog. Wernicke-Enzephalitis):
- Nystagmus
- Stand- und Gangataxie
- Halluzinationen
- Antriebsstörungen
- Bewusstseinsstörungen
- Desorientiertheit (Lubadda 2006)
- Chronische Phase (Korsakow-Syndrom):
- Konfabulationen (Frühsymptom)
- Patienten vergessen, dass sie Gedächtnisprobleme haben und leugnen diese auf Nachfrage (Kasper 2015)
- Störungen des anterograden und retrograden Gedächtnisses
- Defizite insbesondere im Bereich des semantischen und episodischen Gedächtnisses
- Beeinträchtigungen der Alltagsfunktionen (Lubadda 2006)
- Zeitliche Desorientierung
- Emotionale Veränderungen (O‘Malley 2022)
Bildgebung
Bei Patienten mit einem KS findet sich Schädigungen im Diencephalon, vorrangig der Mamillarkörper, der anterioren Kerne und der medio-dorsalen Kerne des Thalamus. In jüngeren Arbeiten wird auf Schädigungen im Bereich der Großhirnrinde (präfrontaler Cortex) und dem basalen Vorderhirn hingewiesen, ebenso Schädigungen bestimmter Kerne im Hirnstamm (Lubadda 2006).
Therapie
Die Therapie des KS richtet sich nach der Grunderkrankung. Besonders in den ersten zwei Jahren nach Auftreten der ersten Symptome ist eine entsprechende Therapie wichtig (Möller 2017). 59-60.
- Bei V.a. einen Thiaminmangel: Gabe von Thiamin hochdosiert i.v.
- Cholinesterasehemmer bei cholinergem Defizit (Möller 2017)
- Magnesium
- Unterstützende Pflege (O‘Malley 2022)
Verlauf/Prognose
Laut einer Untersuchung von J. Cutting kann es bei bis zu 64% der an einem KS-Erkrankten zu einer Abschwächung der Symptome kommen, die kognitiven Leistungen bleiben aber deutlich unter den Leistungen vor Beginn der Erkrankung (Lubadda 2006).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio
Kopernio- Hartje W, Poeck K (2006) Klinische Neuropsychologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 265-266
- Herold G et al. (2025) Innere Medizin. Herold Verlag 936
- Hinze-Selch D, Weber MM, Zimmermann U, Pollmächer T (2000) Thiamine treatment in psychiatry and neurology. Fortschr Neurol Psychiatr 68 (3) 113-120
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 182
- Labudda K, Brand M, Markowitsch H J (2006) Kognitive Defizite bei Patienten mit alkoholbedingtem Korsakow-Syndrom. NeuroGeriatrie 3 (3) 120-129
-
Möller H J, Laux G, Kapfhammer H P (2017) Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Springer Verlag Deutschland 59-60
- O’Malley G F, O’Malley R, Birnbaumer D M (2022) Korsakoff-Psychose (Korsakoff-Amnestisches Syndrom; Korsakow Psychose)MSD-Manual Ausgabe für medizinische Fachkreise. doi: https://www.msdmanuals.com/de/profi/spezielle-fachgebiete/illegale-drogen-und-rauschmittel/korsakoff-psychose?query=wernicke-korsakoff-syndrom
- Vetter B (2007) Psychiatrie: Ein systematisches Lehrbuch. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 266
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