Glykopeptide

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 07.08.2020

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Synonym(e)

Glykopeptid-Antibiotika

Definition

Glykopeptide sind bakterizid wirksame systemische (bei oraler Applikation werden Glykopeptide nicht resorbiert) Antibiotika mit komplexen polyzyklischen Strukturen. Sie werden zu den sogenannten Reserveantibiotika gezählt. Glykopeptide sind gut gewebegängig, gehen aber nur wenig in den Liquor über.

Einteilung

Glykopeptide:

Die Elimination erfolgt überwiegend renal in unveränderter Form, in geringem Umfang auch biliär.

Halbwertszeiten von Glykopeptiden

  • Vancomycin 4-6 h
  • Telvancin 8 h
  • Teicoplanin 150 h
  • Dalbavancin 372 h

Wirkungsspektrum

Glykopeptide stören den regelhaften Aufbau der Bakterienzellwand indem sie mit hoher Affinität an die Oligopeptide binden, die für die stabilisierende Quervernetzung des Mureingerüstes der Bakterien verantwortlich sind. Durch Bindung an das endständige D-Alanyl-D-Alanin des UDP-Muramylpeptids verhindern sie die Elongation der Peptidoglykanketten und deren Quervernetzung und damit den Aufbau der Zellmembran. Telvancin stört außerdem die Zellfunktion durch Depolarisation der bakteriellen Zellmembran.

Glykopeptid-Antibiotika  wirken gegen aerobe und anaerobe grampositive Keime. Gegen gramnegative Keime sind sie unwirksam, da sie aufgrund ihrer Molekülgröße nicht die äußere Zellwand der gramnegativen Bakterien durchdringen können. 

Indikation

Von besonderer Bedeutung ist der Einsatz von Glykopeptiden gegen Staphylokokken, Enterokokken und Clostridium difficile wenn risikoärmere Antibiotika nicht gegeben werden können. Von Bedeutung ist ihr Einsatz bei schweren systemischen Infektionen mit Staphylokokken, Pneumokokken, Enterokokken (Osteomyelitis, Pneumonie, Meningitis, Endokarditis). Bei MRSA-Infektionen und Penicillin-resistenten Pneumokokken werden Glykopeptide mit Rifampicin, bei der Enterokokken-Endokarditis mit Gentamicin kombiniert.  

Vancomycin wird außerdem zur oralen Behandlung der pseudomembranösen Kolitis eingesetzt, die auf einer Überwucherung von Clostridium difficile nach vorheriger Gabe eines anderen Antibiotikums beruht. Hierbei erfolgt die Wirkung nur im Darm (Hinweis: eine bessere Alternative ist Metronidazol, um einer Selektion Vancomycin-resistenter Enterokokken vorzubeugen)

Telvancin ist bisher nur zur Therapie der durch MRSA verursachten nosokomialen Pneumonie zugelassen.

Dalbavancin: Dalbavancin ein halbsynthetisches lipophiles Glykopeptid, ist seit 2016 verfügbar und wird bei akuten bakteriellen Haut- und Weichgewebeinfektionen (ABSSI) eingesetzt. Es wird nur an Krankenhäuser geliefert.

Hinweis: Durch die zunehmende Resistenzentwicklung ist die Gefahr eines Therapieversagens nicht zu unterschätzen.

Resistenzentwicklung: Durch Veränderung der Zielstrukturen kommt es zu hochgradigen Resistenzen von Enterokokken, insbesondre E. faecium, gegen Vancomycin. Statt D-Alanin wird in einer modifizierten Biosynthese D-Lactat in der Mureinvorstufe ersetzt. D-Lactat fehlt ein Wasserstoffatom, das im D-Alanin vorhanden ist. Deshalb kann es keine Wasserstoffbrückenbindung mit dem Glykopeptid-Antibiotikum eingehen. Das Bindungvermögen von Vancomycin sinkt. Bei Staphylokokken kommt es zu einer Überproduktion von Mureinvorstufen. Die Mureinsynthese selbst wird nicht beeinträchtigt.

Wechselwirkungen

Risikofaktor ist eine Niereninsuffizienz  sowie die Kombination mit anderen nephrotoxischen  und potenziell ototoxischen Pharmaka, wie Schleifendiuretika, Ciclosporin und Cisplatin, erhöht die Gefahr von Hör- und Gleichgewichtsstörungen. Vancomycin steigert und verlängert die Wirkung von Muskelrelaxanzien.

 

Kontraindikation

Teicoplanin: Schwangerschaft und Stillzeit

Akutes Nierenversagen

Schwerhörigkeit

Literatur
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  1. Graefe KH et al. Antibakterielle Wirkstoffe. In: Graefe KH et al. (Eds) Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart S.581-583
  2. Huang V et al. (2020) Glycopeptide Hypersensitivity and Adverse Reactions. Pharmacy (Basel). 8:70.

Verweisende Artikel (1)

Dalbavancin;
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