Gesamtgenomsequenzierung

Zuletzt aktualisiert am: 17.10.2025

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Synonym(e)

Gesamtgenomsequenzierung; Vollständige Genomsequenzierung; WGS

Definition

Die Gesamtgenomsequenzierung (WGS) ist eine Methode zur umfassenden Analyse des gesamten Genoms eines Organismus mittels Next-Generation-Sequenzierung. WGS ist in verschiedenen Forschungsbereichen nützlich, darunter Agrargenomik, Umweltwissenschaften, Krebsforschung, Mikrobiologie, Entwicklungsbiologie u.a.  WGS stellt somit eine sehr umfangreiche genetische Analyse dar, die vor allem in der Erforschung von seltenen Erkrankungen, Erkrankungen mit unbekanntem Ursprung und Tumoren eingesetzt wird, sowie in der Entschlüsselung des gesamten Genoms (ca. 3 Milliarden Basenpaare bei Menschen). Dabei wird die Gen-Probe mit einem Referenzgenom verglichen, um genomische Varianten zu identifizieren. Zwar sind Schätzungen zufolge 85 % der krankheitsverursachenden Mutationen in den kodierenden DNA-Abschnitten lokalisiert, jedoch können Mutationen und Kopienzahlvariationen (Copy Number Variations (CNVs) außerhalb dieser Genabschnitte ebenfalls durch WGS erfasst werden.

Allgemeine Information

Mit Einführung der NGS-Sequenzierung (Next Generation Sequenzing) ist die Analyse des kompletten humanen Erbguts (Whole Genome Sequencing, WGS) in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen möglich geworden. NGS ist eine technologische Weiterentwicklung der klassischen Sanger-Sequenzierung. Während man früher ein DNA-Molekül nach dem anderen ablesen konnte, erlaubt NGS das parallele Lesen von Millionen verschiedener  DANN-Abschnitte in einem  einzigen Untersuchungsablauf.

Dabei wird die Gesamtheit der Nukleotidsequenzen (ca. 3 Mrd. DNA-Bausteine) aller 23 Chromosomenpaare sequenziert (in kleine Stücke geschnitten), Adapter werden an die Enden der Fragmente angefügt, damit sie an der Sequnezierungsplattform angeheftet werden können. Die Fragmente werden vervielfältigt. Die Sequenzierungsmaschiene liest die Basenfolge (ATCG) jedes Fragmentes. Ein Computer setzt die vielen Fragmente zu einem virtuellen Gesamtbild wieder zusammen. Sie können nun bioinformatisch analysiert werden. Nur ein geringer Bruchteil des gesamten Erbguts kodiert für Proteine (die sogenannten Exons) - 98% des Erbguts besteht aus nicht-kodierender DNA und umfasst Introns, regulatorische Sequenzen und verschiedene sich wiederholende Sequenzen (s. Abbildung).  

Grundsätzlich liegen in der Verknüpfung genomischer Daten mit phänotypischen und klinischen Daten „große Chancen für die Verbesserung des Verständnisses gerade komplexer Krankheitsbilder und ebenfalls für die Entwicklung neuer Therapieansätze“. Genomdatenbanken sind ein wichtiger Baustein, um krankheitsverursachende Mutationen ausfindig zu machen. Nach neueren Studien könne man mithilfe der WGS bei etwa der Hälfte aller Patienten mit Verdacht auf genetisch bedingte Entwicklungsstörungen kausale Mutationen in bekannten krankheitsassoziierten Genen finden. Bisher sind Mutationen in mehr als 4 000 der 20 000 Protein-codierenden menschlichen Gene bekannt. Insbesondere sind Genom-, Transkriptom-, Epigenom-Analysen möglich.  

Orphan Diseases: Die Gesamtgenomsequenzierung (WGS) entwickelt sich zur bevorzugten Methode für die molekulargenetische Diagnose seltener und unbekannter Krankheiten und zur Identifizierung relevanter Krebsursachen. Im Vergleich zu anderen molekulargenetischen Methoden erfasst die WGS die meisten genomischen Variationen und macht sequenzielle genetische Tests überflüssig (Bagger FO et al. 2024).

Bakteriologie: Die vollständige Genomsequenz eines bakteriellen Pathogens konnte erstmals 1995 erfolgreich bestimmt werden. Dazu wurde die komplette Nukleotidsequenz von Haemophilus influenzae Rd mithilfe der Kettenabbruchmethode bestimmt, die 1977 von Sanger et al. entwickelt wurde. Diese Technologie ist jedoch arbeitsaufwendig, teuer und zeitintensiv. Seit 2004 werden Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien der nächsten Generation entwickelt, die hocheffizient, zeitsparend und kostengünstig die vollständige Genomsequenzierung (WGS) aller Organismen, einschließlich bakterieller Pathogene, ermöglichen. WGS-Technologien werden zur Identifizierung von Bakterienarten, -stämmen und -genotypen aus kultivierten Organismen und direkt aus klinischen Proben eingesetzt (Mustafa AS 2024. WGS hat auch zur Bestimmung von Antibiotikaresistenzen durch die Erkennung antimikrobieller Resistenzgene und Punktmutationen beigetragen.

  • AMR: Die NGS ist inzwischen ein integraler Bestandteil der Überwachung antimikrobieller Resistenzen (AMR) und die am weitesten verbreitete Plattform für die Gesamtgenomsequenzierung (WGS). Der hohe Durchsatz, die relativ niedrigen Kosten, die hohe Trennschärfe und die schnelle Bearbeitungszeit der WGS im Vergleich zu klassischen biochemischen Methoden bedeuten, dass die Technologie wahrscheinlich ein grundlegendes Instrument in der AMR-Überwachung und für die öffentliche Gesundheit bleiben wird (Sørensen LH et al. 2021).

Hinweis(e)

Einige Labore integrieren interne NGS-Automatisierungsplattformen z.B. Falcon. Dies gewährleistet nahtlose Service-Workflows und einen bemerkenswert hohen Durchsatz. Mit automatisierten und rationalisierten Workflows und Hochleistungs-Computerclustern ist inzwischen gewährt, dass die Daten unabhängig von der Projektgröße zeitnah und ohne Qualitätseinbußen geliefert werden. Die modernsten Sequenzierungsplattformen heißen Illumina , PacBio und Oxford Nanopore . Der räumliche Transkriptomik-Dienst wird durch Visium CytAssist von 10X Genomics unterstützt . Alle Labore profitieren von den neuesten Plattformen. Forschern kann die Möglichkeit geboten werden, ihre Projekte je nach Forschungsanwendung mit verschiedenen Sequenzierungsstrategien durchzuführen. Die Kosten für eine Whole Genome Sequencing (WGS) liegen im Jahr 2025 voraussichtlich bei etwa 200 bis 300 US-Dollar pro Genom für den Prozess selbst, wobei diese Kosten durch Fortschritte in der Sequenzierungstechnologie (z.B. von Illumina und Ultima Genomics) weiter sinken werden. Die Preise können je nach Anbieter und Zusatzleistungen wie Berichterstattung oder langfristigem Zugang variieren, wobei direkte Anbieter wie tellmeGen oder Nebula Genomics ähnliche Preise anbieten. Die Low-Pass-Gesamtgenomsequenzierung (auch bekannt als lpWGS oder Shallow Whole Genome Sequencing ) ist eine kostengünstige Methode für große Kohorten, um genetische Variationen innerhalb der Genome verschiedener Arten mittels Imputation zu erkennen.

Die neueste Generation der NGS-Technologie ist die RNA-Sequenzierung (RNA-Seq). In ihrer einfachsten Form ermöglicht RNA-Seq die Bestimmung von RNA-Molekülen in einer Probe zum Zeitpunkt der Probenentnahme.

Literatur
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  1. Bagger FO et al. (2024) Whole genome sequencing in clinical practice. BMC Med Genomics 17:39.
  2. Marinova-Bulgaranova TV et al. (2025) Current Methods for Reliable Identification of Species in the Acinetobacter calcoaceticus-Acinetobacter baumannii Complex. Microorganisms 13:1819.
  3. Mustafa AS (2024) Whole Genome Sequencing: Applications in Clinical Bacteriology. Med Princ Pract. 33:185-197.
  4. Sørensen LH et al. (2021) Whole-genome sequencing for antimicrobial surveillance: species-specific quality thresholds and data evaluation from the network of the European Union Reference Laboratory for Antimicrobial Resistance genomic proficiency tests of 2021 and 2022. mSystems 9:e0016024.

Verweisende Artikel (1)

NGS;

Weiterführende Artikel (3)

Epigenom; Genom; Transkriptom;
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Zuletzt aktualisiert am: 17.10.2025