Definition
Bendamustin ist ein Stickstofflost-Derivat, das zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika gehört und zur Behandlung von sehr unterschiedlichen Krebserkrankungen eingesetzt wird. Durch seine Funktion als Alkylierungsmittel verursacht Bendamustin intra- und intersträngige Vernetzungen zwischen DNA-Basen, was zum Zelltod führt.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Bendamustin ist ein bifunktionelles Mechlorethamin-Derivat, das elektrophile Alkylgruppen bilden kann, die sich kovalent an andere Moleküle binden. Durch diese Funktion als Alkylierungsmittel verursacht Bendamustin intra- und intersträngige Vernetzungen zwischen DNA-Basen, was zur Apoptose der Zelle führt. Bendamustin ist sowohl gegen aktive als auch gegen ruhende Zellen aktiv. Der exakte Wirkungsmechanismus ist jedoch nicht vollständig aufgeklärt.
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Pharmakokinetik
Resorption: Nach einer intravenösen Einzeldosis Bendamustinhydrochlorid trat die Cmax typischerweise am Ende der Infusion auf.
Verteilung: Das mittlere Steady-State-Verteilungsvolumen (Vss) von Bendamustin beträgt ca. 20-25 l.Das Steady-State-Verteilungsvolumen für die Gesamtradioaktivität betrug ca. 50 l, was darauf hinweist, dass weder Bendamustin noch die Gesamtradioaktivität extensiv in die Gewebe verteilt werden. In vitro lag die Bindung von Bendamustin an Humanserumplasmaproteine im Bereich von 94-96%. Die Daten deuten darauf hin, dass Bendamustin wahrscheinlich nicht durch stark proteingebundene Arzneimittel verdrängt wird.
Metabolismus: In-vitro-Daten weisen darauf hin, dass Bendamustin hauptsächlich durch Hydrolyse zu Monohydroxy- (HP1) und Dihydroxy-Bendamustin (HP2)-Metaboliten mit geringer zytotoxischer Aktivität metabolisiert wird. Zwei aktive Nebenmetaboliten, M3 und M4, werden hauptsächlich über CYP1A2 gebildet. Die Konzentrationen dieser Metaboliten im Plasma betragen jedoch 1/10 bzw. 1/100 der Ausgangssubstanz, was darauf hindeutet, dass die zytotoxische Aktivität hauptsächlich auf Bendamustin zurückzuführen ist. Die Ergebnisse einer Massenbilanzstudie beim Menschen bestätigen, dass Bendamustin umfassend über hydrolytische, oxidative und konjugative Stoffwechselwege metabolisiert wird.
Elimination: Die mittlere Wiederfindung der Gesamtradioaktivität bei Krebspatienten nach intravenöser Infusion von [14C]-Bendamustinhydrochlorid betrug etwa 76% der Dosis. Etwa 50% der Dosis wurden im Urin und etwa 25% der Dosis im Stuhl wiedergefunden. Die Ausscheidung über den Urin wurde als relativ unbedeutender Eliminationsweg von Bendamustin bestätigt, wobei ungefähr 3,3% der Dosis als Muttersubstanz im Urin wiedergefunden wurden. Weniger als 1% der Dosis wurde im Urin als M3 und M4 und weniger als 5% der Dosis als HP2 im Urin wiedergefunden. Die Halbwertzeit liegt bei etwa 40 Minuten, die Clearance bei 700 ml/min.
Indikation
Das hauptsächliche Anwendungsgebiet ist die chronische lymphatische Leukämie (Binet-Stadium B oder C), wenn eine Fludarabin-Kombinations-Chemotherapie ungeeignet ist
Des Weiteren stellt Bendamustin eine Option in der Behandlung von indolenten Non-Hodgkin-Lymphomen dar, wenn dieser Lymphdrüsenkrebs trotz Behandlung mit Rituximab weiter wächst.
Darüber hinaus wird Bendamustin in fortgeschrittenen Stadien von multiplem Myelom (Stadium II nach Durie-Salmon mit Progression oder Stadium III) in Kombination mit Prednison, bei Patienten, die älter als 65 Jahre und nicht für eine autologe Stammzellen-Transplantation (HDT/ASCT) geeignet sind und die bereits bei Diagnosestellung eine klinische Neuropathie aufweisen, wodurch eine Behandlung mit Thalidomid oder Bortezomib ausgeschlossen ist, angewendet.
In den letzten zehn Jahren hat sich Bendamustin als wichtige Ergänzung im therapeutischen Arsenal für Lymphome etabliert. Das BR-Schema hat aufgrund seiner geringeren Toxizität und seiner im Vergleich zum herkömmlichen CHOP-Schema (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednisolon) nahezu gleichwertigen Wirksamkeit insbesondere bei niedriggradigen Lymphomen das Interesse der Hämatologen geweckt. In letzter Zeit gab es einige Berichte über bendamustinbedingte Hauttoxizität (Nishikori M et al. 2015; Gavini A et al. 2012). Malipatil et al. berichteten über Erfahrungen mit 16 Patienten in Indien, die Bendamustin erhielten. Sie stellten fest, dass in mehr als 50 % der Fälle erythematöse papulöse Hautläsionen auftraten, hauptsächlich an den exponierten Bereichen der Gliedmaßen und des Rumpfes. Es wurde jedoch kein Zusammenhang mit der Bendamustin-Dosis, der Anzahl der Zyklen, dem Geschlecht der Patienten und der Art des Chemotherapieprotokolls festgestellt.
In ähnlicher Weise berichteten Nishikori et al. (2015), dass von 34 Patienten, die eine BR-Therapie erhielten, 32 % (11/34) anhaltende Exantheme entwickelten. Bei diesen Patienten zeigten sich im Vergleich zu den übrigen Patienten ein höheres CD8/CD4-T-Zell-Verhältnis und eine höhere Seropositivität für Hepatitis-B-Kernantikörper. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass eine okkulte Aktivierung des Immunsystems durch latente Infektionen (z.B. okkulte Hepatitis B) ein auslösendes Ereignis für solche Hautausschläge sein könnte (Nishikori M et al. (Nishikori M et al. 2015).
Schwangerschaft/Stillzeit
In nicht-klinischen Studien hat Bendamustin embryo-/fetoletale, teratogene und genotoxische Wirkungen gezeigt. Das Zytostatikum darf deshalb während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich.
Stillzeit: Da nicht bekannt ist, ob Bendamustin in die Muttermilch übergeht, ist Bendamustin in der Stillzeit kontraindiziert.
Dosierung und Art der Anwendung
Ein typisches Dosierungsschema von Bendamustin ist die intravenöse Applikation von 100-150 mg/m2 Körperoberfläche an den Tagen 1 und 2 alle vier Wochen.
Unerwünschte Wirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen von Bendamustin sind:
- hämatologische Nebenwirkungen (Leukopenie, Thrombopenie)
- dermatologische Toxizität (Medikamenten-toxische Exantheme)
- konstitutionelle Symptome (Fieber)
- gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen)
Unerwünschte Wirkungen
UAW -Kasustik (Sahu KK et al. 2016): Ein 67-jähriger Mann litt unter anhaltendem Fieber seit 6 Monaten. Die klinische Untersuchung ergab Anämie, Hepatosplenomegalie und generalisierte Lymphadenopathie. Die Lymphknotenbiopsie und die Knochenmarkuntersuchung zeigten Merkmale, die mit einem Mantelzelllymphom (MCL) vereinbar waren. Die Therapie erfolgte mit Bendamustin-Rituximab (B-90 mg/m2 × 2 Tage und R-375 mg/m2). Während des ersten Zyklus, nach der Infusion von Bendamustin, entwickelten sich auf erythematöser Haut schlaffe bis gespannte Blasen und Bläschen, die proximal zur Injektionsstelle an der linken Hand lokalisiert waren. Die Läsionen betrafen keine anderen Körperteile. Die Blasen klangen ohne Medikamenteneinnahme von selbst wieder ab, rezidierten jedoch kurz nach dem zweiten Zyklus in ähnlicher Form um erneut wieder spontan abzuheilen.
Wechselwirkungen
Mit folgenden Verbindungen können bei der gleichzeitigen Anwendung mit Bendamustin Wechselwirkungen auftreten:
Myelosuppressive Arzneimittel: Wirkverstärkung von Bendamustin und/oder der gleichzeitig verabreichten Arzneimittel auf das Knochenmark.
Ciclosporin oder Tacrolimus: Exzessive Immunsuppression mit dem Risiko einer Lymphoproliferation möglich.
Impfung: Zytostatika können die Antikörperbildung nach einer Impfung mit einem Lebendimpfstoff vermindern und das Infektionsrisiko erhöhen.
CYP1A2-Inhibitoren wie z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin, Aciclovir und Cimetidin: CYP1A2 ist am Stoffwechsel von Bendamustin beteiligt.
Kontraindikation
Bendamustin darf in folgenden Fällen nicht angewendet werden:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Stillzeit
- Schwere Leberfunktionsstörung (Serumbilirubin > 3,0 mg/dl)
- Gelbsucht
- Schwere Knochenmarksuppression und starke Veränderungen des Blutbilds (Abfall der Leukozyten- und/oder Thrombozytenwerte auf < 3.000/μl bzw. < 75.000/μl)
- Größere chirurgische Eingriffe innerhalb 30 Tagen vor Behandlungs beginn
- Infektionen, insbesondere einhergehend mit einer Leukozytopenie
- Gelbfieberimpfung
Präparate
Benda NC®, 2,5 mg/ml Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 25 mg Hexal AG
Benda-onkovis® 100 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 100 mg Onkovis GmbH
Bendamustin Accord® 2,5 mg/ml Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 25 mg
Bendamustin AqVida® 100 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 100 mg AqVida GmbH
Bendamustin axios® 2,5 mg/ml, Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 100 mg Axionovo GmbH
Hinweis(e)
Bendamustin hat großen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen, da es unter der Anwendung des Medikaments zu Ataxie, periphere Neuropathie und Somnolenz kommen kann.
Die Anwendung von Bendamustin ist mit einem Risiko für ein Tumorlyse-Syndrom behaftet und kann zudem zu schweren/fortschreitenden Hautreaktionen führen. Darüber hinaus wurden auch hämatologische Malignome verschiedener Formen berichtet. Bei schweren Infusionsreaktionen muss die Anwendung abgebrochen werden.
Bendamustin kann außerdem eine leichte bis mäßige Nierenfunktionsstörung, Leberfunktionsstörung und Sepsis verursachen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Gavini A et al. (2012) Generalized purpuric drug exanthemwithhemorrhagic plaques following bendamustine chemotherapy in a patient withB-prolymphocytic leukemia. Int J Hematol 95:311–314.
- Malipatil B et al. (2011) Preliminary experience with the use of bendamustine: a peculiar skin rash as the commonest side effect. Hematol Oncol Stem Cell Ther 4:157–160.
- Nishikori M et al. (2015) Increased number of peripheral CD8+ T cells but not eosinophils is associated with late-onset skin reactions caused by bendamustine. Int J Hematol 102:53–58.
- Rummel MJ et al. (2013) Bendamustine plus rituximab versus CHOP plus rituximabas first-line treatment for patients with indolent and mantle-cell lymphomas: an open-label, multicentre, randomised, phase 3 non-inferiority trial. Lancet 381:1203–1210.
- Sahu KK et al. (2016) Bullae And Blisters: A Rare Case of Bendamustine Skin Toxicity. Indian J Hematol Blood Transfus 32(Suppl 1):368-369.