Das Lungenkarzinom ist die häufigste Krebstodesursache bei Männern, bei Frauen steht es an 2. Stelle (nach dem Mammakarzinom). Berufliche Karzinogene verursachen ca. 5 % aller Lungenkarzinome, wobei Asbest mit > 90 % der häufigste Auslöser ist (Herold 2022).
Barone- Adesi et al (2016) schätzen die Zahl der durch eine Asbestexposition ausgelösten Lungenkarzinome auf weitaus höher ein als die Zahl der durch Asbest verursachten Mesotheliome.
Nach Asbestexposition liegt das Risiko, ein Lungenkarzinom zu entwickeln, bei Nichtrauchern um das 20- fache höher und bei Rauchern um das 50- fache gegenüber Menschen ohne Asbestexposition (Haustein 2008). Kommt es zusätzlich auch noch zu einem Zusammenwirken mit PAH (künstliche Mineralfasern) liegt die Wahrscheinlichkeit, ein Lungenkarzinom zu entwickeln, bei mindestens 50 % (Herold 2022).
In Deutschland sind asbestinduzierte Malignome (s. „Asbestbedingte Erkrankungen“) die häufigste berufliche Krebserkrankung.
Durch die lange Latenzzeit (15 – 50 Jahre) rechnet man mit einem Gipfel der Erkrankungen um ca. 2020 (Herold 2022).Laut Leitlinienprogramm (2018) bleibt die Rate der durch Asbest ausgelösten Karzinome seit 1995 mit ca. 700 Fällen pro Jahr annähernd konstant.
Besonders gefährdet sind Arbeiter in Zementwerken und Schiffswerften sowie Arbeiter, die mit Isoliermaterialien umgehen (Thomas 2010) oder im Asbestabbau bzw. in der Asbestverarbeitung tätig sind. Gefährdet sind aber auch andere Gruppen wie z. B. diejenigen die die mit Asbest in Kontakt gekommene Kleidung waschen (Nowak 2018), Maler, Elektriker, durch Straßenbelag oder Spielplatzmaterial in Kontakt Gekommene etc. (Kasper 2015).
Mittelbare Expositionen wie z. B. das Waschen der Arbeitskleidung sind nicht anerkennungsfähig, da es sich hierbei nicht um eine berufliche Exposition handelt (Nowak 2018).
Da die Latenzzeit beim asbestbedingten Lungenkarzinom sehr lang ist, beobachtet man erst seit 1975 asbest- assoziierte Lungenkarzinome. Seinerzeit handelte es sich lediglich um 15 nachgewiesene Fälle. In den Folgejahren kam es dann zueinem raschen Anstieg der Zahlen (Ukena 2018).
Obwohl die neoplastischen Wirkungen des Asbests bereits seit Mitte der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts bekannt sind, wurde Asbest u. a. bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts selbst medizinisch eingesetzt z. B. beim Spontanpneumothorax bzw. wurde es präoperativ in den Pleuraspalt appliziert, um diesen zum Verkleben zu bringen(Ulmer 1976).