Asbestarten

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 09.02.2022

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Erstbeschreiber

Asbest wurde erstmals von Sotakos Ende des 4. Jahrhunderts v. u. Z. sehr präzise beschrieben. Er benannte das Silikat nach der Stadt, in der es gefunden wurde, als „Karystos“. Den ersten eigenständigen Namen „Amiantos“ gab ihm der griechische Militärarzt Dioskurides im 1. Jahrhundert (Büttner 2004).

Laut Pausanias hatte die Lampe der Akropolis in Athen einen Docht aus Asbest (Büttner 2004).

Rohasbest wurde in Paris bei der Weltausstellung 1855 als ein technisch nutzbares Gestein vorgestellt. Danach begann die industrielle Gewinnung und Verarbeitung von Asbest (Büttner 2004).

Asbestzement wurde um 1900 vom Österreicher Ludwig Hatschek entwickelt. Er nannte sein Produkt „Eternit“ (Dyllick 2013).

 

 

Definition

Asbest ist ein Sammelname für faserförmige Silikate, die in der Natur vorkommen (Ulmer 1976).

Einteilung

Je nach Entstehungsmechanismus und Metallgehalt werden Asbeste in 2 große Gruppen und 6 verschiedene Asbestarten (Löwinger 1995) unterteilt:

  • 1. Serpentin- Asbest

Auch als Weißasbest oder Chrysotil- Asbest bezeichnet. Der Faserdurchmesser liegt zwischen 0,02 – 0,04 µ. Zum Serpentin- Asbest zählt als einziger Vertreter das Chrysotil, welcher industrielle Verwendung findet (Ulmer 1976) und ca. 95 % der gewonnenen Asbeste ausmacht (Herold 2022).

Weißasbest ist in der Natur weit verbreitet. Es werden daraus weltweit ca. 95 % der rund 3.000 asbesthaltigen Produkte gefertigt (Dyllick 2013).

  • 2. Amphibol- oder Hornblende- Asbest (Ulmer 1976). Dazu zählen:
    • 2. 1. Blau- Asbest, auch als Krokydolith oder „Wollstein“ (Ulmer 1976) bekannt (Dyllick 2013). Blau- Asbest lässt sich – ebenso wie Chrysotil – verspinnen (Dyllick 2013).
    • 2. 2. Braun- Asbest (Amosit)
    • 2. 3. Aktionlith
    • 2. 4. Anthophyllit- Asbest von weiß- gelber Farbe 
    • 2. 5. Tremolit- Asbest von weiß- grüner Farbe (Ulmer 1976)

Amphibol- Asbeste haben eine Faserdicke von 0,1 – 0,2 µ und spielen ökonomisch eine untergeordnete Rolle (Dyllick 2013).

Der Abbau von Asbest findet insbesondere in Kanada, Südafrika und Russland statt (Dyllick 2013).

 

 

Allgemeine Information

Asbest kombiniert Eigenschaften wie hohe Elastizität und gleichzeitig Zugfestigkeit, ist gegen Vibration und Alterung beständig, hat eine geringe Wärmeleitfähigkeit, ist aber hitzebeständig, das Reibverhalten ist günstig und es besitzt eine geringe elektrische Leitfähigkeit.

Asbest wurde eingesetzt in der:

  • Elektroindustrie: zur Isolation der Elektrokabelrohre
  • Textilindustrie: für Seile, Gewebe etc.
  • Gummiindustrie: für Dichtungen, als Füllmaterial für Autoreifen
  • Autoindustrie für Brems- und Kupplungsbeläge
  • Asbestzementindustrie: Hier wird Asbest zu Rohren, Formteilen und Platten verarbeitet
  • Isolationsindustrie: bespritzte früher Schiffe, Kühlräume und Eisenbahnwaggons mit Asbest
  • Papierindustrie: produziert Asbestfilter (Dyllick 2013)

Bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Asbest auch medizinisch eingesetzt z. B. beim Spontanpneumothorax bzw. präoperativ in den Pleuraspalt appliziert worden, um diesen zum Verkleben zu bringen (Ulmer 1976).

Anfang der 80er Jahre wurden mit einem Anteil von 70 – 80 % Asbestzementprodukte verwendet. Heutzutage liegt der Anteil nur noch bei ca. 30 % (Dyllick 2013).

 

Gesundheitsgefahren

Bereits zur Wende des 19. / 20. Jahrhunderts erkannte man gesundheitliche Probleme, die beim Einatmen von Asbest verursacht wurden. Aber erst im Jahre 1972 bestätigte die Internationale Krebsagentur der WHO einen direkten Zusammenhang zwischen dem Einatmen von Asbeststaub und dem Auftreten von Krebserkrankungen (Dyllick 2013).

Ursächlich ist eingeatmeter Asbeststaub aus verschiedenen Silikaten wie z. B. Amosit, Anthophyllit, Chrysotil, Crocidolit u.a., die eine Faserbreite von weniger als 3 µg Durchmesser und eine Länge von über 10 µg haben. Nur bei diesen Größenverhältnissen gelingt den Fasern einerseits das Vordringen in die Alveolen und andererseits ist aufgrund dessen ihre Beseitigung durch die Makrophagen deutlich erschwert (Piper 2007).

 

Seit 1929 ist die Asbestose Bestandteil der Berufskrankheitenverordnung (Baur 2005).

In Deutschland wurde 1972 eine Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe erlassen und 1973 erließen die Berufsgenossenschaften eine Vorschrift zum „Schutz gegen gesundheitsgefährlichen mineralischen Staub“.

 

Als Maßnahmen zur Primärprävention wurden die Herstellung und Verwendung von Asbest mit Inkrafttreten der Gefahrenstoffverordnung vom 26.10.1993 mit Beginn des Jahres 1994 verboten (Büttner 2004).

Die Sekundärprävention dient der unvermeidlichen Exposition. Da auch heutzutage noch asbesthaltige Materialien in vielen Gebäuden vorhanden sind, werden inzwischen Abbruch, Sanierung und Instandhaltung von Asbest gesetzlich durch das Amtsblatt der Europäischen Union, EU-Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz durch Asbest geregelt (früher: Richtlinie 83/477/EWG). Das Amtsblatt enthält genaue Angaben zu Maßnahmen der Staubbekämpfung, Tragen von speziellen Arbeitsschutzanzügen, Verwenden von Feinstaubfiltern und regelmäßigen arbeitsmedizinischen Untersuchungen (Büttner 2004).

 

 

 

Literatur
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  1. Baur X et al. (2005) Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie zur Begutachtung der Silikose. Pneumologie (59). Georg Thieme Verlag 549-553
  2. Büttner J U (2004) Asbest in der Vormoderne – Vom Mythos zur Wissenschaft. Waxmann Verlag 19, 24 – 26, 262
  3. Dyllick T (2013) Management der Umweltbeziehungen: Öffentliche Auseinandersetzungen und Herausforderung. Springer Fachmedien Wiesbaden 313 – 333, 362 - 363
  4. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 398
  5. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1688 - 1689
  6. Löwinger H et al. (1995) Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten bei Asbestzementprodukten an und in Gebäuden. Expert Verlag 15
  7. Piper W (2007) Innere Medizin. Springer Verlag 238
  8. Ulmer W T et al. (1976) Handbuch der inneren Medizin. Band 4 Atmungsorgane 1. Teil: Pneumokoniosen. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York 392 - 393
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