APD

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 20.10.2020

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Synonym(e)

Automatisierte Peritonealdialyse

Erstbeschreiber

Die Peritonealdialyse findet seit den 60er Jahren als intermittierende Form klinikgebunden Anwendung und wurde Ende der 70er Jahre durch die kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse im häuslichen Bereich weitestgehend abgelöst (Geberth 2011).

Beschreibungen des ersten Cyclers - ein für die APD erforderliches Gerät (Keller 2010) - finden sich in den frühen 60er Jahren durch Fred Boen et al.. Der im Jahre 1966 beschriebene erste automatische Cycler von Norman Lasker et al. war der Vorreiter für die heutige automatisierte Peritonealdialyse (Gokal 2000).

 

Definition

Die automatisierte Peritonealdialyse (APD) zählt zu den maschinell unterstützten Verfahren der Peritonealdialyse (PD). Sie stellt einen Oberbegriff für alle Arten der Peritonealdialyse dar, die mit einem Cycler erfolgen. Der Cycler dient dazu, den Befüll- und Leervorgang zu automatisieren (Hörl 2004).

Bei der APD werden höhere Volumina des Dialysats als bei der CAPD (Continuous Ambulatory Peritoneal Dialysis) verwendet und die Dialysezeit kürzer ist. Da jedoch höhermolekulare Teile bei der kurzen Verweildauer nicht vollständig eliminiert werden können, ist meistens zusätzlich eine Dialysatfüllung / d mit langer Verweilzeit erforderlich.

Der Vorläufer der APD ist die intermittierende Peritonealdialyse (IPD). (Geberth 2011)

 

Einteilung

Zu den APD- Verfahren zählen (Hörl 2004) :

  • Intermittierende Peritonealdialyse in einem Zentrum (IPD). Die IPD zählt zu den ältesten Formen der APD. Sie findet in speziellen Zentren 2 – 4 x pro Woche statt. Die Peritonealhöhle bleibt zwischen den Behandlungen leer (Hörl 2004).
  • Nächtliche intermittierende PD (NIPD). Die NIPD erfolgt durch den Patienten selbst oder durch eine Hilfskraft in häuslicher Umgebung. Der Dialysatwechsel findet nachts durch den Cycler statt, ebenso die morgendliche komplette Entleerung der Bauchhöhle (Geberth 2011). Vorteilhaft bei der NIPD sind für den Patienten die uneingeschränkte Mobilität tagsüber, kaum vorhandene kosmetische Beeinträchtigungen und die Möglichkeiten, einer Berufstätigkeit weiterhin nachzugehen und auch zu verreisen (Herold 2020).
  • Kontinuierliche zyklische Peritonealdialyse (CCPD). Die CCPD findet ebenfalls im häuslichen Bereich durch den Patienten selbst bzw. durch eine Hilfskraft statt. Der Dialysatwechsel erfolgt nachts durch den Cycler, die letzte morgendliche Füllung verbleibt jedoch tagsüber im Abdomen, so dass die Bauchhöhle ständig mit Dialysat gefüllt ist. (Geberth 2011).

Man differenziert zwischen zwei Formen der Cycler- Therapie:

  • 1. Standard APD: Hierbei wird am Ende des Dialyse- Zyklus‘ das gesamte Dialysat (sowohl das Füllvolumen als auch das Ultrafiltrat) aus der Peritonealhöhle entfernt. Das Peritoneum kommt dadurch nur in einem geringen Ausmaße (während des Ein- und Auslaufens) mit dem Dialysat in Kontakt (Jiang 2012).
  • 2. Tidal- Peritonealdialyse (TPD): Die Tidal- Peritonealdialyse kann bei allen drei der o. g. Verfahren durchgeführt werden (Jiang 2012). Sie wird bevorzugt eingesetzt bei Patienten mit Dialysatauslaufproblemen (Vychytil 2005) und bei erforderlichen hohen Flussraten von > 5l / h (Kuhlmann 2015). Bei der TPD findet nach der ersten Füllung der Peritonealhöhle die Entfernung des Dialysats durch den Cycler nur teilweise statt. Entleert wird lediglich das sog. Tidalvolumen, welches i. d. R. zwischen 50 % und 80 % des Füllvolumens ausmacht, Die restlichen 20 % - 50 % verbleiben während der gesamten Cyclerbehandlung in der Bauchhöhle zurück. Beim nächsten Zyklus wird lediglich die fehlende Menge des Volumens nachgefüllt. Somit ist ein Teil des Füllvolumens während der gesamten Behandlungsdauer mit dem Peritoneum in Kontakt. Am Ende der Behandlung wird dann ebenfalls die gesamte Bauchhöhle entleert (Jiang 2012).

 

Vorkommen

In Deutschland wird die Peritonealdialyse bei ca. 6 % der dialysepflichtigen Patienten angewandt (Kasper 2015), weltweit bei ca. 10 % (Herold 2020).

Der Anteil der APD- Behandlungen ist in den Industrieländern ist im Vergleich zur kontinuierlichen Peritonealdialyse allerdings gestiegen (Moor 2018).

In den letzten Jahren wurde zur Verringerung der Mortalität bei dialysierten Patienten das sog. Konzept des „integrated care“ entwickelt, welches sich in Studien bestätigt hat. Dabei wird initial die Peritonealdialyse angewandt und anschließend auf eine HD (Hämodialyse) gewechselt (Herold 2020).

Pathophysiologie

Bei der APD stellt das Bauchfell die Dialysemembran dar.

Durch die Kapillaren des Peritoneums reichern sich mittels Diffusion Substanzen aus dem Blut in der Dialyselösung an und werden eliminiert.

Kleinmolekulare Teile können entweder diffundieren oder durch Konvektion in die Dialyselösung bzw. Peritonealhöhle transportiert werden.

Großmolekulare Teile verlassen durch Konvektion die Kapillaren. Hierfür ist i. d. R. eine längere Verweildauer des Dialysats erforderlich (Geberth 2011).

Das Wasser hingegen wird in erster Linie osmotisch durch die hypertone Dialyselösung entzogen (Moor 2018).

Komplikation(en)

Komplikationen der APD:

  • APD- assoziierte Peritonitis
    • die Kontamination kann intraluminal, periluminal (entlang des Katheters [Geberth 2011]) oder gastrointestinal erfolgen
    • überwiegend handelt es sich dabei um grampositive Keime (besonders Staphylokokken)
    • die Patienten klagen über abdominelle Schmerzen, trübes Dialysat; im Dialysat findet sich ein laborchemischer Nachweis von > 100 Leukozyten / µg mit > 50 % Granulozyten und positive Dialysatkulturen
    • die Therapie besteht aus Breitbandantibiotika mit Anpassung nach Erhalt des Antibiogramms, die Verabreichung erfolgt bevorzugt intraperitoneal, ansonsten i. v.
    • die Dosis des Antibiotikums sollte dabei der renalen Restfunktion angepasst werden
    • Therapiedauer mindestens 2 Wochen; bei S. aureus, Enterokokken und gramnegativen Erregern mindestens 3 Wochen
    • wegen der Gefahr von Adhäsionen und Katheterobstruktionen sollte intraperitoneal Heparin verabreicht werden
  • exit- side- Infektionen
    • hierbei kommt es zu einer eitrigen Sekretion mit oder ohne Rötung, Schwellung und Krusten
    • die Diagnose erfolgt klinisch
    • die systemische Antibiose sollte nach dem Abstrich entsprechend dem Antibiogramm erfolgen (Kuhlmann 2015)
  • Tunnelinfektionen
    • bei sog. Tunnelinfektionen treten Infektionen der Bauchwand im Bereich des den Katheter umgebenden Gewebes auf mit Schwellung, Rötung, Schmerzen und eitrigem Sekret (Kuhlmann 2015)
    • die Angaben zur Häufigkeit sowohl der exit- side Infektionen als auch der Tunnelinfektionen schwanken zwischen 0,1 % - 1 % Episoden / Jahr
    • die Diagnosestellung erfolgt sonographisch (echoarmes Areal um den Katheter und / oder die Muffe)
    • nach Keimabstrich erfolgt eine dem Antibiogramm angepasste antibiotische Behandlung
    • die Verlaufskontrolle sollte ebenfalls sonographisch erfolgen (Herold 2020). Das früher zur Vermeidung einer Tunnelinfektion übliche Auftragen von Silbernitrat wird inzwischen nicht mehr empfohlen, da Silbernitrat das Kathetermaterial angreift (Kasper 2015).
  • ungewollte Gewichtszunahme durch Überwässerung
  • metabolische Störungen
  • eine Hyperkaliämie findet sich bei der Peritonealdialyse allerdings nur sehr selten, da die Dialysat- Lösungen kaliumfrei sind (Kasper 2015)

Therapie

Für die Peritonealdialyse wird ca. 2 Wochen vor Beginn der Dialyse chirurgisch, laparoskopisch oder perkutan mittels Seldinger- Technik ein Katheter in die Bauchhöhle implantiert (Geberth 2011).

Indikationen für eine APD:

  • Unselbständigkeit des Patienten wie z. B. bei Kindern, hilfsbedürftigen Erwachsenen oder älteren Menschen
  • Patientenpräferenz
  • weiterhin bestehende Berufstätigkeit des Patienten (hierbei wird bevorzugt die nachts durchgeführte APD eingesetzt)
  • nachlassende Ultrafiltration (wie z. B. bei dem durch den peritonealen Äquilibrationstest (PET) nachgewiesenen High- Transporter- Status) (Kuhlmann 2015)
  • inadäquate Clearances an der kontinuierlichen ambulanten Peritonealdialyse (CAPD)
  • Komplikationen bei der CAPD durch erhöhten intraperitonealen Druck (Vychytil 2005)
  • Patienten mit infektiösen Erkrankungen wie z. B. Hepatitis C, HIV etc. (Hepp 2009)

Vorteile einer APD:

  • die Gefahr einer Peritonitis ist bei der APD geringer als bei anderen Formen der Peritonealdialyse
  • Steigerung der Lebensqualität durch z. B. soziale Integration, weiterhin mögliche Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch
  • die Dialyseeffektivität wird gesteigert
  • ebenso findet sich eine Steigerung der Ultrafiltration
  • der intraabdominelle Druck wird reduziert (Fusshoeller 2006)
  • durch die Dialyseflüssigkeit kommt es seltener zu Unwohlsein (Moor 2018)

Nachteile einer APD:

  • es kommt bei der APD zu einem rascheren Nachlassen der Restausscheidung
  • ein höherer apparativer, personeller und logistischer Aufwand ist erforderlich
  • dadurch entstehende höhere Kosten
  • geringere peritoneale Entfernung von Natrium und Phosphat (Moor 2018)
  • spätes Erkennen einer Peritonitis (Fusshoeller 2006), da es durch höhere Dialysatmengen und – umsätze zu einer Verdünnung der Leukozyten kommt und somit die Trübung des Dialysats schlechter erkennbar ist (Geberth 2011)
  • höhere kardiale Belastung als bei der CAPD
  • mitunter klagen die Patienten bei nächtlichem Dialysatwechsel über Schlafprobleme (Moor 2018)

Kontraindikationen der Peritonealdialyse sind z. B.:

  • bestehende Erkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für eine Peritonitis aufweisen
  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
  • COPD
  • nicht kurierbare Hernien
  • Eiweißmangel
  • Psychosen (Herold 2020)
  • anamnestisch bekannte Divertikulitis
  • Körpergewicht > 90 kg
  • Mangel an hygienischem Verhalten
  • Schwierigkeiten bei der Materiallagerung (z. B. durch beengte Wohnverhältnisse)
  • Colostoma
  • Nephrostoma
  • hoher renaler Eiweißverlust mit Malnutrition
  • zahlreiche Voroperationen mit Verwachsungsbauch
  • sehr große Zystennieren (Hepp 2009)

Durchführung der häuslichen PD: Der Patient verbindet sich vor der Nachtruhe über den PD- Katheter mit dem Cycler, der während der achtstündigen Nachtruhe zu den vorprogrammierten Ein- und Auslaufzeiten den mehrmaligen Dialysataustausch vollzieht.
Es ist während dieser Zeit ein Dialysataustausch von bis zu 20 l möglich, i. d. R. beträgt die Austauschmenge aber lediglich 10 l. (Gebert 2011)

Das Dialysat selbst besteht häufig aus glukosehaltigen Lösungen mit einer niedrigen Konzentration von Glukoseabbauprodukten, sog. Glucose Degradation Products = GDPs (Herold 2020). Bei der APD benutzt man bevorzugt pH-neutrale Dialysat-Lösungen, da diese den Azidoseausgleich und den Dialysateinlaufschmerz verbessern (Vychytil 2005).

Das Peritoneum stellt mit einer Austauschfläche von ca. 1m2 die semipermeable Membran dar. (Herold 2020)

Qualitätsindices der PD- Behandlung: Bei einer APD sollten in regelmäßigen Abständen (s. w. u.) Funktionstests erfolgen. Dazu zählen der Peritoneale Äquillibrationstest und die Bestimmung der renalen Restfunktion:

1. Peritonealen Äquillibrationstest: Die peritonealen Transporteigenschaften sollten regelmäßig mit Hilfe des sog. kombinierten modifizierten peritonealen Äquillibrationstests (PET) überprüft werden. Laut Empfehlung erstmals 4 Wochen nach Therapiebeginn, anschließend 1 x jährlich (Herold 2020) und zusätzlich nach jeder stattgehabten Peritonitis (Kasper 2015). Der Test erfolgt mit einer 3,68 %- igen Glukoselösung. Hierbei werden die Ultrafiltrationseigenschaften des Peritoneums, der Natrium- Sieving und der freie Wassertransport untersucht. Eine Abnahme des Natrium- Sievings und des freien Wassertransports sind derzeit die besten verfügbaren Parameter zur Früherkennung einer enkapsulierenden Peritonealsklerose (EPS). Ein Marker für die peritoneale Fibrose ist die Abnahme des freien Wassertransports (Haag- Weber 2017).

2. Bestimmung der renalen Restfunktion: Bei Patienten mit bestehender Urinausscheidung sollte mindestens halbjährlich (Herold 2020) die renale Restfunktion bestimmt werden, da diese nicht unerheblich zur Entgiftung und Entwässerung beiträgt. Da die renale Restfunktion mit der Mortalität des Patienten invers korreliert, sollten alle Maßnahmen zur Erhaltung der Nierenfunktion erfolgen. Dazu gehören:

  • Vermeidung höherer Dosen nicht steroidaler Antiphlogistika
  • Vermeidung nephrotoxischer Antibiotika wie z. B. Cephalosporine, Penicillamin, Sulfonamide u. a. [Weckmann 2019])
  • Vermeidung großer Dosen Kontrastmittel (Haag- Weber et al. konnten in einer Studie nachweisen, dass geringe Mengen Kontrastmittel zu keiner nennenswerten Beeinträchtigung der renalen Restfunktion führen) (Kuhlmann 2015)

Prognose

Mortalität: Die Peritonealdialyse (PD) weist in den ersten 2 – 3 Jahren - verglichen mit der Hämodialyse (HD) - eine geringere Mortalität auf, bei einer Langzeit- PD liegt die Mortalität im Vergleich zur HD jedoch höher. Zur Verringerung der Mortalität wurde das sog. Konzept des „integrated care“ entwickelt, bei dem initial die Peritonealdialyse angewandt und später auf die HD gewechselt wird (Herold 2020).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Fusshoeller A (2006) Therapiemodalitäten der Peritonealdialyse. Nephro Update Compact. Heinrich- Heine- Universität Düsseldorf
  2. Geberth S et al. (2011) Praxis der Dialyse nach den Leitlinien NKF KDOQITM, KDIGO, EDTA, DGfN. Springer Verlag 175 - 213
  3. Gokal R et al. (2000) Textbook of Peritoneal Dialysis. 2nd Edition Springer Verlag 436 - 452
  4. Hepp W et al. (2009) Dialyseshunts: Grundlagen – Chirurgie – Komplikationen. Steinkopff Verlag 48 - 62
  5. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 645
  6. Hörl W H et al. (2004) Dialyseverfahren in Klinik und Praxis: Technik und Klinik. Thieme Verlag 99 – 102
  7. Jiang L et al. (2012) Tidal versus other forms of peritoneal dialysis for acute kidney injury. Cochrane Library Systematic Review. https://doi.org/10.1002/14651858.CD007016.pub2.
  8. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1824 - 1825
  9. Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2243 - 2244
  10. Keller C K et al. (2010) Praxis der Nephrologie. Springer Verlag 250 - 262
  11. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 713 – 756
  12. Moor V (2018) Effektivität und Verlauf der peritonealen und renalen Natrium- und Phosphat-Elimination bei Peritonealdialyse-Patienten an der Universitätsklinik Tübingen. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Eberhard Karls Universität zu Tübingen
  13. Vychytil A (2005) Automated peritoneal dialysis – recent aspects. Wiener klinische Wochenschrift (117) 98 - 108
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Zuletzt aktualisiert am: 20.10.2020