Trichophyton tonsurans

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 01.09.2024

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Synonym(e)

Tinea gladiatorum; Tinea tonsurans

Erstbeschreiber

Malmsten, 1845

Allgemeine Definition

Humanpathogener, anthropophiler Dermatophyt mit besonderer Affinität zum Haar. Früher besonders als Erreger der "Tinea corporis gladiatorum" im Kampf- und Fitnesssport verbreitet.

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit verbreitet. In Europa spielte T tonsurans als Auslöser der Tinea capitis zunächst eine eher untergeordnete Rolle, während der Erreger in den USA, der Karibik und später auch in Großbritannien zur Hauptursache der Tinea capitis bei Kindern wurde (Abdel-Rahman SM et al. 2012; Fuller LC et al. 2014). 

Bei Ringern in den USA, dem Iran und der Türkei schwankt die Prävalenz der „Tinea gladiatorum“ zwischen 2,4 % und 90,62 % (Durchschnitt 34,29 %) (Kermani F et al. (2020).

In Mitteleuropa wird seit eingen Jahren ein Rückgang der früher vorherrschenden Erreger Microsporum (M) canis und M audouinii zugunsten von T tonsurans beobachtet. Insbesondere bei Patienten mit westafrikanischem Migrationshintergrund wurde eine Zunahme von Infektionen mit T tonsurans beschrieben, obwohl T tonsurans in Westafrika nicht die vorherrschende Ursache der Tinea capitis ist (Gits-Muselli M et al. 2017). Dies führte zu der Annahme, dass eine Infektion außerhalb der Heimatländer stattgefunden haben muss.

Nach wie vor ist es jedoch noch unklar, warum die Gesamtprävalenz von T tonsurans zunimmt. Inwieweit Mutationen des Erregers mit einer Steigerung der Virulenz eingetreten sind, ist strittig (Gits-Muselli M et al. 2017; Gupta AK et al. 2018).

Neuerdings werden  in Mitteleuropa vermehrt Infektionen beobachtet bei denen eine mögliche Übertragung von Trichophyton tonsurans durch kontaminierte Haarschneidegeräte wahrscheinlich sind. Hierbei könnten die Rasur mit ihrem hohen Potenzial für Mikrotraumata als Eintrittspforte für den Erreger dienen und bei kontaminierten Geräten zu einer erhöhten Inzidenz von Tinea capitis oder barbae führen.

Manifestation

Bei Erwachsenen und Kindern gleichermaßen auftretend.

Klinisches Bild

S.u. Tinea, Tinea corporis, Tinea capitis, Tinea capitis superficialis, Tinea barbae, Tinea unguium. Meist solitäre, gerötete, entzündliche, fein schuppende Plaques am Stamm, den Extremitäten, den Nägeln oder am Kapillitium. Befall der Haare am Kopf einschließlich des Haarschaftes (Endothrixinfektion). Meist Abbrechen der Haare oberhalb des Hautniveaus.
In einer größeren Studie betrug das Durchschnittsalter bei Trichophyton-tonsurans-Infektionen 20,1 Jahre (±3,1), wobei die Männer (98,2 %) in der Überzahl waren. Die Tinea capitis T. tonsurans trat mehrheitlich im Bereich des Hinterkopfes auf (87,6 %). In 78,9 % der Fälle war die Kopfhautmanifestation nicht entzündlich (schuppige Plaques und Papeln: 76,1 % und seborrhoische Erscheinungen: 2,8 %). 21,1 % der Fälle wiesen eine entzündliche Tinea capitis auf (21,1 %; Kerion: 10,1 % und pustulös: 11 %).

Eine gleichzeitige Beteiligung anderer Bereiche als der Kopfhaut war häufig: Tinea corporis wurde in 38,7 % der Fälle beobachtet; Tinea faciei und barbae in 24,3 %; Nacken und vorderer Hals in 76,6 % bzw. 2,7 % der Fälle (Galili E et al. 2023).  

Mikroskopie

Makrokonidien: Selten, plump, pleomorph, farblos, glattwandig, 2-6 Kammern.

Mikrokonidien: Zahlreich; insbes. in der Randzone lokalisiert, vielgestaltig, überwiegend länglich bis pyriform, Länge: 3-10 μm, Breite: 1,5-5 μm, gestielte Ansätze an den Hyphen, meist botrytisförmig an den Hyphen angeordnet.

Chlamydosporen: Sehr zahlreich; insbes. im mittleren Teil des Thallus lokalisiert, haufenförmige lockere Anordnung, selten Raketthyphen oder Spiralhyphen.

Therapie

Nach Bestätigung der Diagnose Tinea capitis/barbae sollte eine orale antimykotische Therapie mit Terbinafin 250 mg oder gewichtsadaptiert mit Terbinafin 125 mg einmal täglich für mindestens 28 Tage eingeleitet werdenb. Eine unterstützende Lokaltherapie mit ciclopiroxolaminhaltiger Lösung, Creme und/oder Shampoo ist sinnvoll.

Die Therapie mit Terbinafin erfolgte in Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland keine systemische, antimykotische Therapie im Kindesalter zugelassen ist. Die Eltern wurden ausführlich über Anwendung und Nebenwirkungen der Therapie aufgeklärt. Zwei Patienten mit geringem Ansprechen auf Terbinafin erhielten anschließend eine Therapie mit Itraconazol 100 mg für 3 Tage und dann einmal wöchentlich.

Alle Patienten sind über Hygienemaßnahmen zur Infektionsprophylaxe aufzuklären (u.a. einmalige Verwendung von Handtüchern, Desinfektion von häufig benutzten Bürsten).

Bei komplikativer bakterieller Überlagerung sind zusätzliche systemische Antibiotika, entweder mit Ampicillin/Sulbactam oder Clindamycin empfehlenswert.

Hinweis(e)

In Europa spielte T tonsurans als Auslöser der Tinea capitis zunächst eine eher untergeordnete Rolle, während der Erreger in den USA, der Karibik und später auch in Großbritannien zur Hauptursache der Tinea capitis bei Kindern wurde (Abdel-Rahman SM et al. (2012) The prevalence of infections with Trichophyton tonsurans in schoolchildren: the CAPITIS study. Pediatrics 125: 966-973; Fuller LC et al. (2014) British Association of Dermatologists' guidelines for the management of tinea capitis 2014. Br J Dermatol171: 454-463.

Bekannte und analysierte Typ-I-Allergene bei Trichophyton tonsurans

  • Tri t 1
  • Tri t 4 Serine protease

Literatur
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  1. Abdel-Rahman SM et al. (2012) The prevalence of infections with Trichophyton tonsurans in schoolchildren: the CAPITIS study. Pediatrics 125: 966-973.
  2. Adams BB (2002) Tinea corporis gladiatorum. J Am Acad Dermatol 47: 286-290
  3. Altindis M (2003) Prevalence of tinea capitis in primary schools in Turkey. Mycoses 46: 218-221
  4. Fuller LC et al. (2014) British Association of Dermatologists' guidelines for the management of tinea capitis 2014. Br J Dermatol171: 454-463.
  5. Galili E et al. (2023) Tinea capitis caused by Trichophyton tonsurans among adults: Clinical characteristics and treatment response. Mycoses 66:144-149.

  6. Gits-Muselli M et al. (2017) Continuous increase of Trichophyton tonsurans as a cause of tinea capitis in the urban area of Paris, France: a 5-year-long study. Med Mycol 55: 476-484.

  7. Gupta AK et al. (2018) Tinea capitis in children: a systematic review of management. J Eur Acad Dermatol Venereol 32: 2264-2274.
  8. Kermani F et al. (2020) Tinea gladiatorum and dermatophyte contamination among wrestlers and in wrestling halls: a systematic review and meta-analysis. Curr Microbiol 77: 602-611.
  9. Kolivras A (2003) Tinea capitis in Brussels: Epidemiology and New Management Strategy. Dermatology 206: 384-387
  10. Mohrenschlager M et al. (2001) Tinea capitis of childhood: incidence and pathogenetic role of Trichophyton tonsurans in Central Europe. J Am Acad Dermatol 45: 320-321
  11. Müller VL et al. (2021) Tinea capitis et barbae caused by Trichophyton tonsurans: A retrospective cohort study of an infection chain after shavings in barber shops. Mycoses 64:428-436.

  12. Ravenscroft J (2000) Trichophyton tonsurans tinea capitis and tinea corporis: treatment and follow-up of four affected family members. Pediatr Dermatol 17: 407-409
  13. Tietz HJ (2000) Results of the first dermatomycoses quality control study in Germany. Mycoses 43: S63-S67

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