Phrynoderm E50.83

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 17.09.2022

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Synonym(e)

Hyperkeratosis follicularis bei Avitaminose A; Hyperkeratosis follicularis durch Avitaminose A; Hyperkeratosis follicularis metabolica; Hypovitaminosis A; Krötenhaut; phrynoderma; Phrynodermie; Vitamin A deficiency.; Vitamin A-Mangel

Erstbeschreiber

Nicholls L 1933 

Definition

In Europa und den USA seltene, chronische follikuläre Verhornungsstörung, die v.a. in Afrika und Asien beobachtet wird. In Europa nach Bypass-Operationen wegen Adipositas. Selten während chronischer Dialyse bei terminaler Niereninsuffizienz, bei M. Crohn oder bei dauerhaften, inadäquaten Vitamin A- und B-defizitären Diäten. Auch bei Alkoholerkrankung (s.a. Malassimilationssyndrom). 

Ein Phrynoderm kann jedoch auch entstehen, wenn ein Patient eine kalorienreduzierte Diät (< 700 kcal/d) einhält und Gemüse, Obst und Fette strikt meidet. Das Risiko einer Mangelernährung besteht bei Patienten, denen eine strenge Gewichtsabnahme verordnet wurde, und denjenigen, die sich möglicherweise in einem malabsorptiven Zustand befinden, wie z. B. Patienten, die sich einer bariatrischen Operation unterzogen haben. Diesen Patienten sollte eine ausgewogene Ernährung empfohlen werden, die reich an den Vitaminen A, B, C und E ist, darunter Lebensmittel wie gelbes Gemüse, grünes Blattgemüse, Karotten, Vollmilchprodukte, Eier, Fisch und Öle (z. B. Fischleberöl, Sojaöl, Distelöl, Sonnenblumenöl, Maisöl, Palmöl, Baumwollsamenöl) sowie unverarbeitete Getreidekörner und Nüsse.

Vorkommen/Epidemiologie

m:w=2:1

Ätiopathogenese

Bei den Läsionen handelt es sich typischerweise um trockene, harte, pigmentierte Papeln mit einem 0,2-0,5 cm großen zentralen intrafollikulären keratotischen Pfropf, der von den Haarfollikeln in Form von hornigen Stacheln absteht, die an Krötenhaut erinnern. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Phrynodermie und Vitamin-A-Mangel ist jedoch umstritten. Einige Berichte deuten darauf hin, dass diese Erkrankung sekundär zu einer allgemeinen Unterernährung oder einem Mangel an essenziellen Fettsäuren auftreten kann. Nachtblindheit im Zusammenhang mit Phrynodermie ist selten, kann jedoch assoziativ auftreten (s. Fallbereicht-Raveendra MS et al. 2010). Auch ein Zusammenhang mit Vitamin B-Komplex Defizienz ist möglich. Bemerkenswert ist das Auftreten eines Phrynoderms im Zusammenhang mit einer chronischen Giardiasis (Girard C et al. (2006) Vitamin a deficiency phrynoderma associated with chronic giardiasis. Pediatr Dermatol 23:346-349). 

 

Manifestation

Erstmanifestationsalter in einer größeren Studie bei 5-30 Jahren, im Mittel bei 12-15 Jahren.  

Lokalisation

Streckseiten der Extremitäten (Bild einer inflammatorischen Keratosis pilaris) mit Knie und Ellenbogen, Abdomen, Rücken, Gesäß. Gesicht meist frei. Handflächen und Fußsohlen bleiben stets frei (keine Follikel!).

Klinisches Bild

Follikuläre, spinuläre oder flach keratotische, hautfarbene, pigmentierte oder inflammatorische Papeln, bei Vitamin A-Mangel mit trockener, schlaffer, gefälteter und aschgrauer Haut. Die follikulären Keratosen hinterlassen nach Abheilung kleinste weiße Narben (PIts).   

S.a. AvitaminoseBitot-FleckeAlkohol und Hautveränderungen.

Therapie

Substitution mit Vit. A 3.000-10.000 IE/Tag p.o. Blande, fettende Pflege der Haut (z.B. Basiscreme (DAC), Linola Creme, Asche Basis Salbe, Eucerin cum aqua).

Fallbericht(e)

Raveendra MS et al. (2010) berichteten über einen dreijährigen Patienten, der sich mit Nachtblindheit vorstellte und bei dem die für Phrynodermie typischen Hautveränderungen festgestellt wurden. Beide Erkrankungen klangen unter einer Vitamin-A-Therapie vollständig ab, was auf eine ursächliche Rolle von Vitamin A hindeutet. Die okulären Manifestationen eines Vitamin-A-Mangels werden als Xerophthalmie bezeichnet, wobei die früheste Manifestation die Nachtblindheit ist. Andere Erscheinungsformen sind konjunktivale Xerose, Bitot-Flecken, Hornhaut-Xerose, Keratomalazie und Hornhautvernarbung.

Di Stefani A et al. (2007) berichteten über einen 23-Jährigen mit einer 8-monatigen Vorgeschichte von stark juckenden Läsionen am Rumpf und an den Streckseiten seiner Extremitäten in unsere Klinik überwiesen. Etwa 4 Monate vor dem Auftreten der Läsionen hatte der Patient eine selbst verordnete Diät zur Gewichtsabnahme begonnen, bei der er unter anderem auf grünes Blattgemüse, frisches Obst, Öle und Eier verzichtete. Im Jahr vor der Vorstellung war sein Gewicht von 122 kg (Body Mass Index 36,8 kg/m2) auf 95 kg (Body Mass Index 28,7 kg/m2) gesunken. Die klinische Untersuchung ergab multiple keratotische, stachelige Papeln und eine diffuse Xerose der Haut

Beide Patienten waren ansonsten gesund, ohne Anomalien der Schleimhäute, der Augen oder des Körpers. Die Ergebnisse der routinemäßigen Laboruntersuchungen lagen alle im Normalbereich; allerdings wiesen beide Männer einen Mangel an mehreren Vitaminen und Mineralstoffen auf. Der Vitamin-A-Spiegel des ersten Patienten lag bei 0,42 (normal 0,70-2,09) μmol/L, sein Vitamin-E-Spiegel bei 10 (normal 12-42) μmol/L und sein Zinkspiegel bei 8,4 (normal 12,2-24,5) μmol/L. Der zweite Patient hatte ebenfalls einen niedrigen Vitamin-A- (0,52 μmol/L) und Vitamin-E-Spiegel (9 μmol/L) sowie einen Mangel an essenziellen Fettsäuren (Verhältnis von Tri- zu Tetraensäure 0,5 /normal < 0,4). Die histologische Untersuchung der Hautbiopsien beider Patienten ergab eine fokale Hyperparakeratose, unregelmäßige Akanthose und erweiterte Haarfollikel, die mit Keratinpfropfen gefüllt waren .

Zu den klinischen Differentialdiagnosen gehörten in beiden Fällen Phrynoderm, Prurigo nodularis, follikulärer Lichen planus und Morbus Kyrle. Bei beiden Patienten wurde eine Phrynodermie aufgrund von fehlerhafter Ernährung diagnostiziert, und sie erhielten topische keratolytische Salben (Harnstoff 10-30 %) und eine ausgewogene Kalorienzufuhr (1500-2000 kcal/d) mit Nahrungsergänzungsmitteln. Zu diesen Nahrungsergänzungsmitteln gehörten Vitamin A (50 000 U/d für 1 Monat, dann 5000 U/d für 2 Monate), Vitamin E (Alpha-Tocopherol 300 mg/d) und Vitamin B-Komplex (Thiamin 3 mg/d, Nicotinamid 30 mg/d, Riboflavin 1 mg/d, Calciumpantothenat 1 mg/d, Pyridoxinhydrochlorid 0,5 mg/d, Cyanocobalamin 5 mg/d) sowie Vitamin C (500 mg/d) und essentielle Fettsäuren (Distelöl 5 ml/d). Bei beiden Patienten kam es innerhalb von 3-6 Monaten zu einer vollständigen Rückbildung der follikulären Papeln.

 

Literatur
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  1. Abad L et al. (2014) Phrynoderma After Biliopancreatic Diversion. Actas Dermosifiliogr doi:10.1016/j.ad.2014.08.009
  2. Bleasel NR et al. (1999) Vitamin A deficiency phrynoderma: due to malabsorption and inadequate diet. J Am Acad Dermatol 41: 322-324
  3. Cobos G et al. (2013) Phrynoderma in a Patient with Crohn's Disease. Pediatr Dermatol doi: 10.1111/pde.1226
  4. Di Stefani A et al. (2007) Phrynoderma: a cutaneous sign of an inadequate diet. CMAJ 177:855-856
  5. Girard C et al. (2006) Vitamin a deficiency phrynoderma associated with chronic giardiasis. Pediatr Dermatol 23:346-349.
  6. Maronn M et al. (2005) Phrynoderma: a manifestation of vitamin A deficiency?... The rest of the story. Pediatr Dermatol 22:60-63.
  7. Nakjang Y et al. (1988) Phrynoderma: a review of 105 cases. J Dermatol 15: 531-534
  8. Nicholls L (1933) Phrynoderma: A condition due to vitamin deficiency Indian Med Gazette 68:681–687
  9. Raveendra MS et al. (2010) Phrynoderma und Nachtblindheit. Indian Journal of Ophthalmology 58:175-176
  10. Vogl A et al. (2005) Skin and alcohol. J Dtsch Dermatol Ges 3: 788-790
  11. Sharma V et al. (2011) Phrynoderma in a patient with megaloblastic anemia. Indian J Ophthalmol 59:72-73

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