Patientenrechtegesetz

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 16.09.2014

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Allgemeine Information

 

Dokumentationspflicht des Arztes

Das Ende Februar 2013 in Kraft gesetzte Patientenrechtgesetz hat mit der Kodifikation des Behandlungs- und Arzthaftungsrechts auch die ärztliche Dokumentation im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Nach § 630f Absatz 1 BGB ist der Behandelnde verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen".

Art und Inhalt sowie Umfang der Dokumentation bestimmen sich nach ihrem Zweck. Die Dokumentation dient primär dem therapeutischen Interesse des Patienten sowie der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Behandlung und hat in „unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung“ oder dem Eingriff zu erfolgen. Nach der gesetzlichen Begründung dient dies der „Vermeidung von Unrichtigkeiten“. Die Rechtsprechung hat bisher nach den Umständen des Einzelfalls 2 – 14 Tage für zulässig gehalten (eine Verzögerung von > 2 Wochen oder gar Monaten wäre hingegen in jedem Fall problematisch). Nachträgliche Änderungen, Berichtigungen und Ergänzungen der Dokumentation sind kenntlich zu machen. Ursprüngliche Einträge müssen sichtbar bleiben, d. h. das gänzliche Löschen ist nicht zulässig. Ziel dieser gesetzlichen Änderung ist nach der Begründung des Gesetzgebers eine „fälschungssichere Organisation der Dokumentation“.

Inhalt der Dokumentation

Die ärztliche Dokumentationspflicht erstreckt sich nur auf Umstände, die für die Diagnose und Therapie nach medizinischem Standard wesentlich sind. In § 630f Absatz 2 BGB heißt es dazu: „Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungs-ergebnisse, Befunde, Therapien und Wirkungen, Eingriffe und Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.“ Zwar gab es bislang keine explizite Pflicht, die Einwilligung und Aufklärung des Patienten in die Patientenakte aufzunehmen. Dies wurde aber in der Vergangenheit schon zu Beweiszwecken empfohlen. Unverändert gilt: Einer ordnungsgemäßen Dokumentation kommt zugunsten der Behandlungsseite „Indizwirkung“ zu: Ist die Dokumentation äußerlich ordnungsgemäß und bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit begründen könnten, so ist bei der Beurteilung, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, der dokumentierte Behandlungsverlauf zugrunde zu legen.

Aufbewahrungsfrist

Die Aufbewahrungsfrist – bislang im Arzthaftungsrecht nicht einheitlich geregelt – beträgt nunmehr „10 Jahre nach Abschluss der Behandlung, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen“ (§ 630f Absatz 3 BGB).

Einsichtsrecht in die Patientenakte

Der Patient hat gegenüber dem Arzt  und dem Krankenhaus grundsätzlich auch außerhalb eines Rechtsstreits Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen. Grundlage ist das Selbstbestimmungsrecht des Patienten (Art. 2 GG). Entsprechend formuliert der Gesetzgeber in § 630 Abs.1 BGB „dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige Rechte Dritter entgegenstehen". Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.“ Wie bisher kann der Patient – auf eigene Kosten – „elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen“ (§ 630g Absatz 2 BGB).

Beweisrechtliche Konsequenzen

Das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und der Kausalzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem eingetretenen Primärschaden sind grundsätzlich vom Patienten zu beweisen. Wird gegen die Dokumentationspflicht verstoßen, führt die Vermutung – in Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung – dazu, dass die dokumentationspflichtige Maßnahme als unterblieben anzusehen ist. Dementsprechend heißt es nun in § 630h Absatz 3 BGB: „Hat der Behandelnde eine medizinisch gebundene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 und Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahmen nicht getroffen hat.“ Die Vermutung erstreckt sich aber nicht ohne weiteres darauf, dass die unterbliebene Maßnahme den Gesundheitsschaden verursacht hat. Dem Arzt verbleibt die Möglichkeit, das vermutete Versäumnis zu widerlegen und das Gegenteil zu beweisen.

 

 

 

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