Myxödem prätibiales E03.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Basedow-Dermatopathie; Elephantiasic pretibial myxedema; Infiltrative Dermatopathie; Localized myxedema (engl.); Myxoderma tuberosum praetibiale; Myxodermia circumscripta symmetrica praetibiale; Myxoedema circumscriptum symmetricum praetibiale; Myxoedeme circonscrit; Myxoedeme lichenoide; Myxoedeme pretibial thyrotoxique; Myxoedeme tubereux; Myxoedem prätibiales; Myxoedem zirkumskriptes prätibiales; Myxoederma circumscriptum thyreotoxicum; Prätibiales Myxödem; Prätibiales Myxoedem; pretiabial myxedema (emgl.); Zirkumskriptes prätibiales Myxoedem

Definition

Prätibiale (seltener auch im Bereich der Unterarme oder der Schultern) Einlagerungen von Glukosaminglykanen in Kutis und Subkutis bei einer zugrundeliegenden Schilddrüsenfunktionsstörung (meist bei Hyperthyreose, v.a. bei Immunogener Hyperthyreose vom Basedow-Typ.

 

Ätiopathogenese

Wie bei der endokrinen Orbitopathie (Basedow-Endokrinopathie) kommt es zu einer Steigerung der Synthese von Hyaluronsäure durch Fibroblasten im subkutanen Gewebe der prätibialen Regionen. Der TSH-R wird als Zielantigen bei der Basedow-Dermatopathie in Betracht gezogen. Schilddrüsenhormonrezeptoren wurden in Hautfibroblasten, Talgdrüsen, glatten Muskelzellen und Schwann-Zellen gefunden. Ähnlich wie bei der Basedowsche Orbitopathie geht diese seltene Manifestation mit hohen TSHRAbs-Titern einher und ist durch eine große Menge von Glykosaminoglykanen gekennzeichnet, die im retikulären Teil der Dermis verteilt sind. Eine TSH-R-Immunreaktivität wurde im Präputium von Patienten mit Basedow-Dermatopathie nachgewiesen.

Bei einzelnen Fällen fehlt ein endokrinologischer Bezug. 

Manifestation

Bei Patienten mit immunogener Hyperthyreose (Morbus Basedow/Graves disease). Auch bei Hashimoto Thyreoiditis, nach Thyreoidektomie oder nach Behandlung mit Thyreostatika.

f>m; vorzugsweise bei Patienten >35 LJ 

1-5% der Patienten mit M. Basedow erkranken an einem prätibialen Myxödem, sowie etwa 25% der Patienten mit Exophthalmus.

Lokalisation

Symmetrisch an den Unterschenkelstreckseiten.

Klinisches Bild

Umschriebene prätibiale, gelblich-bräunliche oder weißlich-graue, feste, schwer oder nicht eindrückbare, ansonsten symptomlose Schwellungen, die meist als dermatologische Teilsymptome des M. Basedow (= Graves`disease) auftreten. Häufig  durch Einziehungen der Follikelostien, apfelsinenschalenartiger Oberfläche. Das prätiabiale Ödem kann auch bei Hashimoto Thyreoiditis, aber auch ohne erkennbare Schilddrüsenekrankungen auftreten.

Selten ist eine Akropachie (keulenförmige Auftreibung der Finger- oder Zehenendglieder). Teigige Schwellungen können auch an den Unterschenkelrückseiten, im Gesicht und der Schulterregion auftreten. Bei etwa 10% der Patienten tritt eine Onycholyse (häufig Ringfinger) auf.   

Bei längerem Bestand auch  Elephantiasis-artige Anschwellungen der gesamten Unterschenkel. Diese sind meist mit einer verrukösen epidermalen Hyperplasie mit Hyperkeratosen, Juckreiz und Hypertrichose verbunden.

Seltener können Myxödeme auch im Gesicht, Schultern und den oberen Extremitäten auftreten (s.u. Myxoedem zirkumskriptes).

Histologie

Die Epidermis ist leicht akanthotisch; orthokeratotische oder orthohyperkeratotische Verhornung. Massive Muzindepots in der mittleren und tiefen Dermis; diese erscheinen im HE-Schnitt als optisch leere Räume (Fixierungsartefakt), zwischen auseinander gedrängten kollagenen Faserbündeln (Nachweis des Muzins gelingt am besten in der Alcianblau-Färbung). Fibroblasten nur gering vermehrt. Geringes diffuses oder perivaskuläres lymphozytäres Infiltrat. In vereinzelten Fällen finden sich Veränderungen die an ein spindelzelliges Lipom erinnern (Bolton E et al. 2022).

Therapie

Die Behandlung ist schwierig. Relativ gute Erfolge werden durch eine konsequente  Kompressionstherapie erzielt (insbes. segmentale Kompression; s.u. Lymphdrainage).

Bei mäßigem oder ausbleibendem Erfolg Glukokortikoidkristallsuspension wie Triamcinolon (z.B. Volon A verdünnt 1:1 mit LA wie Scandicain), externe potente Glukokortikoide unter Okklusion wie Clobetasol (z.B. Dermoxin Creme), ggf. operative Entfernung des störenden Gewebes. Nach Absetzen der Therapie kommt es häufig zu Rezidiven.

Erfolgsversprechend (und als therapeutische Option empfehlenswert), erwies sich in einer Kasuistik die lokale Radiotherapie (Elsayad K et al. 2015). 

Spontanheilungen können auftreten (durchschnittlich nach 3,5 Jahren).

Von der Plasmapherese werden unterschiedlich gute Resultate berichtet.

Interne Therapie

Behandlung der Hyperthyreose durch Internisten. Bei ausbleibendem Erfolg lokaler Therapie ggf. Versuch mit systemischen Glukokortikoiden, wie Prednisolon (z.B. Decortin H) in mittlerer Dosierung.

Verlauf/Prognose

Teilweise Rückbildung bei Normalisierung der Schilddrüsen- bzw. Hypophysenfunktion, Rezidivneigung.

Hinweis(e)

Die Bezeichnung "prätibiales Myxödem" ist ein verwirrender Begriff, da "Myxödem" auf eine Hypothyreose hinweist. 

 

Fallbericht(e)

Ein 72-jähriger äthiopischer Patient mit einem sehr seltenen Fall eines durch Biopsie nachgewiesenen prätibialen Myxödems in einem euthyreoten Zustand ohne Vorgeschichte einer Schilddrüsenerkrankung und ohne Schilddrüsen-Autoimmunmarker. Die Hautläsion bildete sich nach topischer Anwendung von Kortikosteroiden zurück. (s.Abb./Ambachew R et al. 2021)

Literatur
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  1. Ambachew R et al. (2021) Pretibial myxedema in a euthyroid patient: a case report. Thyroid Res 14:4.
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  4. Bolton E et al. (2022) Localized myxedema histologically mimicking spindle cell lipoma. Dermatol Online J 28.
  5. Cho S et al. (2001) Graves' disease presenting as elephantiasic pretibial myxedema and nodules of the hands. Int J Dermatol 40: 276-277
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  8. Heise P et al. (1992) Myxoedema circumscriptum symmetricum praetibiale. Dermatol Mon 178: 205–206
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  15. Susser WS et al. (2002) Elephantiasic pretibial myxedema: a novel treatment for an uncommon disorder. J Am Acad Dermatol 46: 723-726

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