Imiquimod

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Dr. med. Lucian Cajacob

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Zuletzt aktualisiert am: 16.07.2025

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Synonym(e)

1-(2-Methylpropyl)-1,H-imidazo(4,5-c)chinolin-4-amin

Definition

Imidazo-Chinolin-Derivat mit topisch immunmodulierender, antiviraler, tumorhemmender Wirkung. Imiquimod wurde von 3M Pharmaceuticals Saint Paul in den USA entwickelt. Imiquimod wurde ursprünglich als Nukleosidanalogon entwickelt bei der Suche nach neuen Medikamenten gegen Herpesviren. Es wurde erstmals im Februar 1997 von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) für die topische Behandlung von anogenitalen Warzen bei Patienten ab 12 Jahren zugelassen und später (im Jahr 2004) für oberflächliche Basalzellkarzinome (sBCC) und aktinische Keratosen (AK).

 

Pharmakodynamik (Wirkung)

Trotz umfangreicher Untersuchungen zum Wirkmechanismus von Imiquimod ist dieser aufgrund seiner pleiotropen Wirkungen auf eine Vielzahl von Krankheiten noch unklar. Imiquimod ist ein synthetischer Toll-like-Rezeptor (TLR)-Agonist und wirkt so "immunmodulierend".

Imiquimod aktiviert das NLRP3-Inflammasom (s.u. Inflammasom), das auf zellulären Stress und Gewebeschäden regiert (Groß C 2016). Imiquimod aktiviert die Toll-like-Rezeptoren 7 und 8  auf den dendritischen Zellen, Makrophagen und Monozyten. Die Stimulation dieser Rezeptoren löst eine proinflammatorische Reaktion aus mit einer Synthese von IFN-alpha, TNF-alpha, der Interleukine 1, 6 und 8 und 12 sowie Chemokine wie CCL2, CCL3 und CCL4 erhöht. U.a. wird dabei die Phosphorylierung des Transkriptionsfaktors NF kappa B (kappa-Gene Enhancer Binding Protein) und von Transkriptionsfaktoren für Interferon stimuliert.

Darüber hinaus kann Imiquimod die erworbene Immunität verstärken, indem es plasmazytoide dendritische Zellen (pDCs) aktiviert, eine einzigartige Untergruppe von Immunzellen, die TLR7/9 stark exprimieren und für die Produktion von Typ-I-IFNs, nämlich IFN-alpha und IFN-β, verantwortlich sind. Die Wechselwirkung zwischen Imiquimod und TLR7 auf pDCs führt zur Aktivierung des TLR7/MyD88-Signalwegs und in der Folge zur robusten Produktion von Typ-I-IFNs, die für die angeborene Immunantwort sowie für das Th1-Polarisationsmuster unerlässlich sind.

Zusätzlich zum TLR-abhängigen Signalweg verstärkt Imiquimod nachweislich Entzündungsreaktionen durch Wechselwirkung mit Adenosinrezeptoren. Außerdem induziert Imiquimod in hohen Konzentrationen in vitro und in vivo durch Aktivierung des endogenen Signalwegs direkt Apoptose in Tumorzellen (Cantisani C et al. 2012).

Darüber hinaus ist die therapeutische Wirkung von Imiquimod teilweise auf seine antiangiogene Wirkung zurückzuführen. Die Produktion der IFNs, IL-10 und IL-12 führt zur Herunterregulierung einiger proangiogener Faktoren, zur Apoptose von vaskulären Endothelzellen und zur Hemmung der Gefäßbewegung und -invasion.

Indikation

Zugelassen zur topischen Behandlung von Condylomata acuminata (äußerliche Feigwarzen) im Genital- und Perianalbereich bei Erwachsenen.

Zugelassen zur topischen Therapie von aktinischen Keratosen und von kleinen superfiziellen Basalzellkarzinomen bei Erwachsenen. Die topische Behandlung ist eine geeignete Alternative zur chirurgischen Resektion bei superfiziellen Tumoren, insbesondere bei multiplen Rumpfhaut-Basalzellkarzinomen.

Die pleiotrope Wirkung von Imiquimod macht es zu einer wirksamen Behandlung für viele dermatologische Erkrankungen. Mit zunehmender Forschung wird Imiquimod zunehmend auch off-label zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt, wie beispielsweise Herpes simplex (Deza G et al. 2015). So wurde über klinische Erfolge (keine Zulassung) beim M. Bowen (Off-label-Use) berichtet. Weiterhin wurden in kleineren Studien Erfolge bei Mollusca contagiosa und bei therapieresistenten  Verrucae planae juveniles beschrieben. Einzelbeobachtungen existieren über die erfolgreiche Behandlung der Lentigo maligna (Off-label-Use) und des Plaque-Stadiums der Mycosis fungoides (Off-Label-Use).

Eingeschränkte Indikation

Schwangerschaft, Stillzeit.

Dosierung und Art der Anwendung

Imiquimod wird in zwei Konzentrationen, 5 % und 3,75 %, vermarktet, wobei die erstere häufiger verwendet wird. Für die 5% Imiquimod-Creme (Aldara) gilt folgende Anwendung: 3mal/Woche vor dem Schlafengehen in einer dünnen Schicht auftragen und 6-10 Std. auf der Haut lassen.

  • Beim superfiziellen Basalzellkarzinom: 5 Tage/Woche 1mal/Tag dünn auftragen und 8-10 Stunden belassen. Behandlung über insgesamt 6 Wochen. Zahlreiche Studien belegen die gute Abheilung (80%). Zurzeit wird die Imiquimod-Therapie aber noch nicht von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Ein Antrag auf Kostenübernahme im Vorfeld einer geplante Therapie beim Kostenträger ist empfehlenswert. Die topische Behandlung ist eine geeignete Alternative zur chirurgischen Resektion bei superfiziellen Tumoren, insbesondere bei multiplen Rumpfhaut-Basalzellkarzinomen.
  • Bei aktinischen Keratosen: Applikation 3mal/Woche über 4 Wochen an den betroffenen Stellen. Bei Bedarf weiterer Zyklus. In einer offenen Studie mit 829 Probanden wurde über eine Heilungsrate von 85,4% berichtet.
  • Condylomata acuminata: 3mal/Woche anwenden, für insgesamt 3-4 Wochen.
  • Für das 3,75% Imiquimod in Cremegrundlage (Zyklara) gilt für aktinische Keratosen folgende Anwendung:  1 Beutel der Creme wird 1x täglich abends flächig auf das Gesicht und/oder die unbehaarte Kopfhaut aufgetragen. Der erste Behandlungszyklus dauert 2 Wochen, danach folgt eine Therapiepause von 2 Wochen, anschließend  eine erneute Behandlungsphase von 2 Wochen (2 on – 2 off – 2 on). Sind die lokalen Hautreaktionen (evtl. auch die systemischen Nebenwirkungen), die meist am Ende der 2. und 6. Behandlungswoche auftreten können, nicht akzeptabel, kann vorübergehend unterbrochen werden. Die komplette Remission liegt 6 Monate nach Behandlungsende bei 67%.

Unerwünschte Wirkungen

Merke! Nach eigenen Erfahrungen treten trotz topischer Applikation nicht selten (5-10% der Patienten) Kopfschmerzen, grippeähnliche Symptome (Fieber) und Myalgien auf.

Außerdem: Erythem, Erosion, Exkoriation, Schuppenbildung und Ödeme in den Applikationsbereichen. Selten Induration, Ulzeration, Verschorfung und Bläschenbildung. In einem Fall wurde ein Capillary-Leak-Syndrom mit tödlichem Ausgang (Multiorganversagen) auf den Gebrauch des Imiquimod zurückgeführt. Die Reißfestigkeit von Kondomen und Scheidenpessaren kann beeinträchtigt werden. Bei Patienten mit vielen behandelten Hautveränderungen sind durchaus starke Ausprägungen der genannten Nebenwirkungen im Sinne einer stärkeren Immuninduktion bekannt.

Beschrieben wurde eine Recall-Dermatitis in mit Imiquimod behandelten Hautpartien und einer später erfolgten Impfung mit dem einer mRNA-COVID-19-Vakzine (Roshardt Prieto NM et al. 2023)

Präparate

Aldara 5% Creme; Zyclara 3,75% Creme (s.a. http://online.rote-liste.de/suche/stoff/990617)

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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