Synonym(e)
Erstbeschreiber/Historie
In den letzten zehn Jahren hat sich die Sequenzierungstechnologie mit dem Aufkommen der hochdurchsatzfähigen Next-Generation-Sequenzierung rasant weiterentwickelt. Durch ihre Einführung und Nutzung führen klinische Labore heute eine ständig wachsende Zahl von Gentests durch, die Genotypisierung, einzelne Gene, Genpanels, Exome, Genome, Transkriptome und epigenetische Assays für genetische Erkrankungen umfassen. Aufgrund der zunehmenden Komplexität geht dieser Wandel in der Gentestung mit neuen Herausforderungen bei der Sequenzinterpretation einher (Richards S et al. 2015).
Das ACMG entwickelte Standards und Leitlinien für die Interpretation von Sequenzvarianten. Diese Empfehlungen gelten in erster Linie für die Bandbreite der in klinischen Labors verwendeten Gentests, einschließlich Genotypisierung, Einzelgene, Panels, Exome und Genome. Siebasieren auf der Verwendung einer spezifischen Standardterminologie – „pathogen“, „wahrscheinlich pathogen“, „von unklarer Bedeutung“, „wahrscheinlich gutartig“ und „gutartig“ – zur Beschreibung von Varianten, die in Genen identifiziert wurden, die Mendel'sche Erkrankungen verursachen. Darüber hinaus beschreibt diese Empfehlung einen Prozess zur Klassifizierung von Varianten in diese fünf Kategorien auf der Grundlage von Kriterien, die typische Arten von Variantenbelegen (z. B. Populationsdaten, Computerdaten, Funktionsdaten, Segregationsdaten) verwenden.
Definition
ACMG ist das Akronym für: American College of Medical Genetics and Genomics. Die ACMG-Richtlinien sind international anerkannte Standards zur Interpretation genetischer Varianten und werden vor allem in der humangenetischen Diagnostik verwendet. Sie wurden entwickelt, um konsistente und klinisch relevante Entscheidungen über die Bedeutung genetischer Veränderungen zu ermöglichen.
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Einteilung
Die ACMG-Kriterien klassifizieren Varianten in fünf Kategorien:
1. Pathogen (krankheitsverursachend)
2. Likely pathogenic (wahrscheinlich krankheitsverursachend)
3. Variant of uncertain significance (VUS, unklare Bedeutung)
4. Likely benign (wahrscheinlich gutartig)
5. Benign (gutartig)
Allgemeine Information
Die Bewertung basiert auf einem Punktesystem, das verschiedene Evidenztypen berücksichtigt:
1. Pathogene Kriterien
- Stark (PVS1): Z. B. Verlustfunktion (Loss-of-function) in einem Gen, das LoF als Krankheitsmechanismus hat.
- Moderat (PM1–PM6): Z. B. Hotspot-Region, bekannte funktionelle Domäne betroffen.
- Gering (PP1–PP5): Z. B. Familien-Kosegregation, In-silico-Vorhersagen unterstützen Pathogenität.
2. Gutartige Kriterien
- Stark (BA1): Hohe Allelfrequenz in der Bevölkerung.
- Moderat (BS1–BS4): Z. B. gute funktionelle Daten zeigen keine Auswirkung.
- Gering (BP1–BP7): Z. B. In-silico-Daten zeigen keine Wirkung, stille Mutation ohne Splice-Effekt.
Beispiel für Einstufung als „Pathogen“:
• 1× PVS1 + 1× PM2 + 1× PP3 → ergibt in Summe genügend Evidenz für „pathogen“.
Hinweis(e)
In der Praxis wird jede Variante anhand dieser Kriterien bewertet. Abhängig davon, wie viele pathogene oder gutartige Kriterien erfüllt sind (und wie stark diese sind), ergibt sich die finale Klassifikation.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Richards S et al. (2015) ACMG Laboratory Quality Assurance Committee. Standards and guidelines for the interpretation of sequence variants: a joint consensus recommendation of the American College of Medical Genetics and Genomics and the Association for Molecular Pathology. Genet Med 17:405-424.
- Tavtigian SV et al. (2018) Modeling the ACMG/AMP variant classification guidelines as a Bayesian classification framework. Genet Med 20:1054-1060.