Synonym(e)
Definition
Nahrungsmittelallergie auf Lipidtransferproteine (LTP). Lipidtransferproteine (LTP) gelten im Mittelmeerraum als wichtige pflanzliche Allergene. Sie sind dort häufige Auslöser von Urtikaria, Anaphylaxien sowie einem oralen Allergie-Syndrom (OAS). LTPs sind im Mittelmeerraum die häufigsten Ursachen für eine FDEIA, wobei Pfirsich und Apfel die häufigsten Allergene sind (Wolters P et al. 2022)
Vorkommen/Epidemiologie
Erste Erscheinungen einer LTP-Nahrungsmittelallergie stellen sich meist schon vor dem 12.LJ ein. M:w=1:1. In größeren Studien mit Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie können rund 6-10% mit LTP-Nahrungsmittelallergien festgestellt werden. Das Alter bei Auftreten der ersten Symptome liegt bevorzugt zwischen 12 und 17 Jahren. Die mediane Zeit bis zur Diagnose nach dem ersten Auftreten beträgt etwa 4 Jahre.
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Ätiopathogenese
Nahrungsmittelallergien stellen mit einer Prävalenz von ca. 6-10% eine der wichtigsten Soforttyp-Allergien in Europa dar. Bzgl. der auslösenden Allergene herrschen erhebliche Variabilitäten in den unterschiedlichen europäischen Regionen (Lyons SA et al. 2019). Lipidtransferproteine (LTP) sind als ubiquitäre Proteine hochkonserviert. Sie kommen in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln vor, auch in Pollen. LTPs sind relevantesten Allergene der Rosaceae-Früchte im Mittelmeerraum. Sie sind im Pflanzenreich weit verbreitet und weisen eine mäßig bis hoch homologe Molekülstruktur auf.
Da Anaphylaxien mit einer LTP-Allergie assoziiert sein können und Co-Faktoren die Schwere der Reaktion verstärken, ist es von grundlegender Bedeutung, eine LTP-Allergie schon bei Kindern zu erkennen. Derzeit verfügbare diagnostische Tests (SPT und sIgE) können diese Form von Nahrungsmittelverträglichkeit nicht genau vorhersagen. Auch vermögen sie nicht die Schwere der Reaktion abschätzen.
LTPs können auch in einer Reihe von botanisch nicht verwandten Lebensmitteln, darunter Obst, Nüsse, Samen, Gemüse und Getreide auftreten und damit allergologisch relevant werden (Rona RJ et al. 2007). Da LTPs schwere systemische Reaktionen hervorrufen können, ist es wichtig, diese spezielle Allergieform frühzeitig, d.h. bereits im Kindesalter zu erfassen. Eine größere Studie zeigte, dass frisches Obst die fünfthäufigste Ursache für Anaphylaxie bei Kindern ist, gefolgt von Nüssen, wobei beide in Mitteleuropa möglicherweise durch LTPs verursacht werden (Gaspar A et al. 2021).
Klinik
>60% der LTP-Nahrungsmittelallergiker weisen eine atopische Konstitution auf.
>50 % zeigen eine Pollensensibilisierung, 50-60 % eine Rhinitis, 30 % ein Asthma, 20 % eine atopische Dermatitis. Selten ist eine eosinophile Ösophagitis nachweisbar.
70% der Patienten weisen Reaktionen auf >1 Lebensmittel aus. Obst wird in rund 70%, Nüsse in 50 %, Erdnüsse in 8 % und Sesam in 4 % als Allergen angeben. Vereinzelt werden auch sonstige Allergien (Kuhmilchallergie) nachgewiesen.
Pfirsich ist der häufigste Auslöser (rund 60%).
30% der LTP-Nahrungsmittelallergiker weisen Symptome sowohl bei Obst als auch bei Nüssen aus.
60% der Patienten weisen ausschließlich systemische Symptome aus, bei etwa 15 % ausschließlich lokale Symptome und bei 27 % sowohl systemische als auch lokale Symptome.
Die klinischen Symptome können im Gegensatz zu Patienten mit einer Birkenpollen-assoziierten Nahrungsmittelallergie (Symptome treten 10-15 Minuten nach Allergenkontakt auf) entwicklen sich die klinischen Symptome bei LTP-Allergiker erst nach 15-60 Minuten.
Die klinischen Symptome verteilen sich wie folgt: Urtikaria (60%), Anaphylaxie (40-50 %) OAS (40%). Patienten, die ausschließlich allergisch auf Obst reagierten sind zu 70 % weiblich, das mediane Alter bei Auftreten der ersten Symptome beträgt (1–6) Jahre. Etwa 50% der LTP-Allergiker berichten über schwere Anaphylaxien vom Grad 3, etwa 90% über eine Kontakturtikaria beim Schälen von Kartoffeln oder Gurken oder beim Kneten eines weizenhaltigen Brotteiges.
Patienten, die ausschließlich allergisch auf Nüsse/Erdnüsse/Samen reagieren, sind zu 60 % männlich, bei 53 % sind Anaphylaxien zu erwarten. Bei rund 30% der Patienten sind Co-Faktoren zu erwarten.
Diagnose
Anamnese mit Beurteilung sofortiger allergischer Reaktionen auf pflanzliche Lebensmittel (d. h. wiederholte Symptome auf LTP-haltige Lebensmittel bei mehreren Gelegenheiten).
Positiver Hautpricktest (Positivität ist definiert als der „mittlere Durchmesser der Quaddel ≥ 3 mm gegenüber der Negativkontrolle) auf LTP-Extrakt.
Positives spezifisches IgE (sIgE) gegen LTP-Allergene (Pru p 3, Cor a 8 und/oder Jug r 3).
Erfassen von Co-Faktoren (körperliche Betätigung und NSAIDs im Zusammenhang mit allergischen Symptomen).
Feststellung einer Nahrungsmittelverträglichkeit (Nahrungsmittelverträglichkeit wird definiert, als Nicht-Reaktivität auf Nahrungsmittel der üblichen Ernährung).
Hinweis(e)
Prophylaxe: Die Vermeidung von Lebensmitteln ist die Hauptstütze der Behandlung einer LTP-Allergie und sollte sich nach der klinischen Reaktivität und nicht nach der Sensibilisierung richten (Asero R et al. 2018). Die Einnahme tolerierter Lebensmittel können ohne Schale fortgesetzt werden, auf das Vorhandensein von Co-Faktoren ist zu achten. Mit diesem Ansatzes kann die Aufrechterhaltung einer natürlichen Toleranz und die Einnahme wichtiger nahrhafter Lebensmittel wie Obst und Gemüse aufrechterhalten werden. Früchte aus der Familie der Rosaceae werden ohne Schale meist vertragen, da LTP hauptsächlich in der Fruchtschale vorkommen (Niggemann B et al. 2014; Rossi RE et al. 2009).
Das Bewusstsein für mögliche zufällige allergische Reaktionen und die Fähigkeit, diese richtig zu erkennen und angemessen zu behandeln, ist bei LTP-Sensibilisierten von größter Bedeutung. Kinder und ihre Bezugspersonen sollten umfassend über potenzielle Auslöser, das rechtzeitige Erkennen von Reaktionen, die angemessene Behandlung und die Rolle von Co-Faktoren bei LTP-Allergien aufgeklärt werden.
Weitere Hinweise: Alle Personen mit systemischen Reaktionen auf LTP-haltige Lebensmittel mit oder ohne Co-Faktoren sollten Adrenalin-Autoinjektoren zur unmittelbaren Verfügung haben. Personen bei denen nur lokale Reaktionen zu erwarten sind ist diese Maßnahme nicht zwingend notwendig. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz an Patienten (etwa 10%) berichteten von Reaktionen auf neue LTP-haltige Lebensmittel, wobei der Zeitpunkt der ersten Reaktion unterschiedlich sein kann. Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass sich die LTP-Allergie auf weitere auslösende Lebensmittel ausweiten kann.
Hinweis(e)
Das Nahrungsmittelspektrum bei LTP-Allergien ist groß und wird häufig unterschätzt. Bei Kindern mit allgemeinem Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie kann bei etwa 10% eine LTP-Allergie diagnostiziert werden. Da LTP im Pflanzenreich weit verbreitet sind ist erwartbar, dass meist mehr als ein Allergen nachweisbar ist. Die klinischen Manifestationen und der Schweregrad der LTP-Überempfindlichkeit variiert bei Kindern, wie auch bei Erwachsenen beträchtlich (Novembre E et al. 2012; Asero R et al. 2018). Urtikaria ist das häufigste Symptom, aber auch Anaphylaxien bei rund 50% der Patienten. Zu beachten sind Cofaktoren (rund 30%) teils auch mit schwerem Verlauf.
Eine Co-Sensibilisierung gegenüber Profilinen und PR-10 findet sich bei einer geringen Anzahl von Patienten mit einem vielfältigen Spektrum an klinischen Symptomen, was Zweifel an ihrer klinischen Relevanz aufkommen lässt.
Co-Sensibilisierung gegenüber Speicherproteinen fehlen obwohl Baumnüsse als ausschließliche Auslöser beteiligt sind, was die klinische Relevanz der LTP-Sensibilisierung untermauert.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Asero R et al. (2018) Allergy to LTP: To eat or not to eat sensitizing foods? A follow-up study. Eur Ann Allergy Clin Immunol 50:156–162.
- Asero R et al. (2018) The clinical relevance of lipid transfer protein. Clin Exp Allergy 48:6–12.
- Gaspar A et al. (2021) Anaphylaxis: a decade of a nationwide allergy society registry. J Investig Allergol Clin Immunol 32:23-32.
- Lyons SA et al. (2019) Food Allergy in Adults: Substantial Variation in Prevalence and Causative Foods Across Europe. J Allergy Clin Immunol Pract 7:1920-1928..
- Niggemann B et al. (2014) Factors augmenting allergic reactions. Allergy 69:1582–1587.
- Novembre E et al. (2012) Correlation of anti-pru p 3 IgE levels with severity of peach allergy reactions in children. Ann Allergy, Asthma Immunol 108:271–274.
- Rona RJ et al. (2007) The prevalence of food allergy: A meta-analysis. J Allergy Clin Immunol 120:638–46
- Rossi RE et al. (2009) Systemic reactions to peach are associated with high levels of specific IgE to Pru p 3. Allergy 64:1795–1796.
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