Chemokine

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 02.09.2020

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Synonym(e)

Chemotaktisch wirksame Proteine

Definition

Chemokine, eine Untergruppe der Zytokine, sind kleine (Größe zwischen 8 und 10 kDa), chemotaktisch wirksame Proteine (Signalproteine). Sie sind bei allen Vertebraten, bei einigen Virusarten und Bakterien verbreitet. Beim Menschen sind derzeit etwa 50 Chemokine bekannt. Ein stark konserviertes Strukturmerkmal aller Chemokine ist eine fixe Gruppe von Cysteinresten, die über 1 oder 2 Disulfidbrücken stabilisiert wird.  Diese strukturelle Schlüsselstellung im Molekül ist für ihre fixe 3-dimensionale Struktur verantwortlich (s.u. Chemokine).

Bei den CC-Chemokinen folgen die Cysteine direkt aufeinander (s. Abb.), bei den CXC-Chemokinen sind sie durch 1, bei den CXXXC-Chemokinen durch  3 andere Aminosäure getrennt. Chemokine werden von einer Vielzahl von Immunzellen produziert und sezerniert. Sie vermitteln ihre Signale mittels spezifischer Chemokin-Rezeptoren über G-Proteine. Einige Chemokine wirken proinflammatorisch, andere wirken regulativ bei Entstehung und Homöostase von Geweben. 

Erhöhte Chemokinexpressionen finden sich u.a. bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie der HIV-Infektion, bei atopischem Ekzem, Asthma bronchiale, Rhinitis allergica und Psoriasis vulgaris. Eine positive Rolle spielen die Chemokine z.B. bei der Wundheilung, der Hämatopoese (Blutbildung) oder der Abwehr von Infektionen. Die Tatsache, dass Chemokinrezeptoren nicht nur auf Entzündungszellen, sondern auch auf Tumorzellen und Endothelzellen vorhanden sind, legt die Vermutung nahe, dass sie auch an der Migration von Tumorzellen bzw. dem Metastasierungsverhalten der verschiedenen Tumore beteiligt sind.

Einteilung

Folgende Subfamilien wurden klassifiziert:

  • CC-Chemokine (oder β-Chemokine): Sie enthalten zwei direkt benachbarte aminoterminale Cysteinreste.
  • CXC-Chemokine (oder α-Chemokine): Sie enthalten C1 und C2, welche durch eine einzelne Aminosäure getrennt sind.
  • CX3C-Chemokine: Enthalten C1 und C2, die durch drei Aminosäuren getrennt sind.
  • C-Chemokine: Enthalten nur den ersten und den dritten Cysteinrest (C1 und C3).
  • Die 5. Familie von Chemokinen wird von viralen Genen kodiert.

CC Chemokine: Die CC- Chemokin-Familie besteht beim Menschen aus 28 Mitgliedern. Sie wirken v.a. auf Immunzellen wie Monozyten, Lymphozyten, eosinophile und basophile Granulozyten.

CXC Chemokine: Derzeit bekannt sind beim Menschen 16 CXC-Chemokine. CXC Chemokine werden durch weitere strukturelle Merkmale (z.B. das aus 3 Aminosäuren bestehende ELR-Motiv) unterteilt: ELR-positive CXC-Chemokine sind Promotoren der Angiogenese, ELR-negative CXC-Chemokine besitzen eine antiangiogenetische Wirkung. Die Rezeptoren für diese Chemokine finden sich oft auf neutrophilen Granulozyten.

C Chemokine: XCL1 (auch Lymphotactin oder ATAC) wird vor allem von aktivierten CD8 T-Zellen und von NK-Zellen freigesetzt. Beim Menschen gibt es noch ein zweites Chemokin (XCL2), das bis auf zwei Aminosäuren identisch mit XCL1 ist, jedoch unabhängig voneinander reguliert wird.

  • XCL1( Lymphotactin α, SCM-1α, ATAC)
  • XCL2 (Lymphotactin β, SCM-1β)

CX3C Chemokine: Das Chemokin „Fraktalkin“ ist das einzige Mitglied dieser Familie. Charakteristisch für Fraktalkin ist das CX3C-Motiv und die Expression der Chemokindomäne. Fraktalkin wird membranständig auf aktivierten Endothelzellen exprimiert. Das Chemokin wirkt auf T-Lymphozyten und Monozyten. Lösliche Fraktalkine regulieren die Leukozytenmigration.

  • CX3CL1 (Fractalkine, Neurotactin, ABCD-3)

Chemokine lassen sich auch nach ihrer Funktion in 2 Gruppen einteilen:

Homöostatische Chemokine: diese werden v.a. im Thymus und in anderen lymphatischen Geweben produziert. Sie sind für die basale Leukozyten-Migration verantwortlich. Folgende Chemokine werden zu dieser Gruppe zugerechnet: CCL14, CCL19, CCL20, CCL21, CCL25, CCL27, CXCL12 und CXCL13. Protoypen dieser Chemokingruppe sind die  Chemokine CCL19 and CCL21 (die in Lymphknoten und durch lymphatische Endothelzellen gebildet werden) und ihr Rezeptor „CCR7“.

Inflammatorische Chemokine werden in hoher Konzentration bei pathologischen (infektiöse oder toxische – z.B. Uratkristalle) Prozessen unter dem Einfluss verschiedener Zytokine wie Interleukin-1, TNF-alpha oder durch mikrobielle Produkte sezerniert. Sie dienen als Attraktanten von Immunzellen an den Entzündungsort. Zu dieser Gruppe von proinflammatorischen Chemokinen werden zugerechnet: CXCL-8, CCL2, CCL3, CCL4, CCL5, CCL11, CXCL10. Ein wichtiger Vertreter dieser Gruppe ist CXCL-8, ein Chemokin, das  neutrophile Granulozyten attrahiert.

 

Allgemeine Information

Nahezu alle Chemokine enthalten vier konservierte Cystein-Aminosäurereste (C1-C4). Die Nomenklatur für Chemokine ist bisher nicht einheitlich. Ein Teil wird nach seiner speziellen Funktion benannt (z.B. MCP-1 = monocyte chemotactic protein 1), ein weiterer nach seiner zellulären Quelle (z.B. RANTES = regulated upon activation, normal T-expressed and secreted = CCL5) oder willkürlich wie z.B. das Interleukin-8.

Manifestation

Monozyten / Makrophagen: Die entscheidenden Chemokine die diese Zellen attrahieren sind CCL2, CCL3, CCL5, CCL7, CCL8, CCL13, CCL17 and CCL22. Die Chemokine CCL19, CCL21, CCL24, CCL25, CXCL8, CXCL10, und XCL2 induzieren eine spezifische M1 Makrophagen Chemotaxis, wohingegen CCL7 eine Chemotaxis sowohl auf M1- and M2- Makrophagen ausübt.

T-Lymphozyten:  4 Schlüsselchemokine sind für die gerichtete Migration von T-Lymphozyten verantwortlich: CCL2, CCL1, CCL22 and CCL17.

Mastzellen exprimieren Verschiedene Chemokin-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche: CCR1, CCR2, CCR3, CCR4, CCR5, CXCR2, and CXCR4. Bekannte Liganden dieser Rezeptoren sind die Chemokine CCL2 , CCL5.

Eosinophile Granulozyten: Die entscheidenden Chemokine (v.a. CC-Chemokine) die die Migration dieser Zellen verantworten sind: CCL11, CCL5, CCL7, CCL13, CCL24, CCL26 und CCL3. CCL11 und CCL5 (RANTES) agieren über den spezifischen Rezeptor CCR3 auf eosinophile Granulozyten.

Neutrophile Granulozyten: Ein wichtiges Chemokin (v.a. CXC-Chemokine) das für die Migration dieser Zellen verantwortlich ist, ist CXCL8 (IL-8).

 

Hinweis(e)

Ein Mitglied der CC-Chemokinfamilie, CCL13, reguliert die Migration von Monozyten, Makrophagen, T-Zellen und eosinophilen Granulozyten über ihre CCR2- und CCR3-Chemokinrezeptoren. In der Haut von Patienten mit systemischer Sklerodermie wird CCL13 vermehrt exprimiert. Ebenso ist der Serumspiegel dieses Chemokins (Diagnostikmarker) erhöht.

 

Literatur
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  1. Homey B et al. (2006) Cytokines and chemokines orchestrate atopic skin inflammation. J Allergy Clin Immunol 118: 179-189
  2. Vielhauer V et al. (2007) Chemokines and chemokine receptors as therapeutic targets in lupus nephritis. Semin Nephrol 27: 81-97

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