Strongyloides stercoralis

Zuletzt aktualisiert am: 10.04.2021

This article in english

Erstbeschreiber

Leuckart, 1883; van Durme 1901; Looss, 1905; Fülleborn, 1914

Definition

Strongyloides stercoralis und Strongyloides fuelleborni, Zwergfadenwürmer der Gattung Strongyloides, sind die Erreger der Strongyloidose. Die Erreger können sowohl parasitieren als auch frei im Boden vorkommen.

Vorkommen

 

Meist in subtropischen oder tropischen Gegenden, insbes. Südostasien, Afrika u. Südamerika verbreitet. Selten in Europa (insbes. in Bergwerken). Weltweit sind mehr als 70 Millionen Menschen infiziert; in Endemiegebieten sind bis zu 60% der Bevölkerung befallen.

Gehäuftes Auftreten bei Patienten mit HIV-Infektion.

Durch interne und externe Autoinfektion kommt es zu einer chronisch persistierenden Infektion. Bei Immuninkompetenz kann sich ein bedrohliches Hyperinfektionssyndrom entwickeln. 

Pathophysiologie

Die Erreger bohren sich perkutan in das Gewebe des Wirts ein, finden Anschluss an das Blutsystems des Wirts und gelangen auf diese Weise in die Lunge. Hier verlassen sie die Blutbahn in die Alveolen der Lunge. Von hier aus folgen sie den Luftwegen kranial, werden bei Ankunft im Rachen verschluckt und gelangen so in den Darm.

Dort entwickeln sich ausschließlich die weiblichen Individuen. Diese sind 2,0-2,5mm lang und 30-50um dick (s. Abb.). Sie sind vorwiegend in der Mukosa des Duodenums  und oberen Jejunums lokalisiert und legen täglich etwa 1000 voll embryonierte Eier in die Mukosa und Krypten der Darmwand. Die kleinen (0,7mm x 14um) großen Männchen werden nur gelegentlich gefunden oder fehlen ganz.

Die 300-500um langen Erstlarven schlüpfen bereits in der Passage durch den Darmkanal. Wegen ihrer mit einem Endbulbus ausgestatteten Ösophagus werden sie als "rhabditiform" bezeichnet. Bei der Weiterentwicklung sind 2 Wege möglich:

  1. Direkte Entwicklung (Autoinvasion): Die Erstlarven entwickeln sich innerhalb weniger Tag zu 500-700um großen, lebhaft beweglichen filiariformen Infektionslarven. Diese können entweder sofort in die Darmwand eindringen (Endoautoinvasion) oder den Darm verlassen. Sie bohren sich dann in die Analschleimhaut oder in die umgebende Haut ein (Exoautoinvasion) und machen dann wiederum eine Migrationsphase mit Lungenpassage und der Heranreifung zu adulten Zwergfadenwürmern durch.
  2. Indirekte Entwicklung (Entwicklung im Freien): Unter geeigneten Bedingungen können diese Erstlarven jedoch zu freilebenden, nicht-parasitischen, etwa 1,0mm großen Adulten heranreifen. Diese legen Eier, aus denen wiederum rhabditiforme Larven schlüpfen können. Die Überlebenschancen der freilebenden Infektionslarven hängt von den Außenbedinungen ab. Bei Eintrocknung sterben sie rasch ab. Die Infektion erfolgt wie bei den Hakenwürmern (s. u. Ancylostomatidae) wiederum durch eine Penetration durch die Haut. Die anschließende Migration erfolgt über das rechte Herz, die Lunge, das Bronchialsystem und die Passage in den Ösophagus. 2-3 Wochen nach der Infektion erreichen die Adulten den Dünndarm und beginnen mit der Eiproduktion.

Hyperinfektionssyndrom: Bei Immunsuppression (z.B. HIV-Infektion) kann es zu einer massiven Autoinfektion kommen mit Disseminierung der Larven in alle Organe.

Klinisches Bild

Die Inkubationszeit für eine Strongyloidiasis beträgt:

  • 12-18 Stunden bei Hautreaktion
  • 7 Tage bei Lungenreaktion
  • 14 Tage bei Darmsymptomatik.

An den Eintrittspforten der filiariformen Infektionslarven bilden sich sich v.a. bei bereits durch frühere Infektionen sensibilisierten Menschen häufig linerare, serpiginöse, juckende Erytheme und Plaques die einem kutanen Larva-migrans-cutanea-Syndrom entsprechen. Strongyloideslarven dringen in die Haut mit ca. 10cm/h sehr rasch voran. Sie werden deshlab auch als „racing larves“ oder "Larva currens" bezeichnet. Diese bilden sich innerhalb weniger Tage wieder zurück. Bei Infektionen durch freilebende Larven treten diese typischen linearen Strukturen bevorzugt an Fuß und Knöchel auf. Bei externer Autoinokulation finden sie sich am Gesäß und perianal.

Während der Lungenpassage kann es bei ausgeprägtem Befall etwa 1 Woche nach Infektion zu einer Pneumonitis mit trockenem Husten und anderen Symptomen des Löffler-Syndroms kommen.

Die unkomplizierte intestinale Infektion geht mit variablen Symptomen einher: am häufigsten sind anahltende oder rezidivierende abdominelle Schmerzen, oft im Epigastrium mit wechselnder Diarrhoe, gelegentlich mit schleimigen oder blutigen Beimengungen. Weiterhin Übelkeit oder Erbrechen.

Dermatologisch zeigt sich das Bild der Larva currens. Nicht selten tritt begleitend eine Urtikaria auf.

Bei ausgedehnten Infektionen können wechselndes Fieber, Zeichen einer ausgeprägten Pneumonie mit Atemnot, Schwäche und Gewichtsabnahme hinzutreten.

Beim Hyperinfektionssyndrom kommt es zu einer Disseminierung der Larven in alle Organe (disseminierte Strongyloidiasis). Larven können in großer Zahl vorhanden sein: Lunge, Leber, Darmwand, seltener im ZNS.

Im Einzelnen:

  • Gastrointestinal: Sprue-ähnliche Symptomatik, Kolitis, Steatorrhoe, Hypalbuminämie, generalisierte Ödeme. Komplikativ: nekrotisierende Jejunitis
  • Lunge: schwere Pneumonie mit Fieber, Husten Dysplneo, Hämoptysen, obstruktiv-restriktive Ventilationsstörung
  • ZNS (selten): Kopfschmerzen, psychische Syndrome, Meningismus, Krämpfe, Paralysen
  • Labor: massive Zeichen der Inflammation; häufig keine Eosinophilie!

Therapie

Die Diagnose erfolgt durch den Nachweis der Larven im Stuhl. Nachweis der mobilen Larven im frisch abgesetzten Stuhl (meist ist die Untersuchung mehrerer Stuhlproben erforderlich).

In SAF-fixierten Stühlen können Strongyloides-Larven nicht mit der nötigen Sensitivität gefunden werden!

Gute Resultate bringt eine Kultur der Larven, die durch die Wanderung in halbfesten Nährböden sichtbar gemacht werden. Dazu wird Nativstuhl mit entsprechendem Vermerk benötigt.

Im Duodenalsekret können Eier und Larven nachweisbar sein.

Stets Bluteosinophilie, hohes IgE, bei Lungenbeteiligung: Neutrophilie 

Nachweis von spezifischen Antikörpern ( ELISA).

Therapie

Mebendazol (z.B. Vermox) 2mal/Tag 300 mg p.o. an 3 aufeinander folgenden Tagen; Wiederholung nach 2-4 Wochen.

Alternativ: Tiabendazol (Mintezol) 2mal/Tag 2-3 Tbl. p.o. (= 25 mg/kg KG) für 2-3 Tage, max. Tagesdosis von 3 g. Stuhlkontrollen monatlich über mind. 3 Monate.

In schweren Fällen: Ivermectin (z.B. Mectizan) 170-200 μg/kg KG als ED, ggf. Wiederholung alle 2 Wochen wenn Larven im Stuhl nachgewiesen werden.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Beknazarova M et al. (2016) Strongyloidiasis: A Disease of Socioeconomic Disadvantage. Int J Environ Res Public Health 13:517.
  2. Böckers M et al. (1988) Prurigo und weitere diagnostisch bedeutsame Hautsymptome bei Strongyloidose. Hautarzt 39: 34-37
  3. Fülleborn F (1914) Untersuchungen über den Infektionsweg bei Strongyloides und Ankylostomum und die Biologie dieser Parasiten. Arch Schiffs Tropen Hyg 18: 26-80
  4. Janwan P et al. (2020) Possible transmission of Strongyloides fuelleborni between working Southern pig-tailed macaques (Macaca nemestrina) and their owners in Southern Thailand: Molecular identification and diversity. Infect Genet Evol 85:104516.
  5. Lang W et al. (1993) Tropenmedizin ín Klinik und Praxis. Thieme Verlag Stuttgart-New York S 151-153
  6. Lemos LB et al. (2003) Hyperinfection syndrome in strongyloidiasis: Report of two cases. Ann Diagn Pathol 7: 87-94
  7. Leuckart R (1883) Ueber die Lebensgeschichte der so genannten Anguilulla stercoralis und deren Beziehungen zu der so genannten Anguilulla strongloides. Bericht über die Verhandlungen der königlich sächsischen Gesellsch Wiss Leipzig Math-Phys 34: 84-107
  8. Looss A (1905) Die Wanderung der Ancylostoma duodenale und Strongyloides Larven von der Haut nach dem Darm. Comptes Rendus du Sixieme Congres Internationale de Zoologie, Bern, Switzerland, S. 255-233
  9. Maraha B et al. (2001) The risk of Strongyloides stercoralis transmission from patients with disseminated strongyloidiasis to the medical staff. J Hosp Infect 49: 222-224Mukaigawara M et al. (2018) Strongyloidiasis and Culture-NegativeSuppurative Meningitis, Japan, 1993-2015. Emerg Infect Dis  24:2378-2380.
  10. Puthiyakunnon S et al. (2014) Strongyloidiasis--an insight into its global prevalence and management. PLoS Negl Trop Dis 8:e3018.
  11. Requena-Méndez A et al. (2017)  Evidence-Based Guidelines for Screening and Management of Strongyloidiasis in Non-Endemic Countries. Am J Trop Med Hyg 97:645-652.
  12. Satoh M et al. (2003) Predictive markers for development of strongyloidiasis in patients infected with both Strongyloides stercoralis and HTLV-1. Clin Exp Immunol 133: 391-396
  13. Terefe Y et al. (2019) Strongyloidiasis in Ethiopia: systematic review on risk factors, diagnosis, prevalence and clinical outcomes. Infect Dis Poverty 8:53
  14. Van Durme P (1901-1902) Quelques notes sur les embryons de "Strongyloides Intestinalis" et leur penetration par le peau. Thompson Yates Lab Rep 4: 471-474

Weiterführende Artikel (3)

Larva currens; Strongyloidose; Urtikaria (Übersicht);
Abschnitt hinzufügen

Zuletzt aktualisiert am: 10.04.2021