Mikroplastik in Kosmetika

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 14.01.2018

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Synonym(e)

Microplastic

Definition

Mikroplastik wird i.A. als Sammelbegriff für unterschiedliche feste Kunststoffe aus unterschiedlichen Materialien definiert, deren Partikelgröße <5mm ist. Begriffserweiternd gilt für Plastikpartikel aller Arten folgende Definition:

Makroplastik (Partikelgröße >25mm), Mesoplastik (Partikelgröße 5-25mm), Mikroplastik (Partikelgröße <5mm) und Nanoplastik (Partikelgröße <100nm) (Herrera A et al. 2017).  

Mikroplastik ist durch seine mangelhafte biologische Abbaubarkeit eines der größten Umweltprobleme der Neuzeit. Mikroplastik aus unterschiedlichen Quellen gelangt, meist über Abwässer, häufig unkontrolliert und biologisch nicht abbaubar in unsere Umwelt. Ein Teil des im Abwasser enthaltenen Mikroplastiks wird (gilt jedoch nur für Industrieländern) im Klärschlamm gebunden, wenn das Abwasser in einer „biologischen Kläranlage“ gereinigt werden kann. In den meisten Kläranlagen (vgl. die häufig völlig unüberschaubaren Verhältnisse in den Entwicklungsländern), werden die Mikropartikel jedoch nicht zurückgehalten und gelangen in Flüsse (Peng G et al. 2017) und Ozeane. Dort reichern sie sich im Sediment an und werden umweltrelevant. Plastikpartikel binden z.B. an ihrer Oberfläche Schadstoffe die bereits im Wasser vorhanden sind (beispielsweise: Dioxin, DDT oder andere Pestizide aus Industrie und Landwirtschaft).

Bisher nur wenig untersucht ist die altersabhängige Degradation von Makroplastik durch Umwelteinflüsse zu Mikro- oder Nanoplastik (<1001nm). Diese degradierten Mikroplastikteilchen unterschiedlicher Größe und Provenienz, belasten nicht nur Meeres- oder Süßwasser sondern durch ihre Schwebfähigkeit auch die Atemluft (Alimi O et al. 2017). Damit wird für Mensch und Tier eine weitere (bisher kaum beachtete) umweltbelastende Gefahr relevant.

Letztlich reichert sich Mikroplastik in der Nahrungskette an. Nachweisbar sind Mikroplastik oder Nanoplastik schon in kleinstem Zooplankton, weiterhin in Meeresfrüchten wie Muscheln oder Garnelen (in Mollusken waren v.a. Plastikmaterialien aus Polyethylene, Polyethylene terephthalate = PET und Nylonnachweisbar - Naji A et al. 2017) und aufwärts in der Nahrungskette in Speisefischen wie Thunfisch, Kabeljau oder Makrele. Damit gelangen diese Produkte wiederum in die Nahrungskette des Menschens.

Makro-, Meta- und Mikroplastik führen zur Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme und der Verdauung von Vögeln und Fischen. V.a. nicht verdauliches Makroplastik führt bei Vögeln und Fischen zu einer Akkumulation im Magen-Darmtrakt, zu einem ständigen Sättigungsgefühl. Damit wird Wachstum, Mobilität und Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt.

Nachweisbar sind bei Fischen Störungen des Immunsystems durch Mikroplastik (Espinosa C et al. 2017). Mikroplastik kann neurotoxisch wirken durch Hemmung der Acetylcholinesterase (AChE), Erhöhung der  Lipidoxidation (LPO) in Gehirn und Muskulatur. Weiterhin vermögen die Partikel die Aktivitäten der Enzyme Lactatdehydrogenase (LDH) und Isocitratdehydrogenase (IDH) zu verändern (Barboza LGA et al. 2017).  

Mikro-, Meta- und Nanoplastik in Kosmetika:

Mikro (Nano-)plastik wird in kosmetischen Mitteln oder Detergenzien (Wasch- und Reinigungsmitteln) als Schleifmittel (z. B. in Peelingmitteln und Peelingduschgels) sowie in Nanopartikelgröße als Trübungsmittel von Kosmetika. Gesichtspeelings können beispielweise bis zu 10% aus Polyethylenpartikeln bestehen. Allerdings ist die Umweltbelastung aus Peelingprodukten im Verhältnis zu anderen Quellen eher als gering einzuschätzen.Die Kosmetikindustrie hat im Rahmen einer freiwilligen Empfehlung zum Verzicht auf Mikroplastik als Schleifmittel in kosmetischen Mitteln aufgerufen, wodurch der Einsatz von Mikroplastik als Schleifmittel in Produkten wie Peelings und Zahncreme erfolgreich reduziert wurde.

Flüssige, gel- und wachsartige Kunststoffe in der Kosmetik

Über die Auswirkungen von flüssigen, gel- und wachsartigen Kunststoffen wie Nylon-12, Acrylates Copolymer oder Acrylate Crosspolymer ist nur wenig bekannt. Für die große Mehrheit dieser synthetischen Polymere (und deren zahlreicher Mischungen) gibt es nur sehr lückenhafte Kenntnisse bezüglich ihrer Umweltverträglichkeit.

Folgende Kunststoffmaterialien werden in Kosmetika verwendet:          

  • Polyethylen: unterstützt die Reinigung von Haut oder Zähnen oder verbessert den Glanz. Polyethylene wirken je nach Partikelgröße abrasiv, bilden beim Auftragen einen zusammenhängenden Film auf Haut, Haar oder Nägeln. (filmbildend), erhöhen oder verringern die Viskosität von Kosmetika.
  • Polypropylen:  Viskositätsregulator (erhöht oder verringert die Viskosität eines Kosmetikums).
  • Polyethylenterephthalat: Filmbildner (bildet beim Auftragen einen zusammenhängenden Film auf Haut, Haar oder Nägeln).
  • Nylon-12:  verringert die Schüttdichte und/oder die Transparenz und Lichtdurchlässigkeit von Kosmetika, erhöht oder verringert die Viskosität.
  • Nylon-6:  verringert die Schüttdichte von kosmetischen Mitteln, erhöht oder verringert die Viskosität.
  • Acrylates Copolymer:  wirkt als Antistatikum (verringert die statische Elektrizität, indem die elektrische Aufladung an der Oberfläche neutralisiert wird), Bindungsmittel (sorgt für Bindung in kosmetischen Mitteln) und als Filmbildner (bildet beim Auftragen einen zusammenhängenden Film auf Haut, Haar oder Nägeln).
  • Acrylates/C10-30 Alkyl Acrylate Crosspolymer: wirkt als Emulsionsbildner (unterstützt die Emulsionsbildung und verbessert die Emulsionsbeständigkeit und –haltbarkeit), Filmbildner (bildet beim Auftragen einen zusammenhängenden Film auf Haut, Haar oder Nägeln) und als Viskositätsregler (erhöht oder verringert die Viskosität eines Kosmetikums).
  • Polymethyl methacrylate: wirkt als Filmbildner (bildet beim Auftragen einen zusammenhängenden Film auf Haut, Haar oder Nägeln).
  • Polyquaternium: wirkt als Filmbildner (bildet beim Auftragen einen zusammenhängenden Film auf Haut, Haar oder Nägeln), Antistatikum (verringert die statische Elektrizität, indem die elektrische Aufladung an der Oberfläche neutralisiert wird).

Sie werden unter folgenden Bezeichnungen geführt: Acrylate Copolymer (AC), Acrylate Crosspolymer (ACS), Dimethiconol, Methicone, Polyamide (PA, Nylon), Polyacrylate (PA), Polymethyl methacrylate (PMMA), Polyquaternium (PQ), Polyethylene (PE), Polyethylene glycol (PEG), Polyethylene terephthalate (PET), Polypropylene (PP), Polypropylene glycol (PPG), Polystyrene (PS), Polyurethane (PUR), Siloxane, Silsesquioxane.

Literatur
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  1. Alimi O et al. (2017) Microplastics and Nanoplastics in Aquatic Environments: Aggregation, Deposition, and Enhanced Contaminant Transport. Environ Sci Technol.  PubMed PMID: 29265806. 
  2. Barboza LGA et al. (2017)  Microplastics cause neurotoxicity, oxidative damage and energy-related c hanges and interact with the bioaccumulation of mercury in the European seabass, Dibecentrarchus labrax (Linnaeus, 1758). Aquat Toxicol 195:49-57. 
  3. Espinosa C et al. (2017) In vitro effects of virgin microplastics on fish head-kidney leucocyte activities. Environ Pollut. 235:30-38. 
  4. Herrera A et al. (2017) Microplastic  and tar pollution on three Canary Islands beaches: An annual study. Mar Pollut Bull PubMed PMID: 29106939. 
  5. Lo HKA et al. (2017) Negative effects of microplastic exposure on growth and development of Crepidula onyx. Environ Pollut 233:588-595.
  6. Naji A et al. (2017) Microplastics contamination in molluscs from the northern part of the Persian Gulf. Environ Pollut235:113-120.
  7. Peng G et al. (2017) Microplastics in freshwater river sediments  in Shanghai, China: A case study of risk assessment in mega-cities. EnvironPollut234:448-456. 
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Zuletzt aktualisiert am: 14.01.2018