Waddington Conrad Hal

Zuletzt aktualisiert am: 04.03.2024

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Synonym(e)

Epigenetik; Epigenetische Landschaft; genetische Assimilation; Kanalisierung

Biographische Angaben

Conrad Hal Waddington (* 8. 11. 1905 † 26. 9. 1975) war ein britischer Entwicklungsbiologe, Paläontologe, Genetiker, Embryologe und Philosoph. Er lieferte grundlegende Arbeiten zur Entwicklungsbiologie und Epigenetik. Waddington gilt als wichtiger Vorläufer der heutigen evolutionären Entwicklungsbiologie. Die von Waddington eingeführten Begriffe Epigenetische Landschaft, Kanalisierung und genetische Assimilation sind heute gängige Thermen der Genetik.  

Waddington wurde als Kind kolonialer britischer-Eltern geboren und wuchs die ersten drei Jahre seiner Kindheit bei seinen Eltern auf einer Teeplantage in Indien auf. Im Alter von drei Jahren wurde er nach England zurückgeschickt, wo er bei Verwandten in Sedgeberrow, Worcestershire, aufwuchs.

Waddington hatte seit seiner Jugend vielfältige Interessen, unter anderem an Poesie. Er pflegte enge Verbindungen zu berühmten Künstlern, unter anderem zu dem britischen Bildhauer Henry Moore oder dem deutschen Bauhaus-Begründer Walter Gropius. Im Lauf seiner wissenschaftlichen Karriere beschäftige er  sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklungsbiologie. 1947 wurde er zum Fellow of the Royal Society ernannt und war ab 1947 Professor und Leiter des Instituts für Tiergenetik an der Universität Edinburgh. An diesem Institut arbeitete Waddington nach dem Krieg konsequent an dem von ihm begründeten Konzept der Epigenetik zur kausalen Erforschung der Entwicklung. 1958 wurde er zum Commander of the British Empire (CBE) ernannt. Die American Academy of Arts and Sciences verlieh ihm eine Mitgliedschaft, ebenso die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Ehrendoktortitel verliehen ihm die Universitäten von Montreal, Prag, Genf, Cincinnati, Aberdeen und das Trinity College Dublin. 1970-71 war Waddington an der State University of New York tätig. Er starb zwei Monate vor seinem siebzigsten Geburtstag an einem Herzleiden.

Waddington erkannte, dass bei Vererbung, Entwicklung und Evolution epigenetische Mechanismen eine bedeutende Rolle spielen. Epigenetik verstand er dabei als die Summe der Faktoren, die auf Zell-, Zellgruppen- oder embryonaler Ebene agieren, um die Entwicklung zu ermöglichen, inklusive genetischer sowie interner und externer Umweltfaktoren.

Waddington stellte dar, dass ein genetisches und epigenetisches Zusammenspiel derart möglich ist, dass trotz Mutationen ein identischer Phänotyp ausgebildet wird oder erhalten bleibt. Das bedeutet dass in der Entwicklung meist mehrere Pfade angelegt sind, um einen Phänotyp bzw. ein bestimmtes phänotypisches Merkmal hervorzubringen. Die Vielzahl genetischer Alternativen ist darauf zurückzuführen, dass stets viele Gene kombiniert an der Ausbildung eines phänotypischen Merkmals beteiligt sind. Hierbei spielen Umweltstressoren eine bedeutende Rolle, die sich nicht nur auf ein einzelnes Tier, sondern auf die gesamte Population auswirken können.

Genetische Assimilation: In der Folge kann der Stimulus unnötig werden oder nur noch abgeschwächt erforderlich sein. Die Antwort des ganzen Systems auf den exogenen Stimulus  ist derart, dass dieser durch bereits vorhandene redundante, interne, genetisch/epigenetischen Mechanismen relativ leicht überschrieben und das System so genetisch fixiert, genetisch assimiliert wird (genetische Assimilation). Der externe Anstoß ist nicht mehr notwendig um den Phänotyp auszubilden. Die genetische Assimilation ist erfolgt.

1953 lieferte Waddington empirische Belege für seine Thesen in dem Aufsatz "Genetic Assimilation of an Acquired Character" und zeigt dort, wie die Adern in Fliegenflügeln verschwinden, angestoßen durch über mehrere Generationen wiederholte kurze Hitzeschocks der Fliegeneier, und wie die Adern schließlich bei einigen Tieren auch ganz ohne die Hitzeschocks wegbleiben. In der Entwicklung der Fliegen wird die Veränderung assimiliert.  Auch die sehr kurzfristige Evolution der Schnabelformen von Darwinfinken, wie sie von Peter und Rosemary Grant beschrieben wurde, wird mit Entwicklungsänderungen in Verbindung gebracht, speziell mit Änderungen des Proteins Hsp90.

Der Begriff Epigenetik wurde von Waddington erstmals verwendet. Epigenetik, wie er sie verstand, kann mit heutigen Worten gesehen werden als die Weitergabe bestimmter Eigenschaften auf die Nachkommen, die nicht oder nicht ausschließlich auf Veränderungen der Genregulation und Genexpression in der Entwicklung zurückzuführen sind.

Literatur
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  1. Waddington Conrad Hal (1940) The genetic control of wing development in Drosophila. J. Genet. Band 39: S. 75-139.
  2. Waddington C H (1941) Evolution of developmental systems. Nature 147: 108-110.
  3. Waddington C H (1942) Canalisation of development and the inheritance of acquired characters. Nature 150: 563-564.
  4. Waddington C H (1961) The human evolutionary system. In: Michael Banton (Ed.): Darwinism and the Study of Society. Tavistock, London
  5. Lange A (2012): Darwins Erbe im Umbau - Waddingtons Epigenetik - Neue Sicht auf Entwicklung und Evolution. Königshausen&Neumann Würzburg Kap.9:107-113.

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