Etienne Louis Arthur Fallot beschrieb 1888 als Erster den Ventrikelseptumdefekt im Rahmen der Fallot- Tetralogie (Briese 2015).
Etienne Louis Arthur Fallot beschrieb 1888 als Erster den Ventrikelseptumdefekt im Rahmen der Fallot- Tetralogie (Briese 2015).
Unter einem Ventrikelseptumdefekt (VSD) versteht man eine pathologische Öffnung zwischen dem rechten und linken Ventrikel.
Beim VSD existieren verschiedenen Klassifikationsmöglichkeiten. Die gängigsten Einteilungen sind:
1. Einteilung nach Defektlokalisation (Herold 2019)
2. Einteilung nach hämodynamischer Wirkung (Herold 2019)
3. Einteilung nach den Komponenten (Pinger 2019)
Pathophysiologie
Beim VSD kommt es zu einem Links- Rechts Shunt. Die Größe des Defekts und die Widerstandsverhältnisse der beiden Kreisläufe bestimmen die Shuntmenge. Das Shuntvolumen kann im Extremfall bis zu 20 l / min betragen. Das effektive Herzzeitvolumen ist i. d. R. normal (Pinger 2019).
Es kommt durch den Shunt zu einer Volumenbelastung der Ventrikel, des linken Atriums und der Lungengefäße. Der rechte Ventrikel ist aber nicht in jedem Fall mitbetroffen (die Volumenbelastung des rechten Ventrikels kann geringer sein, wenn der linke Ventrikel einen Teil des Shuntvolumens direkt in die A. pulmonalis auswirft [Pinger 2019]). Bei einem kleinen und mittelgroßen VSD zeigen sich primär weder eine Volumenbelastung noch eine Hypertrophie (Herold 2019). Falls ein großer Shunt besteht, kann es zu einer Schädigung der Lungengefäße kommen. Diese Schädigung führt konsekutiv zu einer sekundären pulmonalen Hypertonie und einer Erhöhung des pulmonalen Widerstandes (Pinger 2019).
Kleine bzw. mittelgroße Defekte bewirken eine Drucktrennung, wohingegen es zu einem Druckangleich bei großen Defekten kommt. Dabei ist das Verhältnis zwischen Lungen- zu Systemwiderstand für den Shuntfluss ausschlaggebend (Herold 2019).
Die Schwere eines VSD wird bestimmt durch das Verhältnis von pulmonalem (Qp) zu systemischem Fluss (Qs).
Nach Jahren eines größeren VSD kommt es zu
Spontanverlauf
Der Ventrikelseptumdefekt zählt als isolierte Form mit ca. 35 % zu den häufigsten angeborenen Vitien (Herold 2018) und als kombinierte Form zu den zweithäufigsten Vitien. Er tritt bei ca. 50 % aller angeborenen Herzfehler auf (Pinger 2019). Die Inzidenz der Lebendgeborenen liegt bei ca. 3/1.000. Im Erwachsenenalter beträgt die Prävalenz ca. 0,3/1.000 (Pinger 2019). m:w=1:1;
Der VSD ist ist i. d. R. angeboren.
In seltenen Fällen kann ein VSD erworben sein. Ursache können dann ein Myokardinfarkt oder ein Thoraxtrauma sein (Pinger 2019).
Anatomie des VSD
Zu unterscheiden ist zwischen dem:
Die klinische Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation des Defektes, von seiner Größe, dem Shuntvolumen und den pulmonalen Widerstandsverhältnissen.
Bei einem Links- Rechts- Shunt von 30 % bis 50 % sind das Wachstum und die Kindesentwicklung meistens normal, die körperliche Belastbarkeit kann aber bereits eingeschränkt sein (Pinger 2019). Ab einem Links- Rechts- Shunt von > 50 % (Pinger 2019) können folgende Veränderungen auftreten:
Entwicklungs- und Wachstumsverzögerungen
es besteht eine Belastungsdyspnoe
rezidivierende pulmonale Infekte häufen sich
Palpitationen sind möglich (sowohl bei ventrikulären als auch supraventrikulären Arrhythmien)
Bei Ausbildung eines Eisenmenger- Syndroms kann es zu folgenden Veränderungen kommen:
Röntgen Thorax
In der Echokardiographie lassen sich nähere Angaben machen zu:
MRT
Sollte ein isolierter VSD vorliegen, gewährleistet die Echokardiographie i. d. R. eine ausreichende Diagnostik. Bei Erwachsenen mit schlechten Schallbedingungen bietet das Kardio- MRT die beste Möglichkeit zur Diagnostik (Pinger 2019). Hierbei lassen sich darstellen:
Herzkatheter
Eine Herzkatheteruntersuchung ist erforderlich, wenn nähere Angaben zur funktionellen Relevanz benötigt werden. Hierbei sind möglich:
Inspektion
Sofern der Patient (noch) asymptomatisch ist, können bestehen:
Bei Vorliegen eines Eisenmenger- Syndrom sind vorhanden:
Palpation
Wenn ein Eisenmenger- Syndrom besteht, können vorhanden sein:
Auskultation
EKG
Langzeit- EKG
Die Behandlung eines VSDs besteht – je nach Ausprägung des Krankheitsbildes - aus konservativen Maßnahmen, chirurgischer Behandlung und einer interventionellen Therapie.
Konservative Therapie: Sofern es sich um Patienten mit kleinem VSD handelt, die bislang keine Symptomatik zeigen und bei denen keine pulmonale Hypertonie vorliegt (Qp : Qs < 1,5 : 1), sollte zunächst abgewartet werden und sporadische Verlaufskontrollen durchgeführt werden (Pinger 2019).
Patienten mit angeborenem Vitium und bestehender pulmonaler Hypertonie haben nach einem Shuntverschluss die schlechteste Prognose von allen Patienten mit angeborenem Vitium und pulmonal- arterieller Hypertension (Pinger 2019).
Die Indikation für eine operative Maßnahme ist nach ESC 2010 gegeben:
Kein Verschluss des VSDs sollte durchgeführt werden bei:
Bei einem kleinen Ventrikelseptumdefektes sollte keine Operation erfolgen bei:
Op- Technik:
Die Op erfolgt i. d. R. transtrikuspidal vom rechten Vorhof aus zur Vermeidung einer Ventrikulostomie. Je nach Defektlokalisation kann der Zugang auch vom rechten oder linken Ventrikel oder durch die Pulmonalarterie erfolgen. Der Verschluss selbst erfolgt durch
Die Op- Mortalität liegt bei < 1,4 % (Pinger 2019)
Interventionelle Therapie:
Bei muskulären oder perimembranösen VSDs wird zunehmend das katheterinterventionelle Verfahren angewandt, um den Defekt zu schließen (Herold 2019). Die interventionelle Therapie eignet sich auch für Patienten mit erhöhtem Op- Risiko. Mit einem prozeduralen Erfolg ist in 95 % der Fälle zu rechnen. Bei Patienten mit einem mittleren Durchmesser des VSD von 5 mm – 6 mm hat eine Metaanalyse bezüglich der Frühergebnisse keinen Unterschied zwischen operativer und interventioneller Behandlung gezeigt (Pinger 2019). Die Letalitätsrate ist hierbei abhängig vom Lebensalter, der Anzahl der Defekte, eventuell vorhandenen assoziierenden Anomalien, dem Druck in den Pulmonalarterien und dem Widerstand in den Lungengefäßen. Bei einem unkomplizierten VSD liegt die Letalitätsrate < 2 %. Sollte eine Re- Operation erforderlich sein, ist die Rate höher. Konkrete Zahlenangaben dazu liegen nicht vor.
Postoperativ kommt es:
Außerdem können auftreten:
Bei frühzeitiger Op wird eine Beschwerdefreiheit bei 97 % in NYHA I erreicht. Die Mortalität im Verlauf von > als 10 Jahren liegt bei 5 %. Re- Operationen sind bei ca. 4 % erforderlich. Eine Aorteninsuffizienz entwickelt sich bei 16 %. Eine Sinusknoten- Erkrankung mit Schrittmacherbedürftigkeit findet sich bei 4 % (Pinger 2019).
Bei einem kleinen VSD bzw. einem unkompliziert verschlossenen VSD bestehen keine sportlichen Beschränkungen.
Bei einem kleinen VSD ohne pulmonal- arterielle Hypertonie bzw. einem unkompliziert verschlossenen VSD gibt es keine Kontraindikation zu Kontrazeption bzw. Schwangerschaft (Pinger 2019).
Nachsorgeuntersuchungen sollten bei Kindern bis zum Abschluss der Wachstumsphase in großen Abständen (nicht näher definiert) bei einem Kinderkardiologen erfolgen. Im Erwachsenenalter sind bei Sinusrhythmus, normaler AV- Überleitung, restdefektfreiem Befund, normaler Herzgröße und -funktion und regelrechter Klappenfunktion keine weiteren regelmäßigen Kontrollen erforderlich.
Bei nicht- korrigierten kleinen restriktiven VSDs sollte eine lebenslange Überwachung erfolgen. Die Empfehlung einer Endokarditisprophylaxe besteht derzeit nicht.
Die Endokarditisprophylaxe wird postoperativ in den ersten 6 Monaten empfohlen. Anschließend ist die Prophylaxe nur noch bei Persistenz eines Rest- Shunts erforderlich (Dittrich 2013).