Ultrafiltration

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 18.10.2020

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Synonym(e)

Durch den osmotischen Druckgradienten hervorgerufener Entzug von Plasmawasser aus dem Blut in die Bauchhöhle

Erstbeschreiber

Das Prinzip der Ultrafiltration wurde 1907 erstmals von Heinrich Jakob Bechhold beschrieben (van Treeck 2019). Hinsichtlich der medizinischen Nutzung der Ultrafiltration gelang dem Schweden Niels Alwall (1904 – 1986) im Jahre 1947 die Entwicklung eines Dialysators, der neben der Entfernung von urämischen Toxinen auch noch eine Entwässerung durch kontrollierte Ultrafiltration bewirkte. In Europa waren solche Geräte bis in die 1960er Jahre hinein im Gebrauch (Hepp 2017).

Definition

Unter einer Ultrafiltration versteht man ein physikalisches „Siebprinzip“.

Flüssigkeiten (oder auch Gase) werden dabei durch eine semipermeable Membran voneinander getrennt. Die Poren der bei einer Ultrafiltration eingesetzten Membranen sind i. d. R. zwischen 10 nm – 30 nm groß und somit permeabel für niedermolekulare Stoffe bis zu einem Molekulargewicht von 25.000 Dalton.

Sobald es zu einem Druckunterschied zwischen den - durch die Membran getrennten - flüssigen Lösungen (oder Gasen) kommt, können diese die Membran durchdringen und mit ihnen auch die darin enthaltenen Moleküle (Günthert 2004).

Hinweis(e)

Im Bereich der Medizin wird das Prinzip der Ultrafiltration z. B. bei der Dialyse eingesetzt.

Durch die Erhöhung des Drucks im Blut (oder durch eine Verminderung des Drucks in der Dialyseflüssigkeit) kann die im Körper eingelagerte Flüssigkeit einschließlich der darin enthaltenen Partikel wie z. B. Urämietoxine, Medikamentenrückstände etc. durch die Membran hindurch in die isotonische bzw. isoionische Dialysatflüssigkeit diffundieren (Kuhlmann 2015)

Das Konzentrationsgefälle zwischen Blut und Dialysat wird maschinell aufrechterhalten (Kuhlmann 2015).

Der Entzug der Urämietoxine erfolgt durch Konvektion, bei der die im filtrierten Volumen enthaltenen Stoffe durch den Sog des Flüssigkeitsstroms mitgerissen werden (als sog. „solvent drag“ [Jacobi 2012]).

Dieser hat aber nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Ultrafiltration im Rahmen der Dialyse dient in erster Linie dem Entzug von Plasmawasser (Kuhlmann 2015)

Die Höhe der Ultrafiltration kann am Dialysator eingestellt werden, wobei die noch verbliebene Restharnmenge die Ultrafiltrationsmenge bestimmt: je mehr Restharn, desto niedriger kann die Ultrafiltration eingestellt werden und umgekehrt (Geberth 2011).

Einsatz der Ultrafiltration

Da es sich bei der Ultrafiltration um eine invasive Technik zur Flüssigkeitsentfernung handelt (Kasper 2015), wird diese bei einer Nierenersatzbehandlung im Rahmen einer chronischen Niereninsuffizienz oder einer Intoxikation mit ultrafiltrierbaren Stoffen eingesetzt bei z. B.:

  • bei der Hämofiltration (HF): Bei der HF wird – im Gegensatz zur Hämodialyse – die Dialyseflüssigkeit nicht durch einen Dialysator geleitet. Es wird hierbei stattdessen eine Hämofiltrationslösung i. v. injiziert und durch den Hämofilter mit Hilfe der Ultrafiltration wieder entfernt. Zusätzlich werden dabei die harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut durch Konvektion entfernt (Kuhlmann 2015).
  • bei der Peritonealdialyse (PD) s. a. APD: Hierbei wird das Peritoneum als semipermeable Membran genutzt, durch die mit Hilfe der Ultrafiltration eingelagerte Flüssigkeiten und harnpflichtige Substanzen über das Dialysat aus dem Körper entfernt werden können (Kuhlmann 2015).
  • beim peritonealen Äquilibrationstest (PET): Beim PET werden u. a. die Ultrafiltrationseigenschaften des Peritoneums gemessen. Dabei stimuliert die beim Test verwendete hochprozentige Glukose über Aquaporinkanäle die Ultrafiltration (Bruck 2017).
  • bei Intoxikationen: Auch bei Intoxikationen mit dialysablen bzw. ultrafiltrierbaren toxischen Stoffen wird eine Nierenersatzbehandlung zur extrakorporalen Giftelimination genutzt. Zu diesen Stoffen zählen z. B. verschiedene Alkohole, Barbiturate, Bromide, Carbamazepin, Coffein, Lithium, Methotrexat, Salicylate, Theophyllin, Valproinsäure etc. (Kuhlmann 2015 / Herold 2020)
  • bei akuter Herzinsuffizienz: Die Ultrafiltration im Rahmen einer Dialyse wurde kürzlich in einer Studie (Cardiorenal Rescue Study = CARRESS-HF) auch bei Patienten mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz und sich verschlechternden Nierenwerten untersucht. Eine Gruppe wurde dabei pharmakologisch behandelt, die andere Gruppe durch die Dialyse. Dabei zeigte sich, dass die Höhe der Mortalität, die Länge des KH- Aufenthaltes und die erzielte Gewichtsabnahme in beiden Gruppen gleich waren. Es kam aber in der dialysierten Gruppe zu einem weiteren Anstieg des Kreatinin bis hin zum Nierenversagen und zu Blutungskomplikationen. Von daher kann die Ultrafiltration im Rahmen einer akuten Herzinsuffizienz nicht als primäre Strategie empfohlen werden (Kasper 2015). 

Literatur
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  1. Bruck H et al. (2017) Standardisierung des peritonealen Äquilibrierungstest (PET) bei Peritonealdialyse: Eine Expertenempfehlung. Der Nephrologe (12) 33 - 39
  2. Geberth S et al. (2011) Praxis der Dialyse nach den Leitlinien NKF KDOQITM, KDIGO, EDTA, DGfN. Springer Verlag 114
  3. Günthert F W et al. (2004) Ultrafiltration zur Trinkwasseraufbereitung. Tagungsband zum Seminar am 30.06.2004 an der Universität der Bundeswehr München. Druck: Universität der Bundeswehr München 3.2 - 3.5
  4. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 644 – 645
  5. Jacobi B et al. (2012) Last Minute Physiologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag 3
  6. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1508 – 1509, 1824 - 1825
  7. Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2243
  8. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 682 - 688
  9. van Treeck C et al. (2019) Gebäudetechnik als Strukturgeber für Bau- und Betriebsprozesse: Trinkwassergüte – Energieeffizienz – Digitalisierung. Springer Vieweg Verlag 128

Weiterführende Artikel (1)

PET;
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