Talimogen laherparepvec

Zuletzt aktualisiert am: 24.06.2021

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Synonym(e)

T-VEC

Definition

Talimogen laherparepvec (T-Vec) gehört zur Gruppe der onkolytischen Immuntherapeutika (onkolytische Virotherapie). Es handelt sich bei diesem Immuntherapeutikum um ein gentechnisch verändertes Herpes-simplex-Virus, Typ 1 (HSV-1). Talimogen laherparepvec (T-VEC) zeigte eine signifikante Verbesserung der dauerhaften Ansprechrate, der objektiven Ansprechrate und des progressionsfreien Überlebens in einer randomisierten klinischen Phase-III-Studie für Patienten mit fortgeschrittenem Melanom. Talimogen laherparepvec ist die erste onkolytische Virustherapie, die von der US FDA für die Behandlung des fortgeschrittenen Melanoms zugelassen wurde. Das Präparat ist in Deutschland ebenfalls zugelassen.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Talimogen laherparepvec (T-VEC) ist durch die Deletion des viralen Herpes-Neurovirulenz-Gens attenuiert und durch die gleichzeitige Deletion des viralen ICP47-Gens in seiner Immunogenität verstärkt. Die Immunogenität wird außerdem durch die Expression des Gens für den humanen Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) unterstützt, der das Priming von T-Zell-Reaktionen fördert.  Der virale Wirkstoff ist so konzipiert, dass er Melanomzellen detektieren, sich in ihnen replizieren und das immunstimulierende GM-CSF produzieren kann. Die gezielte Infektion von Tumorzellen mit konsekutiver, massenhafter Vermehrung des Virus in der Zelle, führt zu ihrer  Zerstörung. Sie zerplatzt. Die induzierte virale Onkolyse hat  eine systemisch relevante anti-tumorale Immunantwort zur Folge, die andere im Körper befindliche Tumorzellnester nachhaltig und gezielt attackiert.

Wirkungsspektrum

Die Deletion von ICP47 und ICP34.5 erweist sich in der Melanombehandlung als sehr hilfreich. In einigen Tumorzellen ist die Proteinkinase R (PKR) nur wenig oder gar nicht ausgeprägt. PKR ist eine zelluläre Kinase, die normalerweise die Proteinsynthese in Virus-infizierten Zellen zum Erliegen bringt. Ohne ICP34.5 kann sich T-Vec in diesen Zellen vermehren, nicht aber in Zellen, die PKR exprimieren. In Folge führt T-Vec zur Tumorlyse, wobei normale Zellen nicht angegriffen werden. Die Entfernung von ICP47 sorgt einerseits dafür, dass das Immunsystem die infizierten Tumorzellen erkennen kann. Andererseits wird die virale Replikation in den malignen Zellen erhöht. Mit der hinzugefügten codierten Sequenz hGM-CSF soll die Immunantwort auf den Tumor verstärkt werden. Vermutlich fördert das Virus mit hGM-CSF eine systemische Antitumor-Immunantwort und eine Effektor-T-Zell-Reaktion.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Talimogen laherparepvec zeigte eine signifikante Verbesserung der dauerhaften Ansprechrate, der objektiven Ansprechrate und des progressionsfreien Überlebens in einer randomisierten klinischen Phase-III-Studie für Patienten mit fortgeschrittenem Melanom.

Ergebnisse zur Zulassung von Imlygic wurde in der offenen, multinationalen, randomisierten, klinischen Phase-III-Studie OPTiM evaluiert. In dieser Studie wurde der Behandlungserfolg bei 436 Patienten mit fortgeschrittenem, inoperablem Melanom gemessen. Dabei wurde Imlygic mit der subkutanen Injektion von GM-CSF verglichen. Um auch verzögerten, immunvermittelten antitumoralen Effekten eine Chance zu geben, dauerte die Behandlung mindestens sechs Monate lang an (oder solange, bis keine injizierbaren Melanome mehr feststellbar waren). Die Therapie wurde auch fortgeführt, wenn die Läsionen zunächst wuchsen oder neue hinzukamen.

Als primärer Endpunkt war die dauerhafte Ansprechrate definiert. Diese bestand aus einem partiellen oder kompletten Ansprechen über mindestens sechs Monate. Als sekundäre Endpunkte wurden die Gesamtüberlebensrate (overall survival, OS), die Gesamtansprechrate (overall response rate, ORR), die Zeit bis zum Ansprechen, die Ansprechdauer und die Zeit bis zum Therapieversagen bewertet.

Mit Imlygic sprachen 16,3 Prozent der Probanden dauerhaft auf die Behandlung an, mit GM-CSF nur 2,1 Prozent. Die ORR fiel mit einem Verhältnis von 26,4 versus 5,7 Prozent ebenfalls zugunsten von Imlygic aus. Das Medikament überzeugte auch bei der medianen OS mit 23,3 versus 18,9 Monaten. Die Zeit, bis die Patienten auf Imlygic ansprachen betrug 4,1 Monate (vs. 3,7 Monate), bis zum Therapieversagen 8,2 Monate (2,9 Monate).

Eine Untersuchung einer Subgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die onkolytische Immuntherapie deutlich besser wirkte, wenn Lunge oder andere innere Organe noch nicht befallen waren.

Indikation

Talimogen laherparepvec und ist zur Behandlung von Erwachsenen mit nicht resezierbarem, lokal oder entfernt metastasiertem Melanom (Stadium IIIB, IIIC und IVM1a) ohne Knochen-, Hirn-, Lungen- oder Viszeral-Beteiligung indiziert.

Schwangerschaft/Stillzeit

Hierzu liegen keine Daten vor. Wenn eine Schwangere eine HSV-1-Wildtyp-Infektion (primär oder reaktiviert) hat, besteht die Möglichkeit, dass das Virus die Plazentaschranke überschreitet, sowie das Risiko einer Übertragung während der Geburt durch die Ausscheidung von Viren. HSV-1-Wildtyp-Infektionen wurden mit schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen einschließlich Multiorganversagen und Tod in Verbindung gebracht, wenn ein Fötus oder Neugeborenes an einer Infektion mit Herpes-Wildtyp erkrankt.

Dosierung und Art der Anwendung

Imlygic ist als Injektionslösung mit 106 und 108 plaquebildenden Einheiten pro ml (PFU/ml) Injektionslösung erhältlich. Das Medikament wird intraläsional injiziert, also direkt in die Melanome, die sichtbar, tastbar oder sonografisch nachweisbar sein müssen. Von der Einstichstelle ausgehend erfolgt die Injektion fächerförmig in den Tumor. So soll eine gleichmäßige Verteilung der Viren gewährleistet werden. Die zu applizierende Menge hängt von der Ausprägung und Größe des Melanoms ab. Maximal dürfen aber nicht als 4 ml Gesamtinjektionsvolumen gespritzt werden.

Für die erste Behandlung steht die geringer konzentrierte Lösung zur Verfügung. Nach drei Wochen sowie anschließend alle zwei Wochen oder auch bei einer Wiederaufnahme der Behandlung sollte die Injektionslösung der höheren Konzentration gewählt werden. Der Hersteller empfiehlt üblicherweise eine Therapiedauer von mindestens sechs Monaten.

Unerwünschte Wirkungen

Fatigue (50,3 %), Schüttelfrost (48,6 %), Pyrexie (42,8 %), Übelkeit (35,6 %), grippeähnliche Erkrankungen (30,5 %) und Schmerzen an der Injektionsstelle (27,7 %).

Herpesinfektionen:  Herpesinfektionen bei Patienten, die mit Imlygic behandelt wurden treten gehäuft auf: Lippenherpes; Keratitis herpetica. Talimogen laherparepvec ist gegenüber Aciclovir empfindlich. Die Risiken und der Nutzen einer Imlygic-Behandlung sollten berücksichtigt werden, bevor Aciclovir oder andere antivirale Wirkstoffe, die zur Behandlung von Herpesinfektionen indiziert sind, angewendet werden. Diese Wirkstoffe können die Wirksamkeit der Behandlung beeinträchtigen, wenn sie systemisch oder topisch direkt an der Injektionsstelle angewendet werden.

Zellulitis an der Injektionsstelle:  Nach der Behandlung mit Imlygic kann eine Nekrose oder Ulzeration von Tumorgewebe auftreten. Das Auftreten von Zellulitis und systemischen bakteriellen Infektionen wurde berichtet.

Immunvermittelte Ereignisse: berichtet wurde über Glomerulonephritiden, Vaskulitiden, Pneumonitis, Verschlechterung einer Psoriasis sowie über das Auftreten einer Vitiligo.

Plasmozytom an der Injektionsstelle: Nach Anwendung von Imlygic wurde über ein Plasmozytom in der Umgebung der Injektionsstelle berichtet.

Obstruktive Atemwegserkrankungen können verschlimmert werden.  

HSV-1-seronegative Patienten: Es wurde berichtet, dass bei Patienten mit einer anfänglichen HSV-1-Seronegativität Pyrexie, Schüttelfrost und grippeähnliche Erkrankungen, insbesondere innerhalb des Zeitraums der ersten 6 Behandlungen, mit einer größeren Inzidenz auftraten als bei jenen, die anfänglich HSV-1-seropositiv waren

Wechselwirkungen

Aciclovir oder andere antivirale Wirkstoffe können die Wirksamkeit der Behandlung beeinträchtigen, wenn sie systemisch oder topisch direkt an der Injektionsstelle angewendet werden.

Präparate

Imlygic®

Literatur
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  1. Bommareddy PK et al. (2017) Talimogene Laherparepvec (T-VEC) and Other Oncolytic Viruses for the Treatment of Melanoma. Am J Clin Dermatol 8:1-15.
  2. Fachinformation: Imlygic
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Zuletzt aktualisiert am: 24.06.2021