Ramucirumab

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2022

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Definition

Ramucirumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper vom Typ IgG1 der den VEGF-Rezeptor 2 erkennt und daran bindet. Der Vascular endothelial growth factor receptor 2, kurz VEGF R2 ist eine Tyrosinkinase, ein Schlüsselmediator über das VEGF-induziertes Blutgefäßwachstum initiiert und unterhalten wird. Der VEGF-Rezeptor 2 ist essenziell für eine ausreichende vaskuläre Versorgung eines Tumorparenchyms. Dies erklärt auch dass bei vielen malignen Tumoren das Rezeptorprotein VEGF R2 hochreguliert ist (Aprile G et al. 2014) .

Pharmakodynamik (Wirkung)

Ramucirumab dockt an die extrazelluläre Domäne des Rezeptors VEGF R2 an. Durch diese Rezeptorblockade wird eine Bindung der Liganden VEGF-A, VEGF-C und VEGF-D an ihren physiologischen Rezeptor unterbunden. Dadurch verhindert Ramucirumab die Liganden-stimulierte Aktivierung des VEGF Rezeptor-2 und der nachgeordneten Signalkaskaden, einschließlich der p44/p42 Mitogen-aktivierten Proteinkinasen, wodurch die Liganden-induzierte Proliferation und Migration der humanen Endothelzellen unterbunden wird. Damit wird das Wachstum und Neogenese von Blutgefäßen verhindert. Die vaskuläre Versorgung des Tumors wird kontinuierlich reduziert. Produziert wird dieser Antikörper durch die Maus-Myelomzelllinie NS0.

Die mittlere Halbwertszeit beträgt 14 Tage, die Clearance 0,015l/h.

Indikation

Ramucirumab  ist seit September 2019 zur Therapie von Erwachsenen mit fortgeschrittenem oder nicht operablem hepatozellulärem  Karzinom zugelassen, die zuvor mit dem Wirkstoff Sorafenib behandelt wurden und bei denen im Blut der Tumormarker Serum-Alpha-Fetoprotein deutlich erhöht ist (über 400 ng pro ml).

Indikation

Ramucirumab wird in Kombination mit Paclitaxel bei fortgeschrittenem Magenkarzinom gegeben, deren Krankheit nach einer vorherigen Arzneimitteltherapie gegen Krebs weiter fortschreitet. Ramucirumab wird zur Behandlung von fortgeschrittenem Colonkarzinom bei Erwachsenen eingesetzt. Es wird zusammen mit einer sogenannten FOLFIRI-Chemotherapie (5-Fluorouracil, Folinsäure und Irinotecan) verabreicht.

Weiterhin wird Ramucirumab in Kombination mit Erlotinib als Erstlinien-Therapie für die Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom eingesetzt, wenn die Krebszellen bestimmte Veränderungen (Mutationen) im epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-Gen aufweisen.

Ramucirumab wird in Kombination mit Docetaxel bei fortgeschrittenem Bronchialkarzinom eingesetzt.

Ramucirumab wird zur Behandlung von fortgeschrittenem oder inoperablem heptatozellulären Karzinom bei Erwachsenen eingesetzt.

Schwangerschaft/Stillzeit

Gebärfähige Frauen / Kontrazeption bei Frauen: Gebärfähige Frauen müssen effektive Maßnahmen zur Kontrazeption während und bis zu 3 Monate nach der Behandlung anwenden.

Schwangerschaft: Es gibt keine Daten über die Anwendung von Ramucirumab bei schwangeren Frauen. Wenn eine Patientin während der Therapie mit Ramucirumab schwanger wird, muss sie über das potentielle Risiko für die Schwangerschaft und das Risiko für den Fetus aufgeklärt werden.

Stillzeit: Es ist nicht bekannt, ob Ramucirumab in die Muttermilch übergeht. Die Exkretion in die Milch und eine orale Aufnahme werden als gering eingeschätzt. Da ein Risiko für das gestillte Neugeborene / den Säugling nicht ausgeschlossen werden kann, sollten Frauen während der Therapie mit Ramucirumab das Stillen abbrechen und auch nach Therapieende mindestens 3 Monate nicht stillen.

 

Komplikation(en)

Fertilität: Daten zur Wirkung von Ramucirumab auf die humane Fertilität sind nicht verfügbar. Basierend auf Tierstudien wird angenommen, dass die weibliche Fertilität während der Therapie mit Ramucirumab wahrscheinlich beeinträchtigt ist.

Unerwünschte Wirkungen

Hypertonie: In Studien traten bei 11 von 100 Personen eine erhebliche Hypertonie, bei 18% Kopfschmerzen auf. Weiterhin wurden Ödeme der Unterschenkel oder Füße beobachtet.

Der Einfluss von Ramucirumab bei Patienten mit schweren oder nicht-heilenden Wunden: Da Ramucirumab eine antiangiogene Therapie ist und ein Potential für einen negativen Einfluss auf die Wundheilung haben kann, muss die Ramucirumab-Therapie mindestens 4 Wochen vor einer geplanten Operation unterbrochen werden.  Falls ein Patient während der Therapie eine Komplikation bei der Wundheilung erleidet, muss die Behandlung mit Ramucirumab unterbrochen werden, bis die Wunde vollständig verheilt ist.

Leberinsuffizienz: Bei Patienten mit schwerer Leberzirrhose (Child-Pugh B oder C), Zirrhose mit hepatischer Enzephalopathie, klinisch signifikantem Aszites durch Zirrhose oder einem hepatorenalen Syndrom muss Ramucirumab mit Vorsicht angewendet werden. Für solche Patienten liegen nur sehr begrenzt Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit vor.

Hepatische Enzephalopathie: Bei mit Ramucirumab behandelten HCC-Patienten wurde eine höhere Inzidenz an hepatischer Enzephalopathie als bei Placebo-Patienten berichtet. Patienten sind auf klinische Zeichen und Symptome einer hepatischen Enzephalopathie zu überwachen. Tritt bei Patienten eine hepatische Enzephalopathie oder ein hepatorenales Syndrom auf, muss deren Behandlung mit Ramucirumab endgültig beendet werden.

Fisteln: Patienten, die mit Ramucirumab behandelt werden, können ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Fisteln aufweisen. Sollten sich Fisteln entwickeln, muss die Behandlung mit Ramucirumab endgültig beendet werden.

Proteinurie: Bei Ramucirumab-Patienten wurde eine höhere Inzidenz an Proteinurie als bei Placebo-Patienten berichtet. Patienten müssen hinsichtlich einer Entstehung oder Verschlechterung einer Proteinurie während der Ramucirumab-Therapie beobachtet werden. Ramucirumab muss endgültig abgesetzt werden, wenn die Proteinausscheidung >3 g/24 h beträgt, oder wenn ein nephrotisches Syndrom auftritt.

Stomatitis: Bei Patienten, die Ramucirumab in Kombination mit Chemotherapie erhielten, wurde eine erhöhte Stomatitis-Inzidenz im Vergleich zu Patienten, die mit Placebo plus Chemotherapie behandelt wurden, berichtet. Mit einer symptomatischen Behandlung sollte unverzüglich begonnen werden, wenn eine Stomatitis auftritt.

Niereninsuffizienz: Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance 15 bis 29 ml/min.) sind für die Therapie mit Ramucirumab begrenzt Sicherheitsdaten verfügbar.

Haut: Sehr häufig treten Effluvium und Alopezie auf. Häufig ist mit einem  Erythrodysästhesie-Syndrom (Hand-Fuß-Syndrom) zu rechnen (Cyramza Fachinformation).

Präparate

Cyramza®

Hinweis(e)

Zugelassen wurde Ramucirumab als Cyramza® durch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA im April 2014. Die Begutachtung erfolgte dabei anhand eines beschleunigten Zulassungsverfahrens. In der EU ist Ramucirumab für die Behandlung für bestimmte Patienten mit Magen-, Darm-, Lungenkrebs und Leberkrebs

Literatur
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  1. Aprile G et al. (2014) Ramucirumab: preclinical research and clinical development. Onco Targets Ther 7:1997-2006.
  2. Cyramza Fachinformation https://www.lilly-pharma.de/de/pdf/fachinformation/fachinformation_cyramza.pdf (abgerufen am 9.9.2020 - 20.15 Uhr)
  3. Khan U et al. (2019) Ramucirumab for the treatment of gastric or gastro- esophageal junction cancer. Expert Opin Biol Ther 19:1135-1141.
  4. Maione P et al. (2017) The Role of the Antiangiogenetic Ramucirumab in the Treatment of Advanced Non Small Cell Lung Cancer. Curr Med Chem 24:3-13.
  5. Noguerido A et al. (2018) The safety of ramucirumab for the treatment of colorectal cancer. Expert Opin Drug Saf 17:945-951.
  6. Shitara K et al. (2015)  Ramucirumab for gastric cancer. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 9:133-139.
  7. Tabernero J et al. (2015) Ramucirumab versus placebo in combination with second-line FOLFIRI in patients with metastatic colorectal carcinoma that progressed during or after first-line therapy with bevacizumab, oxaliplatin, and a fluoropyrimidine (RAISE): a randomised, double-blind, multicentre, phase 3 study. Lancet Oncol 16:499-508.

Verweisende Artikel (1)

VEGF;

Weiterführende Artikel (1)

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