PDGFR-Inhibitoren vom Typ der “small molecule immuno-oncology agents”

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 13.06.2022

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Synonym(e)

PDGFR-Hemmer; PDGFR-Inhibitoren; small molecule immuno-oncology agents

Definition

PDGFR-Inhibitoren vom Typ der „small molecule immuno-oncology agents“ sind neuartige Pharmaka, die das Spektrum der Tumortherapeutika deutlich erweitert haben. Es handelt sich um kompetitive ATP-Inhibitoren, die auf die ATP-Bindungsstelle der PDGFR-Kinase abzielen und den Phosphorylierungsprozess blockieren. Small molecule immuno-oncology agents bestehen hauptsächlich aus Chinoxalinen, Chinazolinen, Anthrachinonen und Benzimidazolen. Um sie von den peptidischen Rezeptorblockern zu unterscheiden, werden sie als „small molecule immuno-oncology agents“ oder kurz als „small molecules“ bezeichnet. Bei geringer Antigenität können niedermolekulare Immuno-Onkologika die Nachteile therapeutischer monoklonaler Antikörper überwinden. Weiterhin können sie vorhandene therapeutische Antikörper oder eine Chemotherapie ergänzen und oder auch in Kombination mit Antikörpern verwendet werden, wobei synergistische Effekte erzielbar sind.

Einteilung

Mehr als 10  PDGFRα / β-Multikinase-Antagonisten wurden zur Behandlung diverser neoplastischer Erkrankungen und der interstitiellen Lungenfibrose zugelassen:

  • Typ I-Proteinkinase-Inhibitoren interagieren mit der aktiven Enzymform mit DFG-D des proximalen Aktivierungssegments, das nach innen zum aktiven Zentrum (DFG-Din) gerichtet ist.
  • Typ-II-Inhibitoren binden an ihr Ziel, wobei das DFG-D vom aktiven Zentrum weg zeigt (DFG-Dout).

PDGFR-Inhibitoren vom Typ der „small molecule immuno-oncology agentsinhibieren die PDGF induzierte Signaltransduktion. Damit können sie Proliferationssignale herunterregulieren, Tumorangiogenese hemmen und die Tumorzellapoptose fördern. Häufig blockieren die PDGFR- Kinasehemmer jedoch nicht nur eine Rezeptorkinase, sondern in unterschiedlicher Präferenz neben der PDGFR-Kinase noch andere Rezeptor-Tyrosinkinase wie die BCR-ABL-Tyrosinkinase oder KIT-Kinasen. So lautet beispielsweise die Tyrosinkinase-Präferenz für Nilotinib: BCR-ABL > PDGFR > KIT.

PDGFR- Proteinkinase-Inhibitoren, die bereits zugelassen oder in fortgeschrittener klinischer Prüfung sind:   

  • Imatinib: blockiert die c-Kit-Rezeptor-Tyrosinkinase, die BCR-ABL-Tyrosinkinase sowie PDGFR. Die Tyrosinkinase-Präferenz für Nilotinib lautet: BCR-ABL > PDGFR > KIT
  • Nilotinib: Tyrosinkinasehemmer mit der Indikation: bei Philadelphia-Chromosom-positiver chronisch-myeloischer Leukämie. Die Tyrosinkinase-Präferenz für Nilotinib lautet: BCR-ABL > PDGFR > KIT.
  • Pazopanib: Tyrosinkinasehemmer der mehrere Tyrosinkinasen hemmt (VEGFR, PDGFR, KIT). Indikation: Nierenzellkarzinom​
  • Radotinib: Tyrosinkinasehemmer der mehrere Tyrosinkinasen hemmt (Bcr-Abl, VEGFR). Indikation: chronisch myeloische Leukämie.
  • Crenolanib (in klinischer Prüfung): Selektiver Inhibitor von Tyrosinkinasen vom Typ III mit nanomolaren Potenzen gegen PDGFR (Isoformen alpha-PDGFR und beta-PDGFR) und Fms-verwandte Tyrosinkinase 3 (FLT3). Neben PDGFR und FLT3 hemmt Crenolanib keine andere bekannte Rezeptortyrosinkinase (RTK) in klinisch erreichbaren Konzentrationen.
  • Orantinib (in klinischer Prüfung): Selektiver Inhibitor von Tyrosinkinasen (VEGFR, PDGFR, FGFR1) Orantinib hat jedoch keinen Einfluss auf die EGF-stimulierte EGFR-Tyrosinphosphorylierung.  
  • Sunitinib: Hemmer mehrerer Tyrosinkinasen (PDGFR, VEGFR, c-Kit). Daneben werden auch einige Serin-Threonin-Kinasen gehemmt (Multikinase-Hemmer). Indikation: metastasierte gastrointestinale Stromatumoren (GIST).
  • Linifanib  CAS-Nummer: 796967-16-3 : Neuartiger Inhibitor der VEGFR- und PDGF-Rezeptor (PDGFR) -Familie von Tyrosinkinasen. Indikation: Patienten mit Chemotherapie-naivem fortgeschrittenem oder rezidivierendem NSCLC.

Wirkungsspektrum

Der PDGFR (PDGF-Rezeptor) „platelet-derived-growth-factor-Rezeptor“ ist ein Tyrosinkinase-Rezeptor mit Protein-Tyrosinkinase-Aktivität. Er besteht aus einer extrazellulären Domäne, die spezifisch von PDGFs erkannt wird, einer intermediären hydrophoben Domäne einer einzelsträngigen Sequenztransmembran und einer Peptiddomäne mit einer Tyrosin-Proteinkinaseaktivität am intrazellulär gelegenen C-Terminus der Zelle.  Wenn PDGF an seinen PDGF-Rezeptor bindet, aktiviert und verstärkt es das Signal durch spezifische Dephosphorylierung von Tyrosinresten, fördert die Aktinumlagerung und übt physiologische Funktionen wie Mitose und Chemotaxis aus. Die Überexpression der PDGF- und PDGFR-Familien hängt eng mit einer Reihe von Krankheiten zusammen, wie bösartigen Tumoren, Atherosklerose, arterieller Restenose und Fibrose. Gegenwärtig wird die PDGF-Signalübertragung hauptsächlich durch Hemmung von PDGFR und Blockierung seiner Tyrosinkinase-Phosphorylierung und nachgeschalteten Signaltransduktion reduziert.

Literatur
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  1. Bergsten E et al. (2001) PDGF-D is a specific, protease-activated ligand for the PDGF beta-receptor. Nat Cell Biol 3: 512-516.
  2. Cheng B et al. (2018) Recent advances in small molecule based cancer immunotherapy. Eur J Med Chem 157:582-598.
  3. Chen S et al. (2019) Small-Molecule Immuno-Oncology Therapy: Advances, Challenges and New Directions. Curr Top Med Chem 19: 180-185.
  4. Roskoski R Jr (2018) The role of small molecule platelet-derived growth factor receptor (PDGFR) inhibitors in the treatment of neoplastic disorders. Pharmacol Res 129:65-83.

Weiterführende Artikel (3)

Imatinib; Nilotinib; Sunitinib;
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