Interstitielle Lungenerkrankungen J84.9

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 13.08.2020

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Synonym(e)

Diffuse Lungenparenchymerkrankungen; Diffus fibrosierende Alveolitis; DPLD; Idiopathische interstitielle Lungenfibrose; Idiopathisch fibrosierende Alveolitis; ILD; Kryptogenetisch fibrosierende Alveolitis

Erstbeschreiber

Liebow und Carrington fassten 1969 erstmals die Gruppe der idiopathischen interstitiellen Pneumonien (IIP) auf Grund histologischer Kriterien zusammen.

Definition

Interstitielle Lungenerkrankungen sind chronisch verlaufende Entzündungen des Lungeninterstitums mit Einbeziehung der alveolo-kapillären Membranen. Die Folge der chronischen Inflammation ist eine Zunahme der bindegewebigen Strukturelemente des Lungenparenchyms mit konsekutiver Lungenfibrose (z.T. mit Honigwabenstruktur). 

Einteilung

Die aktuelle Klassifikation der idiopathischen interstitiellen Pneumonien, wurde 2002 gemeinsam von der American Thoracic Society (ATS) und der European Respiratory Society (ERS) - in Anlehnung an die von Liebow und Carrington (s.o.) erstellte Zusammenfassung - veröffentlicht. Es wird nunmehr unterschieden:

Vorkommen/Epidemiologie

Die IIP machen die Hälfte aller interstitiellen Lungenerkrankungen aus.

Die Prävalenz beträgt 67,5 bei Frauen und 80,9 bei Männern pro 100.000 Einwohner.

Die Mortalität ist bei bestimmten Untergruppen hoch (z.B. IPF 68 %), bei anderen sind aber auch komplette Remissionen möglich.

Ätiopathogenese

Primär führt eine meistens unbekannte Noxe zu einem chronischen Epithelschaden, der wiederum zu einer irregulären Reparation führt.

Bei allen IIP finden wir eine Aktivierung der Fibroblasten, eine Zunahme der Bindegewebematrix und eine variabel ausgeprägte Entzündung der Alveolarwand. Heutzutage wird die Alveolitis als Begleitphänomen gesehen und nicht mehr als eine primäre Entzündung.

 

Nachtrag:

Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) findet sich bei bis zu 60 % eine in der CT nachgewiesene interstitielle Lungenerkrankung (ILD).

Nach neuesten Erkenntnissen haben die Pathogenese der RA-ILD und die der idiopathischen Lungenfibrose genetische Gemeinsamkeiten: Die MUC5B-Promotor-Variante rs35705950 ist assoziiert mit der RA-ILD und ist besonders spezifisch für eine in der CT diagnostizierte interstitielle Pneumonie.

Dieses könnte zu einer früheren ILD-Diagnose bei Patienten mit RA führen und ggf. auch Einfluss auf die medikamentöse Therapie haben, da Medikamente, die sich bei der idiopathischen Lungenfibrose als wirksam erwiesen haben, auch bei Patienten mit RA-ILD zu prüfen sind.

 

Literatur:

- Juge P-A et al. (2018) MUC5B-Promoter Variant and Rheumatoid Arthritis with Interstitial Lung Disease. NEJM379: 2209-2219

Manifestation

Allen Erscheinungsbildern der Interstitiellen Pneumonie gemein sind Atemnot, besonders bei Belastung und trockener Husten. Ansonsten unterscheiden sich die einzelnen Krankheitsbilder mehr oder weniger.

Näheres siehe entsprechendes Krankheitsbild

Bildgebung

Die HRCT spielt heutzutage die primäre Rolle bei der Diagnosestellung und Zuordnung der einzelnen Erkrankungsformen und sollte bei V.a. eine idiopathische interstitielle Pneumonie immer durchgeführt werden.

Die Spezifität der HRCT ist recht hoch, die Sensitivität jedoch niedrig. Es hat sich gezeigt, dass, wenn ein erfahrender Radiologe die Diagnose als sehr wahrscheinlich einstuft, diese in ca. 90 % bestätigt wird.

Falls durch die HRCT keine eindeutige Diagnosezuordnung möglich ist, sollten Biopsien aus unterschiedlichen Entnahmestellen entnommen werden. Dieses kann transbronchial, durch eine VATS (videoassistierte Thorakoskopie) oder durch eine offene Biopsie erfolgen.

Labor

LDL leicht erhöht, BSG beschleunigt, gelegentlich antinukleäre AK oder Rheumafaktoren gering erhöht

Diagnose

Der begründete Verdacht auf eine Interstitielle Pneumonie besteht:

  • bei über einen längeren Zeitraum bestehender Atemnot, besonders bei Belastung, zusammen mit einem unproduktiven Husten
  • familiärer Belastung, insbesondere Fibrose
  • inspiratorisches Knisterrasseln über der Lungenbasis auskultierbar (bei > 80 %) und bei fortgeschrittener Fibrose Quietschen/Knarren
  • in der Lungenfunktion verminderte FVC
  • deutlich eingeschränkte CO-Diffusion (kann dem Verlust der FVC vorangehen)
  • basal betontes oder pleurarandständiges retikuläres Zeichnungsmuster im Röntgen-Thorax, aber auch Normalbefund möglich (bei ca. 10 %)

Im Durchschnitt vergehen etwa 21 Monate von Beginn der Erkrankung bis hin zur Diagnose.

Früher war für die Diagnose eine chirurgische Lungenbiopsie der Goldstandard. Heutzutage wird die Diagnose bevorzugt anhand einer hochauflösenden Computertomographie (HRCT) gestellt.

Differentialdiagnose

Literatur
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  1. Baumann A (2015) Über den Verlauf der Idiopathischen Pulmonalen Fibrose und den Einfluss klinischer Exazerbationen mit nachfolgender stationärer Behandlung auf Krankheitsprogress und Überleben, Inauguraldissertation. Justus-Liebig-Universität Gießen
  2. Gerok W et al. (2007) Die Innere Medizin 1332-1333
  3. Günther A et al. (2003) Dtsch Ärztebl 100 (24) A:1676/ B:1389/ C:1305
  4. Herold G et al. (2018) Innere Medizin 374 und 392-394
  5. Kasper DL et al. (2015) Harrison's Principles of Internal Medicine 1708-1713
  6. Kasper DL (2015) Harrisons Innere Medizin 2089-2096
  7. Köhler et al. (2010) Pneumologie 141-151
  8. Kreuter M et al. (2016) Seltene Lungenerkrankungen 143-162
  9. Lorenz J et al. (2016) Checkliste Pneumologie (Checklisten XXL) S 323-330
  10. Müller HM (2003) Die Klassifikation der interstitiellen Pneumonien aus pathologisch-anatomischer und klinischer Sicht. Inaugural-Dissertation. Ruhr-Universität Bochum
  11. Travis WD (2013) An Official American Thoracic Society/European Respiratory Society Statement: Update of the International Multidisciplinary Classification of the Ideopathic Interstitial Pneumonias. AJRCCM 188 (6) 733-748

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