Fibrodysplasia ossificans progressiva M61.1

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 26.01.2019

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Synonym(e)

Fibrodysplasia ossificans multiplex progressiva; FOP; Muenschmeyer`s disease; Münchmeyer-Syndrom; Myositis ossificans progressiva; OMIM 135100

Erstbeschreiber

Münchmeyer E 1869; Guy Patin 1692

Definition

Seltene (weltweit wurden etwa 600 Fälle beschrieben), schwer verlaufende, autosomal dominant vererbte Systemerkrankung mit fortschreitender Verknöcherung des Binde- und Stützgewebes des menschlichen Körpers. Klinisch zeichnet sie sich angeborene Fehlbildungen der großen Zehen und eine progressive, extraossäre, heterotope Ossifizierung mit qualitativ normalem Knochen.

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz wird mit <1: 2 Millionen Personen geschätzt. Alle Ethnien und geographischen Regionen sind gleich häufig betroffen. W:m=1:1.

Ätiopathogenese

Ursächlich liegt der klassischen FOP eine wiederkehrende aktivierende Mutation (617G>A; R206H) im ACVR1/ALK2-Gen (2q24.1), das für den Activin A-Rezeptor Typ I/für die Activin-ähnliche Kinase 2, einem Bone Morphogenetic Protein (BMP)-Typ I-Rezeptor kodiert. Bei atypischen FOP-Patienten werden auch heterozygote ACVR1-Missense-Mutationen von konservierten Aminosäuren gefunden. Hierdurch kommt es nach banalsten Traumata zunächst zu einer Kalzifikation und konsekutiv zu  einer heterotopen Ossifikation. Diese Ossifikationsherde sind in der Muskulatur als harte Plaques oder Knoten tastbar. Die Verknöcherungen nehmen über Jahre zu, sodass sich der Körper langsam versteift. Die Betroffenen werden rollstuhlpflichtig.

 

Klinisches Bild

Während des ersten Lebensjahrzehnts treten sporadische Episoden von schmerzhaften Weichteilschwellungen (sog. Flare-ups) auf. Diese werden durch Verletzungen der Weichteile, z.B. nach banalen Traumata oder nach intramuskulären Injektionen, nach Virusinfektionen, Muskelzerrungen ausgelöst. Betroffen sind zuerst die Muskulatur sowie das Binde- und Stützgewebe an Hals, Nacken und den Schultern. Später sind Arme, Brust, Bauch, Becken, Beinen und Füße miteinbezogen. Mit fortschreitendem Alter tritt bei den meisten Patienten eine Einschränkung der Lungenfunktion durch die verminderte Brustkorbbeweglichkeit auf. Zusätzlich können banale Verletzungen am Muskelgewebe extraossäres Knochenwuchs induzieren.

Diagnose

Bereits pränatal können mittels Songropahie verkürzte und verdrehte großen Zehen nachgewiesen werden. Auch molekulargenetisch kann die Verdachtsdiagnose durch Nachweis der Mutation von ACVR1/ALK2 bestätigt werden. Die Neugeborenen erscheinen bis auf einen Hallux valgus, ein fehlgebildetes erstes Metatarsale und/oder einer Monophalangie als normal.

 

Therapie

Momentan gibt es keine gesicherte Therapie zur Behandlung. Eine kurze 4-tägige Hochdosis-Kortikosteroid-Therapie kann, wenn sie innerhalb der ersten 24 Stunden der Eruption begonnen wird, die starke Inflammation wie sie in den ersten Stadien der Krankheit gesehen wird, vermindern. Die Prophylaxe muss sich auf die Verhütung von Stürzen, viralen Infektionen konzentrieren. Wichtig sind anregende Atmungsübungen.

Verlauf/Prognose

Die mittlere Lebensdauer beträgt 40 Jahre. Die meisten Patienten sind am Ende des zweiten Lebensjahrzehnts rollstuhlpflichtig. Die häufigste Todesursache sind Komplikationen durch die eingeschränkte Beweglichkeit des Thorax

Literatur
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  1. Bauer AH et al. (2018) Fibrodysplasia ossificans progressiva: a current review of imaging findings. Skeletal Radiol 47:1043-1050.
  2. Kaplan FS et al. (2008) Fibrodysplasia ossificans progressiva. Best Pract Res Clin Rheumatol 22: 191–205.
  3. Pignolo RJ et al. (2013) Fibrodysplasia ossificans progressiva: diagnosis, management, and therapeutic horizons. Pediatr Endocrinol Rev 10 Suppl 2:437-48.
  4. Sferopoulos NK et al. (2017) Myositis ossificans in children:  a review. Eur J Orthop Surg Traumatol 27:491-502.

 

Disclaimer

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