Decoy-Zellen

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 23.10.2020

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Synonym(e)

Lockvogelzellen

Erstbeschreiber

Die Polyoma- BK- Viruserkrankung, in dessen Rahmen Decoy- Zellen nachweisbar sind, wurde 1971 erstmals bei einem nierentransplantierten Patienten beschrieben. Die Bezeichnung der Erkrankung leitet sich von den Anfangsbuchstaben des Patientennamens ab, bei dem das Virus seinerzeit nachgewiesen werden konnte (Hahn 2009).

 

 

Definition

Unter Decoy- Zellen versteht man das Vorkommen von Urothel- und / oder Tubuluszellen im Urin, welche mit dem Polyoma- Virus infiziertet sind (Neuendorf 2018).

 

 

Vorkommen

Decoy- Zellen treten im Rahmen einer Polyoma- Viruserkrankung durch BK- bzw. JC- Viren auf.

Zwischen 75 % - 100 % der Weltbevölkerung besitzen Antikörper gegen BK- und JK- Viren (Hahn 2009). 

Ausschließlich bei Immunsupprimierten, wie z. B. nach einer (Nieren-) Transplantation, bei HIV- Erkrankten, Patienten mit systemischem Lupus erythematodes, malignen Tumoren etc. führt das Polyoma- Virus zu einer Erkrankung, bei welcherdas Virus im Urin nachgewiesen werden kann (Doer 2010).

Manifestation

Decoy- Zellen treten z. B. bei 4 % - 8 % der Nierentransplantierten auf (Doer 2010). Zahlenangaben zu anderen Transplantierten bzw. Immunsupprimierten liegen mir nicht vor.

Klinisches Bild

Die Erkrankung verläuft i. d. R. subklinisch. Es können aber auch folgende Symptome bestehen, wie z. B.:

  • leichte Infekte der Atemwege
  • Nephritis
  • hämorrhagische Zystitis (überwiegend bei Knochenmark- Transplantat- Empfängern)
  • Zystitis (vorwiegend bei Kindern)
  • sehr selten sind eine
    • subakute Meningitis
    • interstitielle Pneumonie (Hahn 2009)

Diagnostik

Der Nachweis von Decoy- Zellen ist ausschließlich in darauf spezialisierten Laboratorien möglich,  ansonsten kann die hohe Sensitivität nicht erreicht werden (Kuhlmann 2015).  Voraussetzung für den Nachweis ist eine frische (< 2 h alte) Urinprobe (Rathert 2018).

Eventuell sollte zur weiteren Diagnostik eine Nierenbiopsie erfolgen (Herold 2020).

Histologie

Bei den Decoy- Zellen handelt es sich mikroskopisch um:

  • Epithelzellen mit
    • vergrößerten Kernen
    • intranukleären Viruseinschlüssen(Herold 2020)

Differentialdiagnose

Decoy- Zellen können leicht mit atypischen Zellen verwechselt werden (deshalb auch der Name „Lockvogel“).

Ebenso ist eine Verwechslung mit alten Leukozyten / Nierenepithelien im nicht frischen Urin möglich (Neuendorf 2018).

Therapie

Eine etwaig bestehende Immunsuppression sollte bei Patienten mit Decoy- Zellen – soweit vertretbar – reduziert werden.

Bei nicht- immunsupprimierten Patienten bzw. nach erfolgloser Reduktion der bislang verabreichten Immunsuppressivakann eine Behandlung mit dem Immunsuppressivum Leflunomid versucht werden (Doer 2010). 

Dosierungsempfehlung: Leflunomid wird üblicherweise bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Hierbei werden initial über 3 Tage 100 mg gegeben, anschließend 10 mg – 20 mg / d (Rietbrock 2013).

Eine wirksame antivirale Behandlung ist bislang nicht bekannt (Herold 2020), in älteren Schriften wird ein Behandlungsversuch mit dem Virostatikum Cidofovir (Cave: nephrotoxisch) empfohlen (Doerr 2010).

 

 

Prognose

Nierentransplantierte Patienten mit einer Polyoma- Virus- Nephropathie verlieren das Transplantat in bis zu 80 % der Fälle (Herold 2020). 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Doer H W et al. (2010) Medizinische Virologie: Grundlagen, Diagnostik, Prävention und Therapie viraler Erkrankungen.Georg Thieme Verlag 248
  2. Hahn H et al. (2009) Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie Springer Verlag 546
  3. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 648
  4. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 794
  5. Neuendorf J (2018) Das Urinsediment: Mikroskopie, Präanalytik, Auswertung und Befundung. Springer Verlag 35
  6. Rathert P et al. (2018) Urinzytologie und Sedimentanalyse: Praxis und Atlas. Springer Verlag 196
  7. Rietbrock N et al. (2013) Klinische Pharmakologie: Arzneitherapie. Steinkopff Verlag Darmstadt 544 
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Zuletzt aktualisiert am: 23.10.2020