Antiöstrogene als zielgerichtete Tumortherapeutika

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.10.2020

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Synonym(e)

Antiöstrogene; Hormonantagonisten

Einteilung

Zielgerichtete Tumortherapeutika mit antiöstrogener Wirkung werden wie folgt eingeteilt:

  • Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren (SERM): SERMs bilden eine heterogene Klasse nichtsteroidaler Substanzen, die nicht nur wie Östrogene, sondern auch als Antiöstrogene wirken. Nach ihrer Bindung an die Östrogenrezeptoren -ERalpha + ERbeta- initiieren „Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren“ eine ligandenspezifische Konformationsänderung beider Rezeptoren, die die Art der Interaktion mit der DNA und bestimmten regulatorischen Proteinen bestimmt. Im inaktiven Zustand sind die Östrogenrezeptoren -ERalpha + ERbeta- im Zytoplasma von Zellen lokalisiert und an sogenannte Hitzeschockproteine wie HSP90 gebunden. Binden nun Östrogene an den Östrogenrezeptor, wird das Hitzeschockprotein freigesetzt. In einem nächsten Schritt findet eine Translokation des Hormon-Rezeptorkomplexes in den Zellkern statt. Dort können die Hormon-Rezeptorkomplexe in Form von Dimeren an sogenannte „estrogen-responsive elements“ der DNA binden. Durch die Rekrutierung weiterer Coaktivatoren oder Corepressoren kann dann die Genexpression von Zielgenen aktiviert oder gehemmt werden. Die Qualität und Quantität der koregulatorischen Proteine in der Zelle sind somit ausschlaggebend für eine agonistische oder antagonistische Wirkung des Östrogenrezeptors auf die Zielgenexpression. Das genaue Wirkprofil des SERM ist von seiner chemischen Struktur abhängig: So wirkt Tamoxifen im Brustgewebe antagonistisch, im Uterus hingegen agonistisch. UAW: Vasomotorische Symptome, Thrombosen, venöse Thromboembolie und die Östrogen-agonistische Steigerung des Risikos für Endometriumkarzinome. Weiterhin: Müdigkeit, Desinteresse, Hitzewallungen, leichter Haaausfall, Übelkeit, Verstopfungen, Schwindel, trockene Schleimhäute, Hautausschlag, Juckreiz. Arthralgien, Myalgien. Vertreter dieser Gruppe sind:
    • Tamoxifen
    • Toremifen (metastasiertes Mammakarzinom)
    • Fulvestrant (fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom)
  • Aromatase-Hemmstoffe (Aromatasehemmer) supprimieren die Estradiolsynthese und reduzieren den Estradiospiegel  indem sie die Umwandlung von Androgenen in Östrogene durch das Enzym Aromatase verhindern. Dadurch wird das Wachstum östrogenabhängiger (ER-positiver) Tumoren gehemmt. Die Präparate sind beim metastasierten Mammakarzinom zugelassen. UAW: Arthralgien, Myalgien, Verlust der Knochendichte. Im Vergleich zu den Östrogenrezeptor-Antagonisten treten weniger thromboembolische Ereignisse und Endometriumkarzinome auf.
    • Anastrozol (Applikation oral; fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom bei postmenopausalen Patientinnen)
    • Exemestan (Applikation oral; fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom bei postmenopausalen Patientinnen)
    • Letrozol (Applikation oral; fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom bei postmenopausalen Patientinnen)

 

Wirkungsspektrum

Das Tumorwachstum kann bei bestimmten Neoplasien durch Hormone besonders stimuliert werden. Zu diesen hormonabhängigen Neoplasien gehören viele Mammakarzinome (Stimulation durch Östrogene und Progesteron) sowie die meisten Prostatakarzinome (Stimulation durch Testosteron). Die wachstumstimulierende Wirkung erfolgt über Hormonrezeptoren, die über eine nachgeschaltete Signalkaskade eine vermehrte Synthese von Wachstumsfaktoren induzieren. Dies setzt voraus, dass die Tumorzellen noch eine relative Differenzierung zeigen, die sie befähigt Hormonrezeptoren zu exprimieren. Eine fortschreitende Entdifferenzierung schließt die Rezeptorbildung zunehmend aus womit dieser Therapieansatz nicht mehr wirksam sein kann.

Antiöstrogene Tumortherapeutika wirken somit nicht direkt sondern über den Hormonentzug, der die Tumorzelle in die Apoptose treibt.     

Literatur
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  1. Berry M, Metzger D, Chambon P: Role of the two activating domains of the oestrogen receptor in the cell-type and promoter-context dependent agonistic activity of the anti-oestrogen 4-hydroxytamoxifen. EMBO J 1990;9:2811–2818.
  2. Katzenellenbogen BS, Montano MM, Le Goff P, Schodin DJ, Kraus WL, Bhardwaj B, Fujimoto N: Antioestrogens: Mechanisms and actions in target cells. J Steroid Biochem Mol Biol 1995;53:387–393.
  3. McDonnell DP (2005) The molecular pharmacology of estrogen receptor modulators: implications for the treatment of breast cancer. Clin Cancer Res 11: 871s–877s
  4. McInerney EM et al. (1998) Transcription activation by the human estrogen receptor subtype beta (ER beta) studied with ER beta and ER alpha receptor chimeras. Endocrinology 139: 4513–4522
  5. Rollerova E et al. (2000) Intracellular estrogen receptors, their characterization and function (Review). Endocr Regul 34: 203–218
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