Alkoholische Fettzirrhose K70.0; K74.6

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 26.01.2023

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Synonym(e)

Alkoholische Leberzirrhose; Mikronoduläre Leberzirrhose

Definition

Die alkholische Leberzirrhose (von griech. kirros - gelb-orange, zitronengelb) ist eine chronische, Alkohol-induzierte, fortschreitende und irreversible Zerstörung der Läppchen-und Gefäßstruktur des Leberparenchyms mit fibrotischer Brückenbildung und der Ausbildung von Regeneratknoten. Die funktionellen Folgen sind Leberinsuffizienz, portale Hypertension und Ausbildung intrahepatischer porto-systemischer Shunts.

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz: Etwa 1/3 aller Lebererkrankungen sind alkoholisch induziert. Hinzu kommt die Zunahme der metabolischen Risikofaktoren, auch im Zusammenhang mit der Alterung der Bevölkerung sein. Bei Fettleberpatienten beträgt die Prävalenz einer Adipositas (unabhängig ob alkoholisch oder nichtalkoholisch) zwischen 30 und 100 %, die eines Typ-2-Diabetes mellitus liegt zwischen 10 und 75 %.

Ätiopathogenese

Bei Frauen, die > 40g und Männer die > 60 Gramm reinen Alkohol pro Tag zu sich nehmen ist der Konsum als problematisch zu bewerten. Bei dieser Menge ist von Langzeitfolgen mit diversen Organschäden zu rechnen. Die Pathophysiologie der alkoholischen Steatohepatitis (ASH) ist bisher noch nicht im Detail verstanden. Bekannt ist, dass sowohl der Alkoholmetabolismus als auch der oxidative Stress und Endotoxine eine Rolle spielen. Alkohol induziert das Cytochrom-P450-abhängige mikrosomale Ethanoloxydierende System (MEOS) mit erhöhtem Verbrauch an Sauerstoff im Leberparenchym. (Bemerkung: bei chronischem Alkoholkonsum wird das MEOS induziert und baut neben der ursprünglichen Alkohol-Dehydrogenase Alkohol ab. Dieses „Zusatz-Enzym“ ist für die Toleranzentwicklung gegenüber Alkohol verantwortlich. Der Organismus antwortet auf einen ständigen und starken Alkoholreiz mit einer verstärkten Produktion von MEOS).

Die Folge ist eine läppchenzentrale Hypoxie der Hepatozyten. Weiterhin wirkt das Abbauprodukt des Ethanols, der Acetaldehyd lebertoxisch. Der Fettsäureabbau wird gestört. Es kommt zu Fetteinlagerung in die Leberzellen. Weiterhin werden Zytokine aus den geschädigten Leberzellen freigesetzt. Diese induzieren eine Fettleberhepatitis (alkoholische Steatohepatitis - ASH). Diese chronisch inflammatorische Reaktion führt letztlich zu einem destruktiven Umbau der Organstruktur mit Parenchym-Nekrosen, Ausbildung von Regeneratknoten (Pseudolobuli) sowie Bindegewebssepten mit einer tiefgreifenden Störung der Funktionalität der Leber.

Die Folgen sind Dekompensationszeichen (Ikterus, Blutungsneigung, Malnutrition, Kachexie, hepatische Enzephalopathie, Leberausfallkoma), portale Hypertension mit venöser Kollateralisation (Ösophagusvarizen, hypertensive Gastropathie, Hypersplenismus, Aszites). 

Klinisches Bild

Klinische Symptome der alkholischen Fettzirrhose sind Leistungsminderung, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit. Hinzu treten Druck- und Völlegefühl im Oberbauch, Meteorismus.

Weiterhin dermatologische Zeichen (Leberhautzeichen) wie Palmar – und Plantarerythem, Ikterus, Spidernaevi, Lacklippen, Lackzunge, Mundwinkelrhagaden, Pruritus, Leukonychie (Weißnägel), Hautatrophie (Geldscheinhaut mit Teleangiektasien), Dupuytren-Kontraktur. 

Hormonelle Störungen (vermindertes Testosteron, erhöhtes Östrogen beim Mann), bei der Frau Menstruationstörungen.

Dekompensationszeichen: Ikterus, Blutungsneigung, Malnutrition, Kachexie, hepatische Enzephalopathie, Leberausfallskoma, hepatopulmonales Syndrom (arterielle Hypoxämie bei fortgeschrittener Zirrhose infolge funktioneller Störung des Lungenkreislaufs ohne primäre Lungenerkrankung).

Ein Charakteristikum der alkholischen Zirrhose ist das Auftreten einer Portalen Hypertension mit den Folgen: venöse Kollateralisation (Ösophagusvarizen, hepatische Gastropathie), Ödeme, Splenomegalie, Hypersplenimus.   

Spätfolgen: Hepatozelluläres Karzinom

Bildgebung

Im Ultraschall stellt sich die Leber inhomogen dar. Der Leberrand ist wellig, die Binnengefäße sind rarefiziert. Der Lobus caudatus kann vergrößert sein. Sehr gut können mit dem Ultraschall ein Aszites und eine Milzvergrößerung (Splenomegalie) erkannt werden.

Transiente Elastografie: Mittels dieser Methode kann über die Festigkeit des Gewebes das Ausmaß der Fibrosierung der Leber ermittelt werden. Mit der Farbduplex-Sonographie lassen sich in den Lebervenen eine verminderte Elastizität der Leber, in der Pfortader ein verminderter Fluss sowie in der Leberarterie ein erhöhter peripherer Widerstand messen.

Die definitive Diagnose wird durch eine Leberbiopsie gestellt.

Labor

Anämie, Hyperchromie infolge Folsäuremangels, Thrombozytopenie, Hyperbilirubinämie, Thrombozytopenie; weiterhin verminderte Syntheseleistung der Leber mit verminderten Werte für die Cholinesterase, Albumin und einigen Gerinnungsfaktoren (erniedrigter Quick-Wert). Die Leberenzyme GOT, GPT sowie γ-GT, Bilirubin und Ammoniak können erhöht sein.

Diagnose

Bei der Untersuchung fallen oft ein Ikterus, ein größerer Bauchumfang (Aszites-bedingt), Ödeme, eine Gynäkomastie, Hautblutungen sowie bei einer hepatischen Enzephalopathie ein Flapping tremor und Bewusstseinsstörungen auf. Typisch, allerdings erst spät auftretend, sind die sogenannten Leberhautzeichen: Spidernaevi (Gefäßspinne), Leukonychie (Milchglasnägel), Pruritus, Lackzunge, Hautatrophie („Geldscheinhaut“) sowie Palmar- bzw. Plantarerytheme. Weitere klinische Zeichen der alkholischen Leberzirrhose sind Caput medusae (selten), Dupuytren-Kontrakturen sowie eine fehlende Bauchbehaarung beim Mann (Abdominalglatze, „Bauchglatze“).

Komplikation(en)

Ziege-Syndrom (alkoholtoxischer Leberschaden + hämolytische Anämie + Hyperlipdämie)

Voll entwickelte Leberzirrhose mit Leberinnsuffizienz, portaler Hypertension und deren vaskulären Folgen.

Neigung zu Hypoglykämien (Hemmung der Glukoneogenese durch Alkohol)

Weiterhin extrahepatische Alkoholschäden (neuropsychiatrische Störungen, Alkholentzugssyndrome, Magen-Darm-Störungen wie Brechreiz und Durchfälle, Kreislaufstörungen wie Tachykardie und Hypertonie, Pankreatitis u.a.)

Therapie

Eine wirksame medikamentöse Therapie ist nicht bekannt. Die einzig wirksame Behandlungsmethode ist eine Alkoholabstinenz.

Ernährungstherapeutische Allgemeinmaßnahmen sowie die Beseitigung von Vitaminmangelzustände (z. B. Vitamin B1, Vitamin K) und eine ausreichende Energiezufuhr sind wichtige Komponenten einer Therapie. Eine Vitamin-K-Substitution ist angezeigt bei erhöhtem Blutungsrisiko und niedrigen Quick-Werten. Da bei der Hälfte der alkoholkranken Patienten ein Vitamin-B1-Mangel vorliegt ist dieser zu beheben (Prophylaxe einer Wernicke-Enzephalopathie).

Mangelernährte Patienten haben sowohl eine erhöhte Mortalität im spontanen Krankheitsverlauf als auch eine erhöhte Komplikationsrate. Auf eine ausreichende, energetische Versorgung muss geachtet werden.

Proteinzufuhr: Empfohlen wird eine tägliche Eiweißmenge von 1,2–1,5 g Protein pro kg Körpergewicht. Proteinrestriktion darf ausschließlich bei Patienten mit therapierefraktärer chronischer hepatischer Enzephalopathie erfolgen.

Osteoporoseprophylaxe:  Bei allen Patienten mit alkoholischer Leberzirrhose sollte frühzeitig eine Osteoporoseprophylaxe eingeleitet werden. Dies geschieht durch Calcium-Substitution (1200–1500 mg/Tag). Bei Patienten mit cholestatischen Lebererkrankungen wird zusätzlich Vitamin D3 substituiert (400–800 IE/Tag).

Wichtig sind regelmäßige Untersuchungen zur Früherkennung eines Leberkarzinoms.

Eine Ultima Ratio ist in vielen Fällen die Lebertransplantation.

Literatur
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