Adenovirus-Infektionen B34.0

Zuletzt aktualisiert am: 11.02.2021

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Synonym(e)

Adenovirusinfektionen; Infektionen durch Adenoviren

Erstbeschreiber

Erstmalig wurden Adenoviren im Jahr 1953 von Rowe aus Tonsillen und Adenoidgewebe (daher der Name: Adenovirus) isoliert.

Definition

Humanpathogene Adenoviren (Adenoviridae, Serotypen 1-47) sind DNA-Viren, die nach 3 wichtigen Kapsidantigenen (Hexon, Penton und Fiber) eingeteilt werden. Es gibt 7 humane Adenovirus-Arten (A bis G). Die unterschiedlichen Serotypen lösen eine Vielzahl von Erkrankungen aus, u.a. der Atemwege, des Magen-Darm-Traktes, der Augenbindehaut und der Hornhaut. Die Viren sind hoch ansteckend und widerstandsfähig.

Adenoviren docken mit den knopfartigen Enden ihrer Fibern an den zellulären Rezeptor. Dies ist bei den meisten Virustypen der CAR (Coxsackie-Adenovirus-Rezeptor) der Fall. Im Verlauf der Penetration durch die Zellmembran verlieren das Virus seine Fibern und wird in das Endosom aufgenommen. Im Endosom wird das Kapsid des Virus teilweise durch eine virale Protease zerstört und an eine Kernpore transportiert. Hier wird die genomische DNA in das Karyoplasma eingeschleust und mit Hilfe des terminalen Proteins TP darin verankert. Mit Hilfe zellulärer Transkriptionsfaktoren werden nun die frühen Proteine exprimiert, darunter eine virale DNA-Polymerase, die für die DNA-Replikation benötigt wird. Die Morphogenese neuer Viruspartikel findet im Kern statt. Unter Auflösung der Kernmembran un dem Tod der Zelle werden die neuen Partikel freigesetzt.

Humanpathogene Adenoviren (Serotypen 1-47) sind Erreger zahlreicher Erkrankungen verschiedener Organsysteme. Jahreszeitliche Häufungen sind nicht erkennbar. Oft treten die Infektionen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten auf.

Hauptsächlich betroffen sind:

  • Augen
  • Pharynx
  • Respirations- und
  • Gastrointestinaltrakt.

Akute respiratorische Infektionen treten oft epidemisch bei jungen Erwachsenen in enger Gemeinschaft auf. 

Manifestation

Die Infektionen betreffen v.a. Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Etwa 5% aller „Erkältungskrankheiten (Common Cold) bei Kleinkinder <5 Jahre sind durch Adenoviren ausgelöst. Infektionsweg: Schmier –und Tröpfcheninfektion. Die indirekte Übertragung über kontaminierte Oberflächen ist möglich. Adenoviren können außerdem über Luft und Wasser - beispielsweise beim Schwimmen – übertragen werden.

Im Alter von 5 Jahren haben die meisten Kinder eine Adenovirusinfektion durchgemacht, die jedoch zu 50 % inapparent verläuft.

Klinisches Bild

Infektionen mit Adenoviren verlaufen bei immunkompetenten Personen meist asymptomatisch oder sie führen zu spezifischen Syndromen wie respiratorische Infektionen, Keratokonjunktivitiden, Gastroenteritiden, Zystitiden und primäre Pneumonien. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Adenovirale Infektionen werden zunehmend als Ursachen für schwere Atemwegserkrankungen und andere klinische Erkrankungen bei immungeschwächten Erwachsenen erkannt.

Einteilung:

  • Infektionen des Auges
    • Akute hämorrhagische Konjunktivitis
    • Keratokonjunktivitis epidemica: Diese Erkrankung verläuft manchmal schwer und kommt sowohl sporadisch als auch in epidemischer Form vor. Erreger sind die Serotypen 8,19,37. Die Konjunktivitis ist häufig beidseitig. Es kann sich eine präaurikuläre Adenopathie entwickeln. Chemosis, Schmerzen und punktförmige Kornealäsionen können vorhanden sein (Nachweis mittels Fluoreszeinfärbung). Systemische Symptome fehlen meist. Abheilung meist innerhalb von 3–4 Wochen.
  • Infektionen der Atemwege
    • Akute respiratorische Erkrankung, Pharyngitis, Bronchitis
    • Pharyngokonjunktivalfieber (kombiniert fiebrige Pharyngitis/Konjunktivitis) wird durch die Adenovirus-Typen 3 und 7 verursacht.
    • Pneumonie (etwa 10% aller Pneumonien im Kindesalter; Typen 1-4, 7,14)
    • Pertussis-Syndrom (vom echten Keuchhusten nicht zu unterscheiden)
  • Infektionen im Urogenitaltrakt
    • Zystitis
    • Akute hämorrhagische Zystitis (gutartige Makrohämaturie, betroffen sind fast ausschließlich Knaben)
    • Genitalulzera (sexuell übertragbare Infektion - STID)
  • Sonstige Infektionen
    • Gastroenteritiden mit und ohne mesenteriale Lymphadenopathie (nach Rotavirus ist Adenovirus der zweithäufigste Erreger; die Serotypen 40 und 41 machen bis zu 15% aller Durchfallerkrankungen bei Kleinkindern aus).
    • Meningitis

Labor

Im Gegensatz zu viralen Infektionen durch andere Viren besteht bei Adenovirusinfektionen häufig eine Leukozytose und eine (meist milde) Erhöhung des CRP.

Diagnose

Virusisolierung, Nachweis der Virus DNA mittels PCR;  weiterhin Antikörpernachweis: 4facher Titeranstieg innerhalb von 2 Wochen

Die Isolation des Virus kann aus Rachenspülwasser, aus einem Augenabstrich, Stuhl oder Urin erfolgen. Sie spielt klinisch vor allem bei Infektionen des Auges und der Atemwege eine wichtige Rolle.

Im Falle enteritischer Erkrankungen, können die Viren gfls. elektronenmikroskopisch nachgewiesen werden. Da Erwachsene im Laufe des Lebens jedoch oftmals kreuzreaktive Antikörper entwickeln, ist die serologische Diagnostik eher bei Kindern angebracht.

Therapie

Symptomatisch

Bei immungeschwächten Patienten sind Ribavirin und Cidofovir verwendet worden; die Ergebnisse variieren.

Therapie allgemein

Impfstoffe, die lebende Adenoviren der Typen 4 und 7 enthalten, die oral in einer enterisch beschichteten Kapsel verabreicht werden, können die meisten durch diese beiden Arten verursachten Krankheiten verhindern. Der Impfstoff war für einige Jahre nicht erhältlich, wurde aber im Jahr 2011 wieder eingeführt. Er ist jedoch nur für Militärpersonal erhältlich.

Der Impfstoff kann Patienten im Alter zwischen 17 und 50 Jahren gegeben werden und sollte nicht an Frauen, die schwanger sind oder stillen, verabreicht werden.

Prophylaxe

Um das Risiko einer Übertragung zu minimieren, sollte medizinisches Personal nach der Untersuchung infizierter Patienten die Handschuhe wechseln und eine hygienische Händedesinfektion durchführen, Instrumente sachgerecht sterilisieren und dieselben ophthalmologische Instrumente nicht für mehrere Patienten gemeinsam verwenden.

Hinweis(e)

Der Mensch ist die einzige Infektionsquelle für Adenoviren. Diese sind ausgesprochen umweltresistent, was ihre Übertragung begünstigt. Adenoviren werden häufig durch den Kontakt mit Sekreten (inkl. denen auf Fingern von infizierten Personen) von einer infizierten Person oder durch Kontakt mit einem kontaminierten Objekt (z. B. Handtuch, Instrument) übertragen.

Aber auch eine aerogene oder aquagene Übertragung ist möglich (z. B. beim Schwimmen). Asymptomatische respiratorische oder gastrointestinale Virusausscheidungen können sich über Monate oder sogar Jahre persistieren.

Fallbericht(e)

Ein 6-jähriges Mädchen in reduziertem Allgemeinzustand, febril, mit Otitis media bds., Rhinitis und einem ubiquitären petechialen und urtikariellen, nicht juckenden Exanthem.  Keine meningitische Zeichen.

Labor: Erhöhte Entzündungszeichen im Blut, Nasopharyngealsekret positiv für Adenovirus.

Verlauf: Nach Abheilen des respiratorischen Infektes über Monate persistierendes generalisiertes Exanthem mit disseminierten, erythematösen, 0,2-0,5cm großen Papeln, die zum Teil krustig überlagert waren. Stellenweise-hämorrhagische Komponente. Varioliforme Narben, subjektiv nicht störend, kein Juckreiz.

Diagnose: Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Gál J et al. (2017) Novel adenovirus detected in kowari (Dasyuroides byrnei) with pneumonia. Acta Microbiol Immunol Hung 64:81-90.
  2. Niczyporuk JS (2018) Deep analysis of Loop L1 HVRs1-4 region of the hexon gene of adenovirus field strains isolated in Poland. PLoS One 13:e0207668.
  3. Norrby E et al. (1976) Adenoviridae. Intervirology. 7:117-125.
  4. Pringle CR (2018) Infektionen durch Adenoviren. MSD Manual. Internetseite www.msdmanuals.com/de-de/profi/infektionskrankheiten/respiratorische-viren/infektionen-durch-adenovirus, abgerufen am 12. September 2018.
  5. Simonetti et al. (2003) Persistierender Hautausschlag nach Adenovirusinfektion. Praxis 92: 1361-1363.
  6. Tan B et al. (2017) Novel bat adenoviruses with low G+C content shed new light on the evolution of adenoviruses. J Gen Virol 98:739-748.
  7. Tebruegge M et al. (2010) Adenovirus infection in the immunocompromised host. Adv Exp Med Biol 659:153-174.
  8. Ye J et al. (2016) Outbreaks of serotype 4 fowl adenovirus with novel genotype, China. Emerg Microbes Infect 5:e50.

Disclaimer

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