Synonym(e)
Erstbeschreiber/Historie
Der Mangel an Adenosindeaminase 2 (DADA2) wurde erstmals als monogene Form einer systemischen Vaskulitis beschrieben, die der Polyarteritis nodosa (PAN) sehr ähnlich ist. Das phänotypische Spektrum von DADA2 hat sich in den letzten Jahren stark erweitert und umfasst nun auch reine Erythroaplasie, Knochenmarkversagen, lymphoproliferative Erkrankungen und humane Immundefizienz. ADA2-Mutationen können auch im Zusammenhang mit dem Sneddon-Syndrom stehen.
Definition
DADA2 (Vaskulitis-, Autoinflammations-, Immunschwäche- und hämatologische Defektsyndrom/VAIHS) ist eine seltene, autosomal rezessive Multisystemerkrankung mit Beginn im Kindesalter, die durch biallelische pathogene Varianten (gemäß ACMG-Richtlinien) im ADA2-Gen (OMIM: 615688, ehemals CER1) verursacht wird. Die ADA2-Definizenz führt zu vaskulitische und vaskulopathischen Manifestationen in unterschiedlichen Organen, hämatologischen Erkrankungen und einer Immundysregulation (Schmidt MF et al. 2025).
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Vorkommen/Epidemiologie
Bis heute wurden mehr als 400 Fälle veröffentlicht (Lee PY et . al. 2o23); die geschätzte Prävalenz der Erkrankung liegt bei 1/ 222.000. Nach dieser Schätzung gilt DADA2 gemäß der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA als seltene Krankheit.
Ätiopathogenese
DADA2 wird durch biallelische pathogene Varianten im ADA2-Gen (früher bekannt als CECR1) auf Chromosom 22q11.3 verursacht. Während in den ersten Fallserien überwiegend Kleinkinder betroffen waren, werden zunehmend auch Fälle von DADA2 bei Erwachsenen bekannt. Die genaue Funktion von ADA2 ist noch nicht geklärt. Diskutiert wird die Polarisierung des Monozytenphänotyps, die Regulation der Bildung extrazellulärer Neutrophilenfallen und die Modulation der angeborenen Immunität.
Klinik
DADA2 hat ein breites Spektrum klinischer Erscheinungsformen, das von tödlicher systemischer Vaskulitis mit multiplen Schlaganfällen, insbesondere bei pädiatrischen Patienten, bis hin zu begrenzten Hauterkrankungen bei Patienten mittleren Alters reicht.
Führende Symptome sind: intermittierendes Fieber, Schlaganfälle, blitzfigurenartige Gefäßzeichnungen in der Haut (Livedo racemosa), zerebrovaskuläre Ereignisse (typischerweise im Kindesalter oder im frühen Erwachsenenalter), periphere Neuropathien, Verschlüsse von Netzhautarterien, Hörverlust, evtl. Hautnekrosen, erhöhte Akute-Phase-Proteine und Erythrozyten-Sedimentationsrate, Arthralgien, Myalgien, Arthritiden, Hepatosplenomegalie, Hypogammaglobulinämie. Während eine leichte Hypogammaglobulinämie häufig auftritt, können auch eine allgemeine variable Immundefizienz und wiederkehrende Infektionen Symptome von DADA2 sein (Schmidt MF et al. 2025; Zhou Q et al. 2014) .
Diagnose
Als rezessive Erkrankung wird DADA2 genetisch anhand von biallelischen pathogenen oder wahrscheinlich pathogenen ADA2-Varianten diagnostiziert, die gemäß den Richtlinien des American College of Medical Genetics and Genomics bestimmt werden. Eine gezielte Sequenzierung von ADA2 ist kommerziell verfügbar. ADA2 ist in den meisten kommerziellen Sequenzierungspanels enthalten, die zur Bewertung angeborener Immundefekte und/oder autoinflammatorischer Syndrome entwickelt wurden. Alle Exons von ADA2 sollten sequenziert werden, da in jedem Exon pathogene oder wahrscheinlich pathogene Varianten beschrieben wurden. Personen mit monoallelischen pathogenen oder wahrscheinlich pathogenen ADA2-Varianten gelten als Träger. Bei Personen mit monoallelischen oder biallelischen ADA2-Varianten von unbekannter Bedeutung (VUS) sollte die ADA2-Enzymaktivität gemessen werden.
Therapie allgemein
Bei Patienten mit entzündlichem oder vaskulitischem Phänotyp zeigen retrospektive Studien durchweg eine eindeutig positive Wirkung von Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (TNFi). Die Behandlung mit TNFi senkt das Risiko für ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle und andere vaskulitische Organverletzungen signifikant.
Die Behandlung reduziert auch die allgemeine Entzündungslast der Erkrankung. Lösliche TNF-Rezeptoren (Etanercept) und monoklonale Antikörper gegen TNF (Adalimumab, Infliximab und Golimumab) scheinen wirksam zu sein. Die Verwendung von Glukokortikoiden, krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) und Biologika, die gegen Interleukin (IL)-1 und IL-6 gerichtet sind, wurde bei Patienten mit DADA2 beschrieben, aber die langfristige Wirksamkeit dieser Ansätze scheint aufgrund der Beschreibungen von refraktären und rezidivierenden Erkrankungen begrenzt zu sein.
Bei Patienten mit einem entzündlichen oder vaskulitischen Phänotyp in Kombination mit Knochenmarkversagen und/oder Immundefizienz sollte das zusätzliche Infektionsrisiko aufgrund einer chronischen Immunsuppression berücksichtigt werden.
Mit Ausnahme einer leichten Anämie als Folge einer chronischen Entzündung sprechen die hämatologischen Merkmale von DADA2 nicht auf TNFi und Glukokortikoide an. Die allogene HSCT ist eine kurative Option für Patienten mit reiner Erythrozytenaplasie, Knochenmarkinsuffizienz oder refraktären immunologischen Zytopenien. Die allogene HSCT ist auch bei schwerer Immundefizienz oder vaskulärer Beteiligung, die auf Immunmodulatoren nicht anspricht, wirksam.
Der Immundefizienz-Phänotyp von DADA2 umfasst Anomalien in den B-Zell-, T-Zell- und NK-Zell-Kompartimenten. Bei Patienten mit wiederkehrenden Infektionen sollte der Einsatz prophylaktischer Antibiotika in Betracht gezogen werden. Bei Patienten mit humoraler Immundefizienz und wiederkehrenden Infektionen sollte die Gabe von intravenösen Immunglobulinen (IVIG) in Betracht gezogen werden.
Impfungen sind für Patienten mit DADA2 aufgrund der Prävalenz einer zugrunde liegenden Immundefizienz und der Verwendung von immunsuppressiven Medikamenten unerlässlich. Für Patienten, die keine IVIG erhalten, werden routinemäßige inaktivierte (nicht lebende) Impfstoffe und Auffrischungsimpfungen empfohlen. Nicht lebende jährliche Influenza- und SARS-CoV-2-Impfungen sollten für alle Patienten gemäß den örtlichen Vorschriften in Betracht gezogen werden.
Die Behandlung von präklinischen Personen mit DADA2 ist umstritten. Angesichts der Unvorhersehbarkeit der Erkrankung, des Mangels an zuverlässigen Biomarkern zur Abschätzung des Krankheitsbeginns und der Möglichkeit eines lebensbedrohlichen Schlaganfalls oder anderer Notfälle als erstes Symptom sollte bei diesen Personen eine TNFi-Therapie in Betracht gezogen werden.
Einige Träger können Symptome von DADA2 aufweisen. Bei Trägern wurden leichte subklinische immunologische Anomalien im Zusammenhang mit DADA2 beschrieben. Nach den gesammelten klinischen Erfahrungen eines Konsensuskomitees sind jedoch die meisten Träger (d. h. Eltern und Geschwister von Patienten mit DADA2) gesund und symptomfrei (Lee PY et al. 2023).
Verlauf/Prognose
Die Mortalität bei DADA2 wird auf etwa 8 % vor dem 30. Lebensjahr geschätzt. Die tatsächliche Zahl könnte aufgrund von Fehldiagnosen und Unterdiagnosen erheblich höher sein.
Hinweis(e)
Der Mangel an ADA2 (DADA2) ist das erste molekular beschriebene monogene Vaskulitis-Syndrom. Es wurden über 60 krankheitsassoziierte Mutationen in allen Domänen von ADA2 identifiziert, die die katalytische Aktivität, die Proteindimerisierung und die Sekretion beeinflussen. Vaskulopathien, die von Livedo reticularis bis zu Polyarteritis nodosa (PAN) reichen, und lebensbedrohliche ischämische und/oder hämorrhagische Schlaganfälle dominieren die klinischen Merkmale von DADA2 (Meyts I et al. 2018).
Eine Mutation im ADA2-Gen kann auch das Sneddon-Syndrom (182410) verursachen, das im späteren Alter auftritt.
Fallbericht(e)
Zhou et al. (2014) berichteten über 9 Patienten aus 8 nicht verwandten Familien, die sich früh einsetzenden, rezidivierenden ischämischen Apoplexien sowie rekurrierendem Fieber im Alter zwischen 5 Monaten und 4 Jahren vorstellten. Die Bildgebung zeigte, dass die Schlaganfälle in den Kernen des Tiefenhirns und des Hirnstamms auftraten, was auf einen Verschluss kleiner Gefäße schließen ließ. Alle Patienten wiesen unterschiedliche neurologische Manifestationen des Schlaganfalls auf, wie z. B. Querschnittslähmung, Ataxie, Hemiparese, Kopfschmerzen, Ophthalmoplegie, Aphasie, veränderter mentaler Status und Hirnnervenfunktionsstörungen. Ein Patient hatte einen Verschluss der Zentralarterie der Netzhaut, ein anderer eine Atrophie des linken Sehnervs. Die Akute-Phase-Proteine waren während der Fieberschübe deutlich erhöht. Bei allen Patienten war die Haut betroffen: Livedo racemosa sowie Zeichen einer leukozytoklastischen Vaskulitis. Weitere Merkmale waren Hepatosplenomegalie mit abnormen Leberenzymen, Hypogammaglobulinämie, Panzytopenie und Leukopenie. 5 Patienten entwickelten nach einiger Zeit Antiphospholipid-Antikörper.
Navon Elkan et al. (2014) berichteten über 19 Personen georgisch-jüdischer Abstammung mit einer Polyarteritis nodosa-Vaskulopathie. Trotz des homogenen Hintergrunds gab es eine inter- und intrafamiliäre Variabilität. Bei fünfzehn der Patienten wurde die Krankheit vor dem Alter von 10 Jahren diagnostiziert, bei sechs davon im Säuglingsalter. Vier Patienten mit Beginn im Säuglingsalter litten unter schwersten Systemreaktionen wie Ischämie und Nekrose der Finger und Zehen, rekurrierendes Fieber, Koronaraneurysmen, nekrotisierende Vaskulitis des Darms, Nierenaneurysmen und -stenosen sowie Bauchschmerzen. Mehrere Patienten hatten eine Hypertonie.
Haut: Livedo racemosa, leukozytoklastische Vaskulitis, Pannikulitiden. Die neurologischen Anzeichen und Symptome betrafen sowohl das zentrale Nervensystem, das sich in Form von Gesichtslähmungen und Infarkten manifestierte, als auch das periphere Nervensystem (Neuropathie). Am mildesten Ende des Spektrums entwickelte ein Patient Ulzera crura die erstmals im Alter von 59 Jahren auftraten.
Labor: Leukozytose, Thrombozytose, ein erhöhtes C-reaktives Protein, erhöhte BSG; seltener eine Anämie.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Lee PY (2018) Vasculopathy, immunodeficiency, and bone marrow failure: the intriguing syndrome caused by deficiency of adenosine deaminase 2. Front Pediat 6: 282.
- Meyts I et al. (2018) Deficiency of Adenosine Deaminase 2 (DADA2): Updates on the Phenotype, Genetics, Pathogenesis, and Treatment. J Clin Immunol 38:569-578.
- Navon Elkan P et al. (2014) Mutant adenosine deaminase 2 in a polyarteritis nodosa vasculopathy. New Eng J Med 370: 921-931.
- Van Eyck L et al. (2014) Mutant ADA2 in vasculopathies. (Letter) New Eng J Med 371: 478-479.
- Van Eyck L et al. (2014) Mutant ADA2 in vasculopathies. (Letter) New Eng J Med 371: 480.
- Zhou Q et al. (2014) Early-onset stroke and vasculopathy associated with mutations in ADA2. New Eng J Med 370: 911-920.
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