Skorpionstiche T63.2

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 17.11.2022

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Synonym(e)

Scorpiones; Scorpion Stings; Skorpione

Definition

Die Skorpione (Scorpiones) sind eine weltweit auftretende Ordnung der Spinnentiere (Arachnida). Etwa 2.350 Arten sind bekannt. Skorpione erreichen Körpergrößen zwischen 0.9cm (Typhlochactas mitchelli) und 21 cm (Pandinus imperator und Hadogenes troglodytes die Kaiserskorpionen). In Amerika reicht ihr Verbreitungsgebiet von Südkanada bis ins südliche Südamerika. In Europa findet man sie mit einer nördlichen Verbreitung bis in den Süden Österreichs und der Schweiz. Der Schwerpunkt der Skorpionbesiedlung liegt jedoch in tropischen und subtropischen Regionen. Die größte Artenvielfalt findet sich in den mexikanischen Wüstengebieten. Skorpione gelten traditionell als in trockenen Lebensräumen gedeihende Tiere, doch sind viele Arten auf eine hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen. Skorpione sind überwiegend nachtaktiv. Sie ernähren sich von Insekten oder Spinnentieren, seltener auch von Schnecken oder kleinen Wirbeltieren wie Nagern, Schlangen und Eidechsen. Der Körper der Skorpione ist in einen Vorderkörper (Prosoma) und einen deutlich zweigeteilten Hinterleib (Opisthosoma) gegliedert. Das Opisthosoma besteht aus einem breiten Teil, dem Mesosoma, sowie einem schwanzartig verlängerten Metasoma. Dieses Metasoma trägt das Telson (Endstachel und Giftblase). Größere Beutetiere werden mit einem Stich durch den Endstachel getötet.

Einteilung

Die meisten Arten sind bodenlebend und werden in 4 Grundtypen aufgeteilt:

  • Psammophile Skorpione: sind an sandige Lebensräume angepasst. Sie sind sehr beweglich.
  • Lithophile Skorpione: leben bevorzugt in Felslebensräumen. Sie sind meist flach gebaut, damit sie sich gut zwischen Steinen bewegen können.
  • Grabende Skorpione: Sie leben vor allem unterirdisch in selbst gegrabenen Höhlen. Sie verlassen diese nur zur Jagd und zur Fortpflanzung.
  • Wandernde Skorpione: wechseln ihren Lebensraum.

Klinisches Bild

Skorpionstiche verursachen nach den Schlangenbissen und Bienen- und Wespenstichen weltweit gesehen die meisten Erkrankungsfälle durch Tiergifte. In Mexiko starben innerhalb von zwölf Jahren 20 352 Menschen durch Skorpionstiche (Schmidt G 1993). Am meisten gefährdet sind Kleinkinder und durch Alter oder Krankheit geschwächte Personen. In Mitteleuropa gibt es keine Skorpione, deren Stich für den Menschen lebensbedrohlich werden könnte. Die meisten gefährlichen Arten gehören zu nicht-europäischen Arten. Im Gegensatz zu der vermuteten Gefährlichkeit von Skorpionstichen treten bei den meisten Skorpionstichen  nur Schmerzen  auf. Diese beginnen meist direkt nach dem Stich und erreicht nach etwa 5 Minuten das Schmerzmaximum. Die Schmerzintensität erreicht bei ungefährlichen Arten etwa die eines Wespenstich. Bei den (amerikanischen) gefährlichen Arten erreicht sie starke bis stärkste Intensität und kann auch über Tage anhalten. Sie bedürfen dann einer klinischen Überwachung.

Lebensbedrohlich können auch bei diesen harmlosen Gattungen in sehr seltenen Fällen echte allergische (Typ I-Allergie) Reaktionen gegen das Skorpiongift verlaufen, entsprechend der Bienenstichallergie. Therapeutisch empfiehlt sich eine äußerliche Wunddesinfektion mit Alkohol sowie kühlende Umschläge. Überprüfung eines ausreichenden Tetanusschutzes. Eine weitere ärztliche Überwachung ist nicht nötig.

Skorpione aus der Gattung Bothriururs spp. die in Südamerika, v. Brasilien, Chile und Argentinien, vorkommen und die nordafrikanischen und vorderasiatischen Buthus-Arten, insbesondere Buthus tunetanus verursachen einen starken Lokalschmerz sowie systemische Reaktionen. Zu erwarten sind Tachykardie und Hypertonie, Extrasystolen und in schweren Fällen später Hypotonie und Schocksymptome. Bei schweren Verläufen kann es zu einer  Hyperthermie bis über 41°C, aber auch Hypothermie kommen (Junghanss Th et al. 1996). Als spezifische Antidote gibt es mehrere polyvalente Antiseren, deren Wirksamkeit aber umstritten ist (Gueron M et al. (1992).

Die gefährlichsten Skorpione verursachen über freigesetzte Katecholamine nicht nur lebensgefährliche Herz-Kreislauf-Symptome, sondern Erregungszustände, Verwirrtheit und Krampfanfälle. Bei der Gattung Centruroides werden auch extrapyramidale Symptome mit oropharyngealen Dyskinesien und unwillkürlichen Extremitätenbewegungen erwartet. Bei jedem Stichverdacht muß der Patient in den ersten Stunden ärztlich überwacht werden; kommt es in dieser Zeit zu keinerlei Symptomatik, ist mit keiner Verschlechterung des Zustandes mehr zu rechnen. Die HerzKreislauf-Probleme sind rein symptomatisch zu behandeln (Gueron M et al. 1990). Gegen die neurologische Symptomatik gibt es für Centruroides spp. und Tityus spp. gut wirkende Antiseren (Curry SC et al. 1983).

Von den gefährlichen Skorpionen Nordafrikas und Vorderasiens gehören in diese Gruppe Buthacus spp., die Gattung Hottentotta spp. und vor allem als wichtigste Vertreter Androctonus spp. und Leiurus quinquestriatus (Dehesa-Davila M et al. 1995). Weiterhin Parabuthus spp. (Südafrika bis Schwarzmeerküste), Mesobuthus spp. mit M. tamulus (Indien), Centruroides spp. (Mittelamerika bis südliche USA) und die Gattung Tityus mit 100 Arten.

Therapie

Lokaltherapie: Nach jedem Skorpionstich Desinfektion der Wunde. Chirurgische Maßnahmen wie Inzision, Ausschneiden (ausgenommen bei Hemiscorpius-lepturus-Stichen) und alle anderen Manipulationen sind kontraindiziert.

Prophylaktische Antibiotikagabe wird nicht empfohlen. Auf intakten Tetanusschutz ist zu achten.

Bei starken Schmerzen Ruhigstellung des betroffenen Gliedes. Abbinden der betroffenen Extremität ist nicht angezeigt. Systemisch: Paracetamol – Ibuprofen, evtl. Opiate.

Bei einer selten auftretenden allergischen Reaktion (auch bei ungefährlichen Skorpionen) sind die Maßnahmen für die unterschiedlichen Stufen allergischer Reaktionen zu beachten.
 

Hinweis(e)

Als grobe Unterscheidungsmöglichkeit von ungefährlichen zu möglicherweise gefährlichen Skorpionen kann das "Schwanz-Scheren-Verhältnis" herangezogen werden. Sind die beiden Greifzangen ("Scheren") des Skorpions jeweils breiter ("kräftiger") als der mit dem Giftstachel versehene Schwanz, so kann man davon ausgehen, dass die Art am Menschen keine bedeutsamen Symptome hervorrufen kann. Ist der Schwanz jedoch genauso kräftig oder die Scheren sogar schmaler als jener, so handelt es sich möglicherweise um ein giftiges Exemplar.

 

Praxistipps

Grundsätzlich gilt für Skorpione: Wer starke Scheren besitzt, ist auf das Gift nicht angewiesen.

Allg. Richtlinien zur Vermeidung von Skorpionstichen:

  • Orientieren Sie sich ob es in der Gegend Skorpione überhaupt gibt.
  • Skorpione stechen Menschen nur wenn sie in Bedrängnis geraten oder angegriffen werden.
  • Drehen Sie tagsüber keine Steine oder auf dem Boden liegende größeren Äste um.
  • Tasten Sie nicht unübersichtliche Felsspalten aus.
  • Legen Sie beim Camping Ihre Kleidung nachts nicht auf den Erdboden.
  • Inspizieren Sie morgens Ihre Schuhe vor dem Anziehen und schütteln sie die Schuhe  aus.
  • Laufen Sie in Wüstenregionen nachts nicht barfuß.
  • Setzen Sie sich nicht auf den blanken Boden.
  • Unterlassen Sie es in jedem Fall einen Skorpion zu fangen.

Literatur
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  1. Amr ZS et al. (2017) Scorpion Stings in Jordan: An Update. Wilderness Environ Med 28:207-212.
  2. Curry SC et al. (1983) Envenomation by the scorpion centruroides sculpturatus. J Toxicol Clin Toxicol 84: 417-449.
  3. Dehesa-Davila M et al. (1995) Clinical toxicology of scorpionstings. In: Meier J, White J: Handbook of clinical toxicology of animal venoms and poisons. Boca Raton: CRC Press 1995.
  4. Gueron M et al. (1992) The cardiovascular system after scorpion envenomation. A review. Clin Toxicol 30: 245-258.
  5. Ismail M et al. (1996) Serotherapy of scorpion envenoming: pharmakokinetics of antivenoms and a critical assessment of their usefulness. In: Bon C, Goyffon M: Envenomings and their treatments; Editions foundation Marcel Merieux, Lyon 1996.
  6. Junghanss Th et al. (1996) Notfall-Handbuch Gifttiere. Stuttgart: Thieme 1996.
  7. Schmidt G (1993): Giftige und gefährliche Spinnentiere. Die neue Brehm-Bücherei, Band 608 WestaRP Wissenschaften, Magdeburg 1993.
  8. Sofer S et al. (1994) Scorpion envenomation and antivenom therapy. J Pediatr 124: 973978.

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