Gesichtsschwellungen, Differenzialdiagnose
Definition
Polyätiologische, akute oder chronische, diffuse oder lokalisierte, rote oder hautfarbene, schmerzhafte oder schmerzlose Schwellung des Gesichts mit oder ohne Allgemeinsymptome (z.B. Fieber oder internistischen Erkrankungen).
Einteilung
Die differenzialdiagnostischen Überlegungen lassen sich nach folgendem Algorithmus gliedern:
- Lokalisation der Schwellung (z.B. Lid, Wange, Lippe, Stirn)
- Art der Schwellung:
- lokalisiert
- diffus (gleichmäßig verteilt).
- Akuität:
- akut = < 6 Wochen
- chronisch = > 6 Wochen.
- Farbe:
- rot
- nicht-rot.
- Schmerzhaftigkeit:
- ja
- nein.
- Allgemeinsymptome:
- z.B. Fieber, Lymphknotenschwellungen
- z.B. akute oder chronische internistische Erkrankungen.
- Klinische Krankheitszustände bzw.-symptome:
- Diffuse, akute, rote, Gesichtsschwellung
- Erysipel
- Initialer Zoster
- Initiales oder begleitendes Phänomen bei infektiösen Exanthemen (z.B. bei viralen Exanthemen (s.u. Exanthem (DD)
- Diagnostisches Symptom bei Erythema infectiosum (Ohrfeigengesicht)
- Angioödem
- Hereditäres Angioödem
- Diffuse, akute und/oder chronische Gesichtsschwellungen bei Dermatomyositis oder systemischer Sklerodermie
- Urtikaria (akute)
- Erythrophobie (Erythema e pudore)
- Flushphänomene
- Kontaktallergisches oder toxisches Ekzem des Gesichts (auch kollateral bei akutem Ekzem des Capillitiums z.B. nach Färben des Haares oder nach übermäßiger UV-Exposition des Gesichts).
- Diffuse, chronische, rote, Gesichtsschwellung:
- Rosacea erythematosa
- Rosacea fulminans
- Acne conglobata
- Acne fulminans
- Kutanes Hämangiom des Säuglings (Schwellung je nach Lokalisation; z.B. Wange, Lippe, Lid)
- Diffuse, akute und/oder chronische Gesichtsschwellungen:
- Dermatomyositis
- systemische Sklerodermie
- Erythema perstans faciei
- M. Morbihan
- Urtikaria (chronische)
- Ödeme bei chronischem Alkoholismus (s.u. Alkohol, Hautveränderungen u. Facies ethylica)
- Melkersson-Rosenthal-Syndrom.
- Diffuse, akute/chronische, nicht-rote, Gesichtsschwellung:
- Subkutanes Hämangiom des Säuglings (Schwellung je nach Lokalisation; z.B. Wange, Lippe, Lid)
- Gesichtsödem bei Nephritis und Nephrose (s.a. Nierenerkrankungen, Hautveränderungen)
- Gesichtsödem bei chronisch terminaler Niereninsuffizienz
- Gesichtsödem bei Schilddrüsenfunktionsstörungen
- Plaqueförmige, kutane Muzinose (s.u. [ Muzinose(n)])
- Gesichtsödem bei Einflussstauung
- Facies lunata als Symptom des Cushing-Syndroms
- Hungerödem
- Pseudoangioödem bei Fazialisparese
- (Post-)Traumatisches Ödem (persistierende Schwellung nach schweren Gesichtstraumata)
- Postoperatives Gesichtsödem (persistierende kollaterale Schwellung des Gesichts nach größeren Lappenplastiken im Gesichtsbereich).
- "Dicke Backe" (akut/chronisch):
- Schwellung der Ohrspeicheldrüse unterschiedlicher Ätiologie (DD: Erkrankungen der Parotis)
- Akute apikale Parodontitis (häufig bei einem avitalen Zahn)
- Dentitio difficile (erschwerter Durchbruch eines Weisheitszahnes)
- Wurzelgranulome mit Fistelbildungen
- Chronische Osteomyelitis
- Parulis
- Emphysem (z.B. nach Zahnbehandlungen, z.B. durch Trockenblasen eines aufgebohrten Wurzelkanals)
- Fistelbildungen nach Lymphknotentuberkulose
- Aktinomykose (Typ der zerviko-fazialen Aktinomykose).
- Lippenschwellung (akut/chronisch):
- Kollaterale Lippenschwellung bei Aphthen unterschiedlicher Ätiologie
- Herpes simplex labialis (s.u. Herpes simplex recidivans)
- Lippenfurunkel
- Cheilitis granulomatosa
- Ascher Syndrom
- Chronische Cheilitis glandularis
- Tapirschnauze bei Melkersson-Rosenthal-Syndrom
- Karzinom, Lippenkarzinom
Therapie
Aufdeckung und Beseitigung der Ursache, ggf. sorgfältige interne oder allergologische Abklärung.
Bei morgendlichen Schwellungen: kühlenden Kompressen, z.B. mit schwarzem Tee getränkte Auflagen. Als Alternative sind "Cool-Packs" möglich.
Zur Therapie der Lidschwellungen s. dort.
Literatur
- Velasco-Amador JP et al. (2024) If not angioedema, what is it? Diagnostic approach to facial edema. J Dtsch Dermatol Ges 22: 501-512.