Botulinumtoxin A

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Hadrian Tran

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Zuletzt aktualisiert am: 08.04.2021

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Definition

Hitzelabiles 150 kDa großes Exotoxin von Clostridium botulinum (anaerobes, gram-positives Bakterium). 1979 erstmals medikamentös zur Behandlung des Strabismus eingesetzt. Seit 1993 als Medikament zugelassen. Die leichte Kette des Botulinumtoxins ist eine Zink-Endopeptidase. Dieses Enyzm wird durch Endoyztose in Nervenzellen aufgenommen. Dort führt es zu einer enzymatischen Zerstörung des am Axolemm verankerten Exozytoseproetins SNAP-25. Auf diesem Weg wird die Endozytotische Freisetzung von Acetylcholin blockiert.  

Pharmakodynamik (Wirkung)

Das Neurotoxin blockiert in den Synapsen der motorischen Endplatte die Fusion der Acetylcholinvesikel mit der Plasmamembran. Dadurch wird die exozytotische Freisetzung von Acetylcholin in den synaptischen Spalt und somit die Transmission des im peripheren Nerv ankommenden Impulses zum Muskel blockiert und seine Aktivität gehemmt. Die Nervenendigungen der Neurone degenerieren nach Einwirkung des Toxins und müssen durch Neubildungen ersetzt werden (Graefe et al 2016) 

Indikation

Hyperhidrose; Faltenbildung. Die Wirkung hält in der Regel etwa 3 Monate an; in der Regel sind Wiederholungsbehandlungen erforderlich.

Nur das Präparat Botox ist zur Behandlung der starken Hyperhidrosis axillaris zugelassen. Andere Botulinumtoxin A-haltige Produkte (z.B. Dysport) sind nicht zur Behandlung der Hyperhidrosis axillaris zugelassen. Bei gleichem Wirkstoff liegt hier trotzdem ein Off-Label-Use vor.

Keine Zulassung von Botulinumtoxin A-haltigen Produkten besteht für die Indikation palmare und plantare Hyperhidrose.

Benige Prostathyperplasie: Botulinumtoxin A wird in die Prostata injiziert und führt dort zu einer Schrumpfung der Drüse (Graefe KH 2016). 

Analfissur

Eingeschränkte Indikation

Gleichzeitige Therapie mit Aminoglykosid-Antibiotika (Streptomycin, Neomycin, Gentamicin, Kanamycin), Spectinomycin oder anderen Medikamenten mit Wirkung auf die neuromuskuläre Erregungsleitung (z.B. Lokalanästhetika).

Schwangerschaft/Stillzeit

Clostridium botulinum Toxin darf während der gesamten Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden. Ist eine Behandlung während der Stillzeit erforderlich, muss abgestillt werden.

Dosierung und Art der Anwendung

Merke! Angabe der Dosis in Units, bei den Handelspräparaten ist unterschiedlich!

Unerwünschte Wirkungen

In seltenen Fällen Hautreizung oder -infektion am Injektionsort; lokale Lähmungserscheinungen, z.B. Ptose.

Bei kosmetischer Verwendung wurden am häufigsten Schluckstörungen (Dysphagie) und in Einzelfällen unter anderem Sarkoidose an der Injektionsstelle sowie Hämatome durch arterielle Schäden (Pseudoaneurysma) berichtet.

Etwa 5% der Patienten klagen über verstärkte Schweißbildung außerhalb der Injektionsgebiete. Als seltene unerwünschte Wirkungen sind Hautreaktionen, darunter Erythema exsudativum multiforme, anaphylaktische Reaktionen und z.T. tödliche kardiovaskuläre Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen sowie plötzliche Todesfälle bekannt geworden.

Selten sind generalisierte Muskelschwäche (Botulismus-ähnliches Syndrom), autonome Störungen wie Akkomodationsstörungen und Mund- und Rachentrockenheit mit Schluckbeschwerden sowie schwere, therapieresistente Kopfschmerzen.

Wechselwirkungen

Bei Botulinumtoxin-A ist bei gleichzeitiger Verabreichung von Wirkstoffen, die die neuromuskuläre Übertragung beeinträchtigen bzw. die den Muskultonus herabsetzen, mit Interaktionen zu rechnen. So lange die Wirkung von Botulinumtoxin-A anhält, sollten Polymyxin, Tetracycline und Lincomycin nur mit besonderer Vorsicht angewendet werden.

Kontraindikation

Absolute Kontraindikationen: Generalisierte Störungen der Muskelaktivität (Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom)

Nachgewiesene Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile, lokale Infektion der Injektionsstellen, Schwangerschaft und Stillzeit

Relative Kontraindikationen:

  • Koagulopathie und therapeutische Antikoagulation, mangelhafte Kooperation des Patienten, unstabile psychische Konstellation des Patienten, unrealistische Erwartungen des Patienten, unrealistische Angst vor systemischem Botulismus
  • Anwendung bei Kindern/Jugendlichen < 18 J. (ungenügende Datenlage).

Präparate

Botulinumtoxin Typ A: Botox, Hersteller Allergan Botox Ltd, Irland. Vertrieb durch Pharm-Allergan GmbH, Ettlingen. 100 Einheiten pro Flasche.

Botulinumtoxin Typ A: Dysport, Hersteller Speywood Biopharm Ltd., England. Vertrieb durch Ipsen Pharma GmbH, Ettlingen. 500 Einheiten pro Flasche.

Hinweis(e)

Cave! Vergiftung bei oraler Aufnahme von verdorbenen Lebensmitteln führt zu Botulismus.

Merke! Sollte eine Behandlung bei Frauen im gebärfähigen Alter notwendig sein, muss vor Behandlungsbeginn eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden!

Literatur
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  1. Carruthers JA et al. (2002) A multicenter, double-blind, randomized, placebo-controlled study of the efficacy and safety of botulinum toxin type A in the treatment of glabellar lines. J Am Acad Dermatol 46: 840-849
  2. Glogau RG (2002) Review of the use of botulinum toxin for hyperhidrosis and cosmetic purposes. Clin J Pain 18(6 Suppl): S191-197
  3. Graefe KH et al. Parasympathisches Nervensystem. In: Graefe KH et al. (Eds) Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart S.121
  4. Jost WH, Kohl A (2001) Botulinum toxin: evidence-based medicine criteria in rare indications. J Neurol 248 Suppl 1: 39-44
  5. Jost WH, Kohl A (2001) Botulinum toxin: evidence-based medicine criteria in blepharospasm and hemifacial spasm. J Neurol 248 Suppl 1: 21-24
  6. Kreyden OP et al. (2000) Botulinum toxin: from poison to drug. A historical review. Hautarzt 51: 733-737
  7. Lowe NJ et al. (2007) Botulinum toxin type A in the treatment of primary axillary hyperhidrosis: a 52-week multicenter double-blind, randomized, placebo-controlled study of efficacy and safety. J Am Acad Dermatol 56: 604-611
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