Simvastatin
Synonym(e)
Definition
Substanz aus der Gruppe der Statine.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Kompetitive, reversible Hemmung der HMG-CoA-Reduktase, dem geschwindigkeitsbestimmenden Schlüsselenzym der Cholesterinsynthese; Reduktion der endogenen Cholesterinsynthese und Senkung des Gesamtcholesterin- und LDL-Cholesterinspiegels.
Pharmakokinetik
Natürlich hergestelltes Statin, ähnlich Lovastatin
Lipophiles Statin mittlerer Wirkstärke mit max. mögl. LDL Senkung dosisabhg: 40 bis 45 % und HWZ von 3 Std.
Simvastatin (Lacton bzw. zyklischer Ester) ist ein Prodrug; wird nach oraler Gabe schnell resorbiert und in der Leber schnell zu aktivem Wirkstoff hydrolisiert.
Plasmeiweisbindung ≥95%
Metabolisierung: vorwiegend über das Cyp P 450 System in der Leber; hauptsächlich über CYP3A4, daher Wechselwirkung mit anderen Substanzen und erhöhtes Risiko für myotoxische und andere unerwünschte Arzeimittelwirkungen (UAW) durch Wirkungsverstärkung! (Einschränkung bei Lebererkrankungen). Substrat von diversen Transportern (siehe WW).
Elimination: ca 13% über Niere ca. 60% über Darm.
SLCO1B1 Polymorphismus u. a. Ursache für individuelle Unterschiede in Bioverfùgbareit und Risiko für NW.
In zahlreichen Studien und großer Studienpopulation gut untersuchte Substanz insb. für Effektivität zur kardiovaskulären Risikoreduktion (siehe Fachinfo).
Indikation
Behandlung auf der Basis und in Kombination mit Lebensstilveränderung (Ernährungsumstellung, Bewegung, ggf. Rauchstopp) entspr. Leitlinien (Mach F et al 2020).
Hypercholesterinämie, Dyslipidämie.
Primärprävention: bei erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankung (≥10% SCORE2/SCORE2-OP).
Sekundärprävention: bei bereits bestehender kardiovaskulärer Erkrankung bzw. schwerwiegendem vaskulären Ereignis in der Vorgeschichte.
Homozygote und heterozygote FH (ab 10 Jahren).
Bei Kindern altersabhängige Höchstdosen beachten, Behandlung und Überwachung nur vom Spezialisten (Leitline).
Schwangerschaft/Stillzeit
Cholesterin und andere Zwischenprodukte der Cholesterinbiosynthese sind essentiell wichtig in der embryonalen und fetalen Entwicklung und notwendig für die Synthese von Steroiden und Zellmembranen!
Statine sind daher kontraindiziert in Schwangerschaft und in der Stillzeit.
Das potentielle Risiko einer Schädigung rechtfertigt eine Therapiepause
Frauen und junge Mädchen im gebährfähigen Alter brauchen eine effektive Empfängnisverhütung (Wechselwirkungen beachten!)
Bei unerwarteter Schwangerschaft unter Behandlung mit Statinen siehe Embryotox Charité.
Dosierung und Art der Anwendung
Dosierung entspr. Leitlinien nach angestrebtem Zielwert mit geringster notwendiger Dosis ggf. Dosissteigerungen langsam in Abständen von mind. 4-6 Wochen; hohe Dosierungen vermeiden ggf. bereits frühzeitig Kombinationstherapie (Ezetimib), individuelle Patientenfaktoren mit beachten.
Höchstdosis von 80 mg Simvastatin sollte nicht angewendet werden, da erhöhtes Risiko für schwere Myopathien/Rhabdomyolyse (SEARCH Studie) im Vergleich zu anderen Statinen vergleichbarer Wirkstärke.
Verdopplung der Dosis bringt nur noch ca. 6% zusätzliche LDL-C Reduktion, aber höheres Risiko für NW da NW dosisabhängig!
Einnahme: oral 1x täglich, nahrungsunabhängig.
Einnahmezeit bevorzugt abends, bei kurzer HWZ verbesserte Wirksamkeit, da Cholesterinsynthese tageszeitabhängig mit höchster Cholesterinsynthese nachts bzw. frühe Morgenstunden. Bei gleichzeitiger Anwendung von Anionenaustauscherharzen : Einnahme bis 2 Std. vor oder mind. 4 Stunden danach.
Wichtig: tägl. Einnahmezeit sollte immer beibehalten werden um Schwankungen in der Wirkstärke zu vermeiden.
Therapieadhärenz ist wichtig und sollte mit Patienten besprochen werden!
Unerwünschte Wirkungen
Häufig sind leichte NW: Kopfschmerzen, Schwindel, Myalgien, gastrointestinale Beschwerden.
Häufig: Verschlechterung Blutglukosewerte, Erstmanifestation Diabetes insb. bei Prädisposition (Prädiabetes, Adipisitas metabolisches Syndrom)
Schwere NW sind sehr selten: Myositis, Myopathie, Rhabdomyolyse (Gefahr von Nierenversagen), hepatotoxische Schädigung, Leberwerte ≥3fach Normwert; Gelbsucht, Schwäche, Krankgeitsgefühl und Fieber.
Einzelfälle: IMNM; interstitielle Lungenerkrankung (bei Langzeitanwendung).
Überempfindlichkeitsreaktionen, Angioödeme.
Weitere Angaben und Details siehe Fachinfo!
Wechselwirkungen
Enzymsysteme/Carrier und Auswahl von Substanzen mit Potential für Interaktion (Inhibition), Wirkungsverstärkung und Risiko für schwerwiegende NW bei gleichzeitiger Behandlung mit Simvastatin
CYP3A4: Amiodaron, Amlodipin (CYP3A5), Aprepitant, Cilostazol, Cimetidin, Clarithromycin, Conivaptan,Ciclosporin, Cobicistat, Diltiazem, Verapamil, Erythromycin, Fluconazol (höhere Dosen), Fluvoxamin, Grapefruit, Idelalisib, Imatinib, Isavuconazol, Itraconazol, Netupitant, Posaconazol, Ritonavir, Voriconazol
P-gp (ABCB1): Amiodaron, Azithromycin, Captopril, Carvedilol, Chinidin, Cimetidin, Clarithromycin, Colchicin, Conivaptan, Ciclosporin, Diltiazem, Dronedaron (potent), Erythromycin, Itraconazol, Nicardipin, Protease-Inhibitoren (HIV), Ranolazin, Ticagrelor, Verapamil
OATP1B1: Carbamazepin, Clarithromycin, Ciclosporin, Erythromycin, Gemfibrozil, Protease-Inhibitoren (HIV), Roxithromycin, Sacubitril
BCRP (Breast Cancer Resistence Protein) Efflux-Carrier: Elbasvir, Grazoprevir
Daneben: Fusidinsäure (systemische Anwendung): Therapiepause plus 7 Tage für die Dauer der Anwendung.
Für weitere Angaben und zu Substanzen, die mit Dosisbeschränkungen anwendbar sind siehe Fachinfo.
Diese Angaben stellen nur eine Auswahl dar! Weitere Interaktionen müssen im Einzelfall individuell abgeklärt werden! (weitere Informationen siehe Fachinfo oder Datenbanken zu Arzeimittelinteraktionen).
Beachtet werden sollte auch, daß durch Statine die Wirkung von Begleitmedikation verändert werden kann und auch hierduch sich zusätzlich Unverträglichkeiten ergeben können!
Wechselwirkungsstudien wurden nur bei Erwachsenen durchgeführt.
Insbesondere bei besonderen Patientengruppen mit Polypharmakotherapie ist Risiko für NW erhöht!
Kontraindikation
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der Bestandteile.
Aktive Lebererkrankung oder unklare andauernde Erhöhung der Serum-Transaminasen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Gleichzeitige Anwendung von potenten CYP3A4-Inhibitoren (Substanzen, die AUC mind. um ca. das 5fache erhöhen) (z. B. Itraconazol, Ketoconazol, Posaconazol, Voriconazol, HIV-Protease-Inhibitoren (z. B. Nelfinavir), Boceprevir, Telaprevir, Erythromycin, Clarithromycin, Telithromycin, Nefazodon und Arzneimittel, die Cobicistat enthalten)
Gleichzeitige Anwendung von Gemfibrozil, Ciclosporin oder Danazol
Gleichzeitige Anwendung von Lomitapid und Simvastatin in Dosen von mehr als 40 mg bei Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie
Präparate
Simvastatin (Zocor®, Generika) 5 mg, 10 mg, 20 mg, 40 mg
Hinweis(e)
Bemerkenswert sind die Therapieerfolge von topischem aber auch systemisch applizierten Simvastatin bei der segementalen Vitiligo (Niezgoda A et al. 2024).
Literatur
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Mach F et al (2020). 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS) European Heart Journal 41:111-188
- Niezgoda A et al.(2024) Topical application of simvastatin acid sodium salt and atorvastatin calcium salt in vitiligo patients. Results of the randomized, double-blind EVRAAS pilot study. Sci Rep 14:14612.
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Wang D et al. (2023) Association between statins exposure and risk of skin cancer: an updated meta-analysis. Int J Dermatol 62:1332-1344.
- Fachinfo Simvastatin 10/20/40/80
- Fachinfo Simvastatin 30/60
- Fachinfo Simvastatin/Ezetimib
- Fachinfo Simvastatin dura