Recall-Dermatitis

Zuletzt aktualisiert am: 29.04.2025

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Synonym(e)

Reaktivierungsreaktionen; Recall-Phänomene; UV-radiation Recall

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Erstbeschreiber/Historie

Das Recall-Phänomen wurde 1959 erstmals durch den Arzt Dr.R. D`Angio et al. als Radiation-Recall beschrieben und bezeichnetet usprünglich das Auftreten einer lokalen dermatitischen Reaktion in einem zuvor bestrahlten Hautareal nach Einnahme von Chemotherapeutika (z.B. nach Actinomycin, Docetaxel,  Methotrexat, Doxorubicin, Gemcitabin, Tamoxifen oder Bleomycin). Später wurde die Radiation-Recall auch nach Einnahme von Antibiotika (z.B. Ceftriaxon: RRD 6 Monate nach Strahlentherapie und einer einmaligen intramuskulären Ceftriaxon-Dosis -Patel NV et al. 2020; Nitrofurantoin:RDD 8 Jahre nach Strahlentherapie- Garrahy I et al. 2019), Tyrosinkinase-Hemmer oder Aromatase-Hemmstoffe (Sweren E et al. 2021) beschrieben.

Die Erkrankung kann binnen weniger Tage, Wochen bis  Jahre nach erfolgter Radiotherapie auftreten. Bei intravenös applizierten Medikamenten wurden Intervalle von wenigen Minuten bis 14 Tagen beschrieben. Docetaxel und Gemcitabin waren die beiden Medikamente, die am häufigsten mit einem Radiation Recall Phänomen in Verbindung gebracht wurden (Bhangoo RS et al. 2022). Das Radiation Recall Phänomen kann auch als Recall-Myositis oder Recall-Pneumonitis auftreten.

Definition

Die Recall-Dermatitis ist definiert als eine arzneilich ausgelöste Dermatitis, die ausschließlich in Arealen auftritt die zuvor einer unterschiedlich intensiven Bestrahlung ausgesetzt war. Sie tritt auf in Röntgen-Bestrahlungsfeldern (Radiation-Recall-Dermatitis) aber auch in zuvor UV-oder Laser-bestrahlten (UV-Recall-Dermatitis; Laer-Recall-Dermatitis) Hautpartien. Auslösende Medikamente sind v.a. systemisch verabreichte Chemotherapeutika oder Antibiotika. Recall-Dermatitiden können innerhalb von Tagen nach aber auch noch Monate später nach den Bestrahlungen der Haut auftreten.

Eine durch eine lokale Immuntherapie (Imiquimod-Therapie) gebahnte Recall-Dermatitis wurde nach einer topischen Behandlung aktinischer Keratosen mit einer Imiquimod-Creme (Zyclara 3,75%) durch eine später durchgeführte mRNA-SARS-COV2-Impfung ausgelöst (Roshardt Prieto NM et al. 2023) . 

Ätiologie

Die Mechanismen, die einer Recall-Dermatitis zugrunde liegen sind derzeit noch unbekannt. Anzunehmen ist eine erworbene (z.B. UV-Bestrahlungen), erhöhte Reaktionsfähigkeit der Epithelzellen oder der Zellen des angeborenen Immunsystems. Dieses Phänomen wird als "trainierte Immunität" oder "erworbenes Immungedächtnis" bezeichnet.

Trainierte Immunität (TI) wurde zuerst in Zellen des angeborenen Immunsystems entdeckt, z. B. in Monozyten, Makrophagen und natürlichen Killerzellen. TI wurde aber auch in Zellen mit langer Lebensdauer, wie Stammzellen und Fibroblasten, gefunden (Naik, S et al. 2017).

Nachweislich ist, dass epitheliale Stammzellen (EpSCs) ein lang anhaltendes Gedächtnis für frühere Entzündungsreize, z. B. eine topische Imiquimod-Behandlung entwickeln können, wodurch die Haut in die Lage versetzt wird, lokalisiert auf nachfolgende Schädigungsreize zu reagieren.

Nach dem ersten Stimulus behalten EpSCs offenbar die chromosomale Zugänglichkeit mehrerer "kritischer Gene" für die Entzündungsreaktion bei, was z.B. eine schnelle Transkription von AIM2 und seiner nachgeschalteten Effektorgene (Caspase-1 und Interleukin-1beta) bei einem sekundären Stimulus ermöglicht (Naik, S et al. 2017). Das Aim2-Gen kann somit als lokales Gedächtnis bezeichnet werden. Es kodiert einen für einen Aktivator des Inflammasoms.

Das Fehlen des AIM2-Proteins oder seiner nachgeschalteten Effektoren, hebt die Gedächtnisfunktion der epitheliale Stammzellen für Entzündungsimpulse auf (Naik, S et al. 2017).

Weiterhin spielen Trm-Zellen (Trm steht für: T-Zell-resident memory cells/geweberesidente Gedächtnis-T-Zellen) eine wichtige Rolle. Trms sind langlebige Lymphozyten, die in Geweben ansiedeln und sich nach Auslösung einer T-Zell-vermittelten Immunantwort entwickeln. Sowohl CD4+ als auch CD8+ Trm-Zellen wurden in der Haut und anderen Geweben beschrieben. Sie weisen Spezialisierungen für ihr residentes Gewebe auf. Mausmodelle zeigen, dass Trm-Zellen als Sentinel-Alarmzellen fungieren, die bei Begegnung mit ihrem kognitiven Antigen Zytokine und Chemokine sekretieren. Im Vergleich zu Trm-Zellen in anderen Geweben bleiben Haut-Trm über Jahre hinweg in loco und exprimieren hautspezifische Homing-Antigene wie das kutane Lymphozyten-Antigen (CLA) oder das Chemokin CCR8. Darüber hinaus sind bestimmte Hautretentionsmarker, darunter CD103 und CD69, hochreguliert. Das Überleben der TRM in der Haut hängt von IL-15 und dem Fettsäurestoffwechsel ab Ryan GE et al. 2021).

S.a. unter Isotopische Antwort.

Literatur

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