AkromegalieE22.0

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 28.12.2023

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Synonym(e)

Pachyakrie; (Pierre-)Marie-Syndrom; Pierre-Marie-Syndrom

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Erstbeschreiber

Saucerotte, 1772; Marie, 1886

Definition

Klinische Manifestation eines Hyperpituitarismus, der durch eine Überproduktion des hypophysären Wachstumshormons (STH=Somatotropin, GH= Growth Hormon) im Hypophysenvorderlappen (HVL) gekennzeichnet ist.

  • Nach Abschluss des Wachstumsalters (geschlossene Epiphysenfugen) führt die STH-Überproduktion zum Bild der Akromegalie mit überproportionalem Wachstum verschiedener Organe. Charakteristisch ist eine selektive Größenzunahme der Akren, insbesondere der Nase, Ohren, Kinn, Hände und Füße. 
  • Vor Abschluss des Wachstumsalters (offene Epiphysenfugen) führt die STH-Überproduktion zum hyophysären Riesenwuchs (Gigantismus).

Vorkommen/Epidemiologie

Selten. Inzidenz: 1/3-5 Millionen Einwohner/Jahr.

Ätiopathogenese

Mögliche Ursachen sind:

  • Überproduktion von Wachstumshormon (STH = somatotropes Hormon), meist aufgrund eines eosinophilen Adenoms des Hypophysenvorderlappens (>95% der Patieten).
  • Mutationen von regulatorischen Genen der Adenylatcyclase ( G-Proteine des Signaltransduktionsweges).
  • Ektopisches, neuroendokrin aktives Gewebe: GH-RF stimuliert das Onkogen c-fos in STH-produzierenden Zellen in extrahypophysärem Tumor (Pankreas, Lunge, Ovar, Mamma).
  • Exzessive Sekretion von Wachstumshormon-Releasingfaktor (GH-RF): Eutop bei hypothalamischen Hamartomen, Ganglioneuromen, ektop bei Tumoren (Karzinoid, Pankreas, kleinzelliges Karzinom der Lunge, Nebennieren, Phäochromozytom).
  • Vermehrte Wirkung oder Sekretion von Somatomedinen ("acromegalodism").

Manifestation

Überwiegend im Erwachsenenalter, insbes. 40.-50. LJ.

Klinisches Bild

Die bei der Akromegalie auftretenden Symptome und Befunde sind zurückzuführen auf:

  • lokale Auswirkungen des Hypophysenadenoms
  • Wachstumswirkungen des STH
  • endokrine Begleiterkrankungen  

Kutane Manifestationen der Akromegalie (Bild des "wilden Mannes"): 

Extrakutane Manifestationen der Akromegalie:

  • Gewichtszunahme
  • Allgemeine Viszeromegalie (Splanchnomegalie)
  • Tiefere Stimme (Kehlkopfwachstum), kloßige Sprache aufgrund einer Makroglossie (kann zu einem Schlaf-Apnoe-Syndrom führen)
  • Skelett: Osteoporose, Arthrosen, Kyphose der Brustwirbelsäule (bedingt durch Knorpelwachstum an Gelenken und Bandscheiben), Progenie, Supraorbitalwülste, Vergrößerung der Hände (Pratzenhände), der Füße, Karpaltunnelsyndrom
  • Herz/Kreislauf: Häufig Herzvergrößerung (Ausdruck einer durch hohen Wachstumshormonspiegel hervorgerufenen Myokardhypertrophie, Hypertonie und Koronarsklerose mit entprechenden narbigen Myokardveränderungen als Teilfaktoren der Kardiomegalie; in 25% der Fälle kommt es zur manifesten Herzinsuffizienz.)
  • Lokal-paraselläre Manifestationen: Bei Hypophysen-Tumor: Bitemporale Hemianopsie und Stauungspapille; Kopfschmerz;
  • Endokrine Störungen: euthyreote Struma (nodosa colloides), Amenorrhoe, Dysmenorrhoe, Potenzverlust (Gonadotropindefizit); pathologische Glukosetoleranz bzw. manifester Diabetes mellitus. Im Spätstadium der Akromegalie ist durch Verdrängung und Ausschaltung des Hypophysengewebes das Auftreten eines Panhypopituitarismus möglich (Hypothyreose, Nebenierenrindeninsuffizienz, Hypogonadismus).  
  • GI: adenomatöse Kolonpolypen (Bei etwa 10% der Patienten muss mit malignen Tumoren des GI-Traktes gerechnet werden.)

Labor

Wachstumshormon-STH i.S. erhöht, im OGT keine Suppression unter 2 ng/ml nach Gabe von 100 g Glukose. Erhöhte Somatomedin(IGF-I)-Spiegel, Hyperprolaktinämie (bei 20-40% der Pat.). Sekundärer Diabetes mellitus (mehrere BZ-Werte im Tagesprofil bestimmen!). Somatomedin C erniedrigt.

Diagnose

Klinik; Labor; Röntgen und CT des Schädels: Sellavergrößerung; Röntgen der Nasennebenhöhlen, Hände, Füße (Vergrößerung, Kortikalisverdickung). Vergleich mit früheren Fotografien des Patienten.

Therapie

Behandlung der Grunderkrankung, z.B. Tumorentfernung chirurgisch oder durch Strahlentherapie. Andernfalls medikamentöse Hemmung der STH-Sekretion mit Bromocriptin (z.B. Pravidel) oder Anwendung von Octreotid durch den Endokrinologen.

Literatur

  1. Braham C et al. (2002) Skin tensile properties in patients treated for acromegaly. Dermatology 204: 325-329
  2. Klibanski A, Zervas NT (1991) Diagnosis and management of hormone-secreting pituitary adenomas. N Engl J Med 324: 822–831
  3. Lami MC et al. (2003) Hair loss in three patients with acromegaly treated with octreotide. Br J Dermatol 149: 655-656
  4. Marie P (1886) Sur deux cas d’acromégalie: hypertrophie singulière non congénitale des extrémités supérieures, inférieures et céphalique. Rev de Med 6: 297-333
  5. Melmed S (1992) Acromegaly. Endocrinology and Metabolism Clinics of North America 21: 483–765
  6. Melmed S et al. (2002) Guidelines for acromegaly management. J Clin Endocrinol Metab 87: 4054-4058
  7. Saucerotte N (1801) Mélanges de chirurgie. Paris, Vol. 1, S. 477
  8. Umahara M et al. (2003) Glucose-Dependent Insulinotropic Polypeptide Induced Growth Hormone Secretion in Acromegaly. Endocr J 50: 643-650
  9. Verstraeten (1889) L'acromégalie. Rev méd 9: 377–493
  10. Wass JA (2003) Dynamic testing in the diagnosis and follow-up of patients with acromegaly. J Endocrinol Invest 26: 48-53

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