Ertugliflozin

Autor:Dr. med. Christina I. Hirth

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Zuletzt aktualisiert am: 25.06.2025

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Definition

SGLT2 Inhibitor zur Behandlung des Typ 2 Diabetes mellitus, entsprechend Leitlinien

siehe SGLT2 Inhibitoren

Pharmakodynamik (Wirkung)

Wirkmechanismus: SGLT2i beruhen auf einem neuen Wirkprinzip, das sich grundsätzlich von Insulin und anderen oralen Antidiabetika unterscheidet. SGLT2i basieren auf der selektiven reversiblen Hemmung des natriumabhängigen Glukosetransporters SGLT-2 (Natrium-Glukose-Co-Transpoter 2) im proximalen Tubulus der Niere. Dies führt zu vermehrter Ausscheidung von Glukose (Glukosurie) und, da auch der Cotransport von Natrium gehemmt wird, auch zur vermehrten Ausscheidung von Natrium im Urin (Natriurese). Die Hemmung ist selektiv für den SGLT-2-Transporter. Der SGLT-1-Transporter wird nicht gehemmt. Die Hemmung des SGLT2 ist jedoch nicht vollständig und wird daneben teilweise durch den SGLT-1 Transporter weiter distal im Tubulus der Niere kompensiert. Daher kommt es nicht zur Hypoglykämie oder Elektrolytverschiebungen.

weitere Einzelheiten siehe SGLT2 Inhibitoren.

Pharmakokinetik

Orale Verfügbarkeit, schnelle Resorption, hohe Plasmaeiweisbindung, maximale Plasmaspiegel innerhalb von 1-2 Stunden, Elimination innerhalb von 24-48 Stunden nach Absetzen.

Metabolisierung vorwiegend über Glukuronid-Konjugation über verschiedene UDP-Glukuronosyltransferase Enzyme. Kaum über CYP. Daher kaum nennenswerte pharmakokinetische Wechselwirkung mit anderen Medikamenten.

Bei Nierenfunktionsstörung eGFR ≤45 ml/min glukosesenkende Wirkung reduziert, ggf. zusätzliche glukosesenkende Medikation notwendig. Die kardio- und nephroprotektive Wirkung bleibt auch bei eingeschränkter Nierenfunktion erhalten.

Bei schwerer Leberfunktionsstörung keine Anwendung oder ggf. initial geringste Dosis und schrittweise erhöhen (siehe jeweilige Fachinfo).

Für Einzelheiten siehe Fachinfo.

Indikation

zur Be­handlung von Erwachsenen ab 18 Jahren bei unzureichend kontrolliertem Typ‑2 Diabetes mellitus als Ergänzung und auf der Basis von Lebensstilverändeerungen (Ernährung und Bewegung) gem. Leitlinien:

als Mo­notherapie, wenn Met­for­min aufgrund von Unverträglichkeit oder Ge­gen­anzeigen nicht geeignet ist oder zusätzlich zu anderen Arzneimit­teln zur Be­handlung von Diabetes.

Schwangerschaft/Stillzeit

kontraindiziert während Schwangerschaft und Stillzeit!

Dosierung und Art der Anwendung

empfohlene Anfangsdosis 5 mg ggf. Dosissteigerung auf 15 mg 

Einnahme 1x tägl. nahrungsunabhängig morgends 

 

 

Unerwünschte Wirkungen

Häufigste Nebenwirkung ist erhöhtes Risiko für das Auftreten von Genital- und Harnwegsinfektionen, aufgrund der Glukosurie. Risiko läßt sich durch gute Hygiene- und Pflegemaßnahmen reduzieren. Infektionen sind selten und lassen sich mit üblichen Begandlungsmaßnahmen allgem. gut behandeln.

Eine schwerwiegende unerwünschte Wirkung bzw. Komplikation ist das sog. Fournier Gangrän, eine nekrotisierende Fasziitis des Perineiums, das sehr selten auftritt. Das Risiko ist bei Patienten mit Immunschwäche jeder Ursache, schlechtem Allgemeinzustand und Ernährungszustand, Alkoholkrankheit, Drogenabhängigkeit, Rauchen, höheres Alter, Adipositas u.a. erhöht. Die Erkrankung ist lebensbedrohlich und erfordert sofortige chirurgische Behandlung und Debridement.

Komplikation: Atypische Ketoazidose, sehr selten aber potentiell lebensbedrohlich! Bei Behandlung mit SGLT2i kann Ketoazidose auch bei nur gering erhöhten oder normalen Blutglukoseewerten auftreten! Sehr wichtig und erfordert besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf Klinik und Diagnose!

Bei folgenden Symptomen Ketoazidose sehr wahrscheinlich: Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Bauchschmerzen, starker Durst, Schwierigkeiten beim Atmen, Verwirrtheit, ungewöhnliche Müdigkeit, Schläfrigkeit, Bewußtseinsverlust.

Risiko ist erhöht bei Situationen mit vermehrtem endogenen Insulinbedarf oder relativem Insulinmangel, wie z.B. größere operative Eingriffe (Fasten, Stress) insbesondere große chirurgische Eingriffe und bariatrische Operation aber auch diagnostischen Prozeduren, die Nahrungskarenz erfordern, niederkalorische Diäten oder Fasten und Nahrungsumstellung insbesondere bei verminderter Kohlehydratzufuhr, Low-Carb-Diät, Malabsorption, starker Flüssigkeitsverlust und exessive körperliche Belastung, exzessiver Alkoholkonsum, oder akuten schweren Erkrankungen wie Infektionen, Gastroenteritis, Myokardinfarkt, Schlaganfall u.a.
Auch bei Kombinationsbehandlung von SGLT2i mit Insulin kann es durch Reduzierung der Insulindosis zu einem erhöhten Risiko für Ketoazidose kommen. Daher strenge Überwachung der Blutzuckerwerte und ggf. Ketonkörper und erhöhte Achtsamkeit für Symptome notwendig!

Diagnose: Überwachung der Ketonkörperkonzentration im Blut (Ketonkörperbestimmung im Harn nicht ausreichend), pH≤7,3; Serumbicarbonat ≤15mmol/l; Anionengap ≥12mmol/l. 

Sofortiges Absetzen der SGLT2i und Behandlung bei Ketoazidose! 

Pausierung der Behandlung bei Infektionen und akuten Erkrankungen sowie bei Nahrungsumstellung u.a. Absetzen mögl. 3 Tage vor Op. (AVP, Arneiverordnung in der Praxis Band 50(1), März 2023) (Patienten sollten über mögliche Ketoazidose, Risikosituationen und Symptome aufgeklärt werden!).

Zu Beginn der Behandlung kann es zu vorübergehender, reversibler Serumkreatininerhöhung und Verringerung der eGFR kommen = Teil des Wirkprinzips und der nephroprotektiven Wirkung durch osmotische Diurese und TGF. Bei Patienten mit stärker eingeschränkter Nierenfunktion wird eine engmaschige Überwachung und Behandlung durch erfahrenen Nephrologen empfohlen (klinische Daten und Studien, sowie Leitlinien und Nutzenbewertung für die Behandlung von CKD mit geringer eGFR beziehen sich auf Dapagliflozin und Empagliflozin; siehe Fachinformation für das jeweilige Produkt).

Für Ertugliflozin wird die Anwendung bei eGFR ≤45 ml/min nicht empfohlen, bei eGFR ≤30 ml/min soll eine Behandlung mit Ertugliflozin nicht erfolgen bzw. abgebrochen werden (siehe Fachinfo Steglatro, Stand 2024). Als Anwendungsgebiet ist nur die Behandlung des Typ 2 DM ab 18 Jahren angegeben (siehe Fachinfo Steglatro, Stand 2024).

Wechselwirkungen

SGLT2i lassen sich nach gegenwärtigem Stand ohne wesentliche, klinisch relevante Wechselwirkung mit anderen Medikamenten kombinieren.

Bei Kombination mit anderen Diuretika (Thiazid- und Schleifendiuretika) kann die diuretische Wirkung verstärkt werden und das Risiko für Dehydratation und Hypotonie wird erhöht.  Insbesondere beachten bei älteren Menschen bzw. Hypotonie in der Vorgeschichte, Ausgleich von Dehydratation vor und während Behandlung, ggf. Dosisreduktion antihypertensiver oder diuretischer Begleitmedikation, ggf. pausieren der SGLT2i und Volumenausgleich.

Bei Kombination mit Insulin und insulinotropen Substanzen besteht das Risiko von Hypoglykämien (engmaschige Blutzuckerkontrollen insbesondere bei Dosisänderungen notwendig, ggf. vorsichtige Reduktion von Insulin o.a. ggf. Ketonkörperkontrolle).

Es kann zu vermehrter Ausscheidung von Lithium und Absinken des Serumlithiumspiegels kommen (regelmäßig Lithiumspiegel und ggf. Dosisanpassung bei Beginn der Begandlung und bei Dosisänderung von SGLT2i).

Für ausführliche Information bezüglich Besonderheiten der einzelnen Substanzen wird auf die jeweilige Fachinformation verwiesen.

Kontraindikation

nicht anzuwenden bei Typ 1 Diabetes mellitus, da ein zu großes Risiko für lebensbedrohliche Ketoazidose besteht.

nicht anzuwenden bei Patienten unter 18 Jahren (es liegen keine Daten vor). 

nicht empfohlen bei Niereninsuffizienz eGFR≤40 ml/min (Fachinformation Steglatro®, MSD,Stand 2024); 

nicht anzuwenden bei Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe oder sonstige Bestandteile des Medikamentes. Enthält Lactoseverbindung, daher nicht anwenden bei Patienten mit seltener hereditärer Galactose-Intoleranz, völligem Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption.

weitere Hinweise siehe Fachinfo.

Präparate

Ertugliflozin Steglatro® 5 mg  15 mg

Literatur

Fachinfo Ertugliflozin Steglatro®

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 25.06.2025