KolonkarzinomC19
Synonym(e)
Erstbeschreiber/Historie
Die sog. no- touch- Technik beschrieb als Erster Barnes im Jahre 1952, als er bei einem Patienten das rechte Kolon wegen Karzinombefall entfernte. Turnball et al. wiesen 15 Jahre später eine bessere 5- Jahres- Überlebensrate bei Patienten nach, die mittels no- touch Technik operiert wurden (Chassin 1983).
Der Begriff „Adenom- Karzinom- Sequenz“ wurde im Jahre 1975 eingeführt (Siegenthaler 2006).
Definition
Die Definition eines Kolonkarzinoms wird sehr unterschiedlich gehandhabt.
- Internationales Beurteilungssystem:
Nach dem internationalen Beurteilungssystem spricht man von einem Rektumkarzinom, wenn sich der aborale Rand des Tumors mit einem starren Rektoskop 16 cm oder weniger von der Anokutanlinie entfernt ist. Alle anderen Tumoren im Kolon entsprechen einem Kolonkarzinom (Leitlinien 2019).
- Beurteilung in den USA:
Man spricht von einem Kolonkarzinom, wenn der Tumor mehr als 12 cm von der Linea anocutanea entfernt ist (Leitlinien 2019).
- Intraoperative Beurteilung:
Intraoperativ erfolgt die Beurteilung anhand der Taeniae oder der peritonealen Umschlagsfalte. Diese wiederum sind abhängig vom Geschlecht, Alter und weiteren Faktoren (Leitlinien 2019).
Einteilung
Tumor- Klassifikation
Die von der UICC 2010 eingeführte Klassifikation des kolorektalen Karzinoms:
- Stadium 0: Tis, N 0, M 0
- Stadium I: T 1/ T 2, N 0, M 0
- Stadium II: T 3/ T 4, N 0, M 0
- II A: T 3, N 0, M 0
- II B: T 4 a, N 0, M 0
- II C: T 4 b N 0, M 0
- Stadium III: jedes T, N 1/ N 2, M 0
- III A: T 1 / T 2, N 1, M 0
- T 1 / N 2 a, M 0
- III B: T 3 / T 4, N 1, M 0
- T 2 / T 3, N 2 a. M 0
- T 1 / T 2, N 2 b, M 0
- III C: T 4 a, N 2 a, M 0
- T 3 / T 4 a, N 2 b, M 0
- T 4 b, N 1 / N 2, M 0
- Stadium IV: jedes T, jedes N, M 1
- IVA: jedes T, jedes N, M 1 a
- IVB: jedes T, jedes N, M 1 b (Leitlinien 2019)
Amsterdam- Kriterien
Die Amsterdam- Kriterien (AC):
- AC 1: es ist ausschließlich das Kolon betroffen
- AC 2: es sind auch extrakolische Manifestationen nachweisbar (Leitlinien 2019)
- 1. Es sind mindestens drei Familienmitglieder von einem HNPCC- assoziierten Karzinom betroffen (hereditärer nicht- polypöser Dickdarmkrebs [Kasper 2015]), lokalisiert im Bereich des Kolons, Rektums, Endometriums, Dünndarms, Urothels, Nierenbeckens.
- 2. Es sind mindestens zwei aufeinanderfolgende Generationen betroffen.
- 3. Mindestens ein Familienmitglied ist erstgradig verwandt mit den beiden anderen.
- 4. Einer der Erkrankten war zum Zeitpunkt der Diagnosestellung jünger als 50 Jahre.
- 5. Eine familiäre adenomatöse Polyposis wurde ausgeschlossen (Leitlinien 2019).
Lymphogene Ausbreitung
Die lymphogene Metastasierung ist abhängig von der Tumorlokalisation:
- Oberes Rektumdrittel (12 - 16 cm von der Anokutanlinie): Hier findet sich nur eine Metastasenstraße in den paraaortalen Lymphknoten.
- Mittleres Rektumdrittel (6- < 12 cm von der Anokutanlinie): Hierbei gibt es bereits zwei Metastasenstraßen in den paraaortalen Lymphknoten und in der Beckenwand.
- Unters Rektumdrittel (< 6 cm von der Anokutanlinie): Im unteren Teil kommen neben den beiden o. g. Metastasenstraßen auch noch als 3. Möglichkeit die inguinalen Lymphknoten dazu (Herold 2021).
Hämatogene Metastasierung
Die hämatogene Metastasierung erfolgt primär in Lunge und Leber. Andere Organe folgen anschließend kaskadenartig.
Eine hämatogene Metastasierung liegt bei ca. 25 % der Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits vor. Diese erfolgt in den überwiegenden Fällen über die V. portae in die Leber. Eine Ausnahme bildet das sehr weit distal gelegene Karzinom. Hier können Metastasen über die V. cava direkt in die Lunge gelangen (Herold 2021).
Vorkommen/Epidemiologie
Die höchste Inzidenz eines Kolonkarzinoms findet sich europaweit in Deutschland mit 70 Betroffenen auf 100.000 Einwohner pro Jahr, die niedrigste in Griechenland mit < 20 Betroffenen auf 100.000 Einwohner pro Jahr (Herold 2021).
Bei Männern stellt das kolorektale Karzinom die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache dar, bei Frauen steht es an dritter Stelle. In Deutschland verstarben 2014 ca. 25.000 Patienten an einem Kolonkarzinom (Herold 2021).
Kolonkarzinome treten bei ca. 90 % bevorzugt nach dem 50. Lebensjahr auf. Allerdings verdoppelt sich die Inzidenz der > 40jährigen Betroffenen alle 10 Jahre (Herold 2021).
Das Karzinomrisiko beträgt in der Normalbevölkerung ohne Risikofaktoren bei den > 40jährigen 6 %. Das Risiko bei Verwandten 1. Grades von betroffenen Patienten > 60 Jahren liegt bei 10 %, das der < 60 Jahren bei 30%, das von Patienten mit familiärer adenomatöser Polyposis coli u a. hereditären Polyposis- Syndromen bei 100 % (Herold 2021).
Ätiopathogenese
Es gibt verschiedene Faktoren, die eine Rolle beim kolorektalen Karzinom spielen:
- 1. Genetische Faktoren: Sie spielen bei ca. 10 % eine Rolle, dazu zählen:
- FAP: sog. familiäre adenomatöse Polyposis. Treten bei ca. 1% der Betroffenen auf (Herold 2021). Unbehandelt entwickelt sich hierbei fast ausnahmslos ein Kolonkarzinom (Leitlinien 2019).
- Familienanamnestisch bekannte kolorektale Karzinome
- Lynch-Syndrom: Auch als hereditäres nicht- polypöses Kolonkarzinom-Syndrom (NPCC) bezeichnet. Sie finden sich bei ca. 5 % aller Betroffenen und werden autosomal dominant vererbt. Männer sind hiervon in bis zu 70% betroffen, Frauen bis zu 60 %. Das Erkrankungsalter liegt i. d. R. bei ca. 45 Jahren, betroffen ist in erster Linie der rechte Kolonabschnitt. Zusätzlich besteht mit 50 % ein erhöhtes Risiko für ein Endometriumkarzinom, < 10 % für Magen-, Ovarial- und Urothelkarzinom, selten für Karzinome im Dünndarm, der Gallengänge und Pankreas (Herold 2021)
- 2. Ernährungsfaktoren:
- Fleischreiche Kost
- Ballaststoffarme Kost
- Vermeidung von Gemüse und Obst
- Hoher Alkoholkonsum (Herold 2021)
- 3. Risikoerkrankungen:
- Langjährige chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, insbesondere bei Colitis ulcerosa mit high grade IEN (Herold 2021)
- Kolorektale Adenome, insbesondere bei multiplen Adenomen d.h. > 3 oder bei > 1 cm großen Adenomen (Leitlinien 2019)
- Z. n. Ureterosigmoideoskopie
- Anamnestisch bekannte Karzinome von Mama, Corpus uteri oder Ovar
- Schistosomiasis (Herold 2021)
- 4. Weitere Risikofaktoren:
- Adipositas
- Alter > 40 Jahre
- Langjähriges Zigarettenrauchen
- Hoher Alkoholkonsum
- Ignorieren der Vorsorgeuntersuchungen (Herold 2021)
- Bei ca. 20 – 30 % der Betroffenen treten Kolonkarzinome familiär gehäuft auf, d. h. man findet ein gehäuftes Vorkommen einer malignen Erkrankung, genetische Ursachen können aber nicht konkret identifiziert werden. Bei Verwandten ersten Grades wie z. B. Eltern, Geschwistern und Kindern ist das mittlere Risiko 2 – 3- fach erhöht. Sollte das Kolonkarzinom vor dem 60. Lebensjahr auftreten, steigt das Risiko für betroffene Verwandte ersten Grades um das 3- 4- fache (Leitlinien 2019).
Pathophysiologie
Pathogenetisch differenziert man zwischen:
- Adenom/Dysplasie-Karzinom-Sequenz:
Diese findet sich bei ca. 70-80 % der Kolonkarzinome. Karzinome entwickeln sich hierbei aus intraepithelialen Neoplasien, den sog. IEN. Diese IEN treten in Form von Adenomen auf. Die Tumorregression vom normalen Gewebe über das Adenom bis hin zum Karzinom benötigt ca. 10 Jahre (Herold 2021).
- Serratierter Karzinogeneseweg:
Sie machen ca. 20 - 30 % der Kolonkarzinome aus. Hierbei spielt eine initiale Mutation eine Rolle (Herold 2021).
- Chromosomeninstabilitäts- Pathway (CIN)
Die Pathogenese des sporadischen kolorektalen Karzinoms ist durch eine nachweisbare Progression charakterisiert und führte zur Einführung des Begriffes Adenom- Karzinom- Sequenz (Siegenthaler 2006).
Lokalisation
Lokalisiert ist ein Kolonkarzinom zu 50% im Rektum als sog. Rektumkarzinom, zu 30 % im Sigma, zu 10 % jeweils im Coecum, Colon ascendens bzw. im übrigen Kolon (Herold 2021).
Klinik
Die Symptome sind völlig uncharakteristisch. Sie können bestehen aus:
- Blutbeimengungen im Stuhl, am häufigsten beim Rektumkarzinom, aber lediglich bei 1/6 der Patienten mit Befall des rechten Kolons (auch ohne Blutbeimengungen kann ein Darmkrebs vorhanden sein, deshalb nie mit der Diagnose „Hämorrhoiden“ zufriedengeben, da mehr als die Hälfte der Patienten mit Kolonkarzinom Hämorrhoiden hat)
- Jegliche plötzliche Änderung der Stuhlgewohnheiten bei Patienten > 40 Jahren wie z. B. „falscher Freund“, anhaltend üble Windgerüche etc.
- Allgemeine Symptome wie z. B.:
- Müdigkeit, Gewichtsverlust, Fieber, Leistungsminderung
- Chronische Blutungsanämie
- Symptome eines Ileus als Spätsymptom (Herold 2021)
Diagnostik
Jeder Patient mit auffälligen Symptomen (s. o. unter „Klinisches Bild“) sollte rektal ausgetastet werden. Des Weiteren sind Koloskopie und ergänzende Untersuchungen (s. u. „Bildgebung“) zur Beurteilung der Ausbreitung des Tumors (Herold 2021).
Bildgebung
- Hohe Koloskopie
Die qualitätsgesicherte Koloskopie hat die höchste Sensitivität und Spezifität hinsichtlich des Auffindens von Darmkarzinomen und Adenomen (Leitlinien 2019).
Die Koloskopie sollte allerdings bis mindestens zum Coecumboden erfolgen (Herold 2021).
- 3D- Spiral- CT
Diese ist auch bekannt als sog. „virtuelle Koloskopie“. Sie sollte auf jeden Fall erfolgen, wenn die Koloskopie nur unvollständig möglich war (Herold 2021).
- Ergänzende Diagnostik
Dazu gehören: Rektale Endosonographie, MRT des Beckens, bei unklarem Sonographiebefund: Spiral- CT des Abdomens, Bei V. a. eine Blaseninfiltration: Zystoskopie der Harnblase, gynäkologische Untersuchung bei V. a. Infiltration von Uterus, Vagina bzw. Adnexen (Herold 2021).
- Metastasensuche:
Für eine Metastasensuche sind angezeigt:
- Röntgen Thorax
- Abdominelle Sonographie oder CT, eventuell auch MRT der Leber
- Thorax- CT bei Vorliegen eines Rektum- Karzinoms (Herold 2021)
Labor
Es sollten bestimmt werden:
- Carcino- embryonales Antigen (CEA):
Dieses ist aber nicht tumorspezifisch, die Bedeutung liegt vielmehr in der Nachsorge nach Radikaloperation. Bei präoperativ erhöhten Werten normalisieren sich diese postoperativ und steigen bei einem Rezidiv erneut an (Herold 2021).
- mRNA des tumorspezifischen Antigens HL- 6
Dieses ist sensitiver als CEA (Herold 2021).
- Postoperativ zur Diagnostik von Lokalrezidiven sollten bestimmt werden:
- Radioimmunszintigraphie (RIS) mit 99m Tc- markierten CEA- Antikörpern
- PET mit Fluordesoxyglukose (Herold 2021)
Histologie
Histologisch handelt es sich in 80 – 90 % um Adenokarzinome, seltener um muzinöse Adenokarzinome, Lymphome, Plattenepithelkarzinome, undifferenzierte Karzinome und Siegelringkarzinome (Buchta 2019).
Man differenziert laut WHO zwischen:
- Low- grade- Karzinomen
Hierbei ist die Entartungsrate gering (Krams 2010).
- High- grade- Karzinomen (Herold 2021).
Bei high- grade Karzinomen findet sich ein erhöhtes Entartungsrisiko (Krams 2010).
Differentialdiagnose
- Colitis ulcerosa
- M. Crohn
- Divertikulitis
- Benigner Kolonpolyp
- Benigner Kolontumor
- Karzinoid (Buchta 2019)
Komplikation(en)/Assoziierte Erkrankungen
- Stenosierung mit nachfolgendem Ileus
- Blutung
- Perforation (Buchta 2019)
Mögliche Komplikationen einer Bestrahlung können sein:
- Schrumpfblase
- Stenosen
- Chronische Strahlenproktitis
- Fisteln (Herold 2021)
Therapie allgemein
pT1- Karzinome
Falls sich bei der histologischen Untersuchung eines endoskopisch R0- entfernten Polypen ein pT1- Karzinom darstellen sollte, kann auf eine onkologische Nachresektion verzichtet werden, sofern eine Low- risk Situation vorliegt und die Polypen- Basis karzinomfrei ist. Die endoskopische Nachsorge sollte anschließend nach einem halben Jahr erfolgen in Form einer lokalen endoskopischen Untersuchung, eine komplette Koloskopie nach 3 Jahren (Leitlinien 2019).
In der High- risk Situation hingegen ist eine radikale chirurgische Behandlung zu empfehlen (Leitlinien 2019).
Neoadjuvante Therapie:
Die neoadjuvante Therapie wird bei fortgeschrittenem Rektumkarzinom der distalen zwei Rektumdrittel im UICC- Stadium II und III empfohlen, da sich dadurch das Risiko von Lokalrezidiven senken lässt und u. U. ein Sphinktererhalt ermöglicht ist, der anhand der präoperativen Diagnostik nicht möglich erschien (Herold 2021).
Es handelt sich dabei um eine:
- Präoperative Kurzzeitbestrahlung
- Radio- / Chemotherapie (RT / CT)
Die eigentliche Operation erfolgt dann 6 – 8 Wochen nach der RT / CT (Herold 2021).
Adjuvante Therapie:
Im UICC- Stadium III kann die 5- Jahresüberlebensrate um 15 – 20 % durch eine postoperative Chemotherapie verbessert werden:
plus
plus
für 4 – 6 Wochen p. o. für insgesamt 3 – 6 Monate (Herold 2021)
Bei Tumoren im Stadium T 1 – 3, N 1 empfiehlt sich baldmöglichst nach der Operation innerhalb von 8 Wochen die deutlich besser verträgliche 3- monatige Gabe von:
plus
Dadurch kann eine 5- Jahres- Tumorfreiheit von ca. 70 % erreicht werden (Herold 2021).
Bei Tumoren im UICC- Stadium II wird die adjuvante Therapie nur empfohlen, wenn Risikokonstellationen wie z. B. Tumorperforation, Notfall- OP, Entfernung weniger als 12 Lymphknoten, vorliegen (Herold 2021).
Konversionstherapie potentiell resektabler Metastasen
Zunächst werden durch eine Chemotherapie (Doubletten oder Tripletten mit oder ohne Antikörper über insgesamt 2 – 6 Monate) technisch nicht resektable (Leber-) Metastasen behandelt. Dadurch kann bei bis zu 40 % eine Resektabilität erreicht werden. Die eigentliche Operation erfolgt dann 4 Wochen nach Beendigung der Chemotherapie (Herold 2021).
Palliative Therapie
Die Planung einer palliativen Therapie erfolgt im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz (Herold 2021).
- Kolonkarzinom:
Beim Kolonkarzinom wird entweder eine Umgehungsanastomose gelegt oder es erfolgt die Anlage eines Anus praeter (Herold 2021)
- Rektumkarzinom:
Hierbei erfolgt eine endoskopische Stenteinlage oder eine lokale, endoskopische Argon- Lasertherapie (Herold 2021)
- Metastasierendes: kolorektales Karzinom
- Falls der Patient in einem guten AZ sein sollte, kann eine Polychemotherapie mit z. B. 5- FU oder Prodrug Capecitabin plus Oxaliplatin oder / und Irinotecan durchgeführt werden.
- Kombination mit einer zielgerichteten Substanz. Zur Identifizierung therapierelevanter Mutationen ist zuvor eine molekularbiologische Diagnostik erforderlich.
- Bei herabgesetztem Allgemeinzustand und auch bei einer Zweitlinientherapie, die ca. 70 % der Betroffenen erhalten können, werden Antikörper wie z. B. Bevacizumab, Aflibercept und Ramucirumab verwendet, die in mehreren randomisierten Studien einen Therapieeffekt zeigten (Leitlinien 2019).
- Bei einzelnen Lebermetastasen zur Verbesserung der Lebensqualität können Sonographie- bzw. CT- gesteuerte lokale Therapieverfahren oder eine stereotaktische Radiatio durchgeführt werden (Herold 2021).
Operative Therapie
Die Behandlung kann kurativ- chirurgisch erfolgen:
I. Rektumkarzinomen:
- Restauratives Resektionsverfahren
Hierbei empfiehlt sich ein Sphinkter- (Kontinenz-) erhaltendes restauratives Resektionsverfahren. Dabei erfolgt bei Karzinomen im unteren Zweidrittel eine anteriore Rektumresektion mit totaler Mesorektumexzision.
Die Grenze für eine Kontinenz- erhaltende Chirurgie liegt bei 5 cm zwischen Anokutanlinie und distalem Tumorrand. Das betrifft ca. 85 % aller Rektumkarzinome (Herold 2021).
- Transanale Lokalexzision:
Diese kann lediglich bei Low- grade- T1- Karzinomen ohne Lymphgefäßinvasion erfolgen (Herold 2021).
- Abdominoperineale Rektumexstirpation:
Hier erfolgt die Anlage eines endständigen Anus praeter sigmoidalis. Dieses Operationsverfahren kommt für Tumoren im unteren Drittel des Rektums in Frage, bei denen ein tumorfreier distaler Sicherheitsabstand nicht gegeben ist (Herold 2021).
Heutzutage kann der abdominelle Teil der Operation auch laparoskopisch erfolgen (Herold 2021).
II. Kolonkarzinom
Hierbei erfolgt i. d. R. eine operative bzw. laparoskopische En- bloc- Resektion des tumortragenden Kolonabschnittes unter Einhaltung einer ausreichenden Sicherheitszone plus Mitentfernung der regionalen Lymphknoten. Es wird dabei eine sog. no- touch- Technik angewandt, um das Risiko einer intraoperativen Verschleppung von Tumorzellen so gering wie möglich zu halten (Herold 2021).
Zur no- touch- Technik zählen:
- Präparation der Gefäße von zentral nach peripher
- Am Tumor wird so lange nicht manipuliert, bis alle Lymphgefäßverbindungen isoliert sind (Chassin 1983)
III. Leber und Lungenmetastasen
Sowohl Leber- als auch Lungenmetastasen können inzwischen mit kurativer Zielsetzung entfernt werden (Herold 2021).
IV. Peritonealkarzinose
Hierbei bietet sich ein multimodales Therapiekonzept an mit operativer Entfernung aller Herde, systemischer sowie auch hyperthermer intraoperativer Chemotherapie (Herold 2021).
Verlauf/Prognose
Nach einer kurativen Behandlung treten lokoregionale Rezidive in Abhängigkeit von der Operationsmethode und dem Tumorstadium bei ca. 10 – 30 % auf (Herold 2021).
Die Prognose ist u. a. abhängig von der Tumorlokalisation, je distaler der Tumor, desto ungünstiger die Prognose (Herold 2021).
Die 5- Jahres- Überlebensrate liegt statistisch gesehen beim:
- Rektumkarzinom:
- UICC- Stadium I bei 95 %
- UICC- Stadium II bei 85 %
- UICC- Stadium III bei 55 %
- UICC- Stadium IV bei 5 %
- Kolonkarzinom:
- UICC- Stadium I bei 95 %
- UICC- Stadium II bei 85 %
- UICC- Stadium III bei 65 %
- UICC- Stadium IV bei 5 % (Herold 2021)
- Die 5- Jahres- Überlebensrate nach Resektion von Lebermetastasen liegt inzwischen bei 40 % (Herold 2021).
Prophylaxe
Protektiv sind:
- Fett- und fleischarme Diät
- Salat- und gemüsereiche Kost
- Schnelle Stuhlpassage
- Getreideballaststoffe
- Körperliche Aktivität
- Nikotinkarenz
- Medikamente wie z.B. ASS und NDAR
- Behandlung mit 5- ASA bei Colitis ulcerosa (Herold 2021)
Screening:
- Nicht- Risikopersonen sollten ab dem 50. Lebensjahr eine Koloskopie durchführen lassen. Dabei sind Adenome als prämaligne Veränderungen zu entfernen. Bei unauffälligem Befund empfiehlt sich alle 10 Jahre eine Koloskopie (Herold 2021).
- Der früher durchgeführte guajabasierende fäkale Okkultblut- Test (gFOBT) wurde inzwischen vom deutlich sensitiveren quantitativ immunologischen Test (iFOBT) zum Nachweis von nicht sichtbarem Blut im Stuhl abgelöst (Herold 2021). Die Spezifität liegt bei > 90 % (Leitlinien 2019).
- Bei Verwandten 1. Grades sollte vor dem Zeitpunkt, an dem das Kolonkarzinom auftrat, die erste Koloskopie erfolgen oder ab dem Alter von 40 Jahren bei Auftreten von Adenomen vor dem 50. Lebensjahr. Falls keine Polypen gefunden werden, reicht eine Kontrollkoloskopie alle 10 Jahre aus (Herold 2021).
- Bei hereditärem nicht- polypösen Dickdarmkrebs (HNPCC) empfiehlt sich die erste Koloskopie 5 Jahre vor der ersten Manifestation in der Familie oder spätestens mit 25 Jahren. Zusätzlich sollten jährliche Kontrollen auf extrakolische Tumoren erfolgen (Herold 2021).
- Bei Vorliegen einer familiären adenomatösen Polyposis (FAP) oder nicht auszuschließender FAP sollten ab dem 10. Lebensjahr jährliche Rektosigmoidoskopien erfolgen. Sofern Adenome nachweisbar sind, empfehlen sich jährliche Koloskopien. Zusätzlich sollten Vorsorgeuntersuchungen auf extrakolische Tumoren erfolgen (Herold 2021).
Nachsorge
- Bei Nachweis von 1 oder 2 Adenomen < 1 cm ohne höhergradige intraepitheliale Neoplasien empfiehlt sich eine Kontrollkoloskopie nach 5 – 10 Jahren (Leitlinien 2019).
- Bei Nachweis von 3 bis 4 Adenomen oder einem Adenom von > 1 cm oder einem Adenom mit überwiegend villöser Histologie oder mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie bei betätigter vollständiger Abtragung, sollte bereits nach 3 Jahren eine Kontrollkoloskopie durchgeführt werden (Leitlinien 2019).
- Bei histologisch nicht betätigter vollständiger Abtragung von Adenomen > 5 mm, sollte die Kontrollkoloskopie bereits nach 6 Monaten erfolgen (Leitlinien 2019).
- Nach kompletter Entfernung eines pT1, low grade Karzinoms sollte die erste Nachsorge nach einem halben Jahr erfolgen, eine komplette Koloskopie nach 3 Jahren (Leitlinien 2019).
- Bei Patienten im UICC- Stadium II und III sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen indiziert nach 6, 12, 18, 24, 36, 48 und 60 Monaten. Eine komplette Koloskopie alle 6, 12, 60 Monate und eine Rekto- Sigmoidoskopie alle 6, 12, 18, 24 Monate (Leitlinien 2019).
Nachsorgeuntersuchungen sollten in Abhängigkeit vom Tumorstadium erfolgen und beinhalten:
- CEA / Anamnese
- Koloskopie
- Röntgen Thorax
- Sonographie der Leber
- Rektoskopie (Leitlinien 2019)
- Spiral- CT beim Rektumkarzinom (Herold 2021)
Literatur
- Buchta M, Höper D W, Sönnichsen A (2019) Das zweite STEX: Basiswissen Klinischen Medizin für Examen und Praxis. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 769
- Chassin J L (1983) Allgemeinchirurgische Operationen: Gastrointestinaltrakt. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York / Tokyo 188
- Herold G et al. (2021) Innere Medizin. Herold Verlag 491-497
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 101e-5, 539
- Krams M, Frahm S O, Kellner U, Mawrin C (2010) Kurzlehrbuch Pathologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 260
- Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF) (2019) S 3- Leitlinie Kolorektales Karzinom, Langversion 2. 1, 2019, AWMF Registrierungsnummer: 021/007OL, http://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/kolorektales-karzinom/ [abgerufen am: 08.04.2025]
- Siegenthaler W, Blum H E (2006) Klinische Pathophysiologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 847