HiatushernienK44.9

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 01.05.2024

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Synonym(e)

Hiatusgleithernie; Zwerchfellbruch; Zwerchfellhernie

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Erstbeschreiber

Heinrich Quinke beschrieb im Jahre 1859 als Erster den gastroösophagealen Reflux, auch als GERD bezeichnet (Fisichella 2017).

Definition

Unter einer Hiatushernie (HH) versteht man das Eindringen von Eingeweiden, bevorzugt des Magens, durch den Hiatus oesophageus in den Thoraxraum (Kasper 2015).

Musbahi (2023) hingegen bezeichnet eine HH lediglich als eine Normvariante und nicht als eine Krankheit, da man diesen Befund bei endoskopierten Patienten mit 20 % sehr häufig sieht.

Einteilung

Abhängig von der Position des gastroösophagealen Übergangs wird die Aufwärtsverlagerung des Magens oder anderer Organe in den Thoraxraum in verschiedene Subtypen eingeteilt in:

 

- Vorstufe:  Kardiofundale Fehlanlage

Diese stellt eine Vorstufe der axialen Gleithernie dar. Der Ösophagus mündet durch eine Lockerung des Kardia- Bandapparates in einem stumpfen Winkel in den Magen ein (Herold 2024).

 

- Typ I (Siewert 2006), auch als axiale Gleithernie bezeichnet

Hierbei sind der gastroösophageale Übergang und die Magenkardia durch Schwächung des phrenoösophagealen Bandes und einer Erweiterung der Hiatushernie nach kranial verlagert (Kasper 2015). Die Hernie geht vom rechten Zwerchfellschenkel aus (Yu 2018).

 

- Typ II (Siewert 2006), auch als paraösophageale Hernie bezeichnet

Bei der paraösophagealen Hernie sind Lage und Funktion des unteren Ösophagussphinkters normal. Es schiebt sich aber ein Teil des Magens mit peritonealem Bruchsack in den Thoraxbereich (Herold 2024). Hierbei sind sowohl der rechte als auch der linke Muskelschenkel betroffen (Siewert 2006).

Die Kardia ist in diesem Fall durch eine Bruchbildung neben dem Ösophagus immer subphrenisch lokalisiert. Der Bruchsack selbst ist nach allen Seiten hin geschlossen (Siewert 2006).

 Typ II neigt zu Progression (Siewert 2006). Die Extremform stellt der sog. „Thoraxmagen“ dar, auch bezeichnet als „Upside- down- stomach“ (Herold 2024).

 

- Typ III (Siewert 2006), auch als Mischform bezeichnet

Typ III stellt eine Kombination der axialen und paraösophagealen HH dar. Sie geht i. d. R. aus einer rein axialen Gleithernie hervor, bei der sich im Laufe der Zeit immer mehr Magenabschnitte durch den erweiterten Hiatus nach paraösophageal verschieben. Im Unterschied zur rein paraösophagealen Hernie kommt es hierbei auch zu einer intrathorakalen Verlagerung der Kardia (Siewert 2006).

 

-  Typ IV- Hernien

Von diesen spricht man, wenn bei einem großen Zwerchfelldefekt auch andere abdominelle Organe wie z. B. Milz oder Kolon in den Thoraxraum gelangen (Siewert 2006).

Vorkommen/Epidemiologie

Die axiale Gleithernie kommt mit 95 % am häufigsten vor und tritt vorwiegend im Alter auf (Kasper 2015) durch eine zunehmende Schwäche des Mesenchyms (Siewert 2006), ebenso bei Adipositas oder Schwangerschaft  (Herold 2024). So findet sich bei ca. 50 % der Bevölkerung > 50 Jahre eine axiale Gleithernie (Herold 2024). Im Alter jenseits des 70. Lebensjahres sind es sogar > 70 %, bei denen eine axiale Hiatushernie besteht (Siewert 2006).

Die reine Form einer paraösophagealen Hiatushernie hingegen ist mit 5 % aller HH sehr selten. Gemischte HH treten in 10 – 15 % der Fälle auf (Siewert 2006).

Ätiopathogenese

Gleithernien entstehen durch erhöhten intraabdominellen Druck aufgrund bei z. B.  Adipositas, Schwangerschaft (Kasper 2015) oder beim Lungenemphysem (Siewert 2006). Erbliche Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle (Kasper 2015).

Bei 80 % der Patienten mit einer Typ II- HH besteht wahrscheinlich eine angeborene Fehlbildung: ein sog. Hiatus communis, d. h. ein gemeinsamer Durchtritt von Ösophagus und Aorta durch das Diaphragma (Siewert 2006).

Pathophysiologie

Beim Typ I, der axialen Gleithernie, kann das Gleiten der Hernie durch Horizontal-, Körpertieflage und abdominellen Überdruck (wie z. B. Pressen) ausgelöst werden und ist anfänglich noch reversibel. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer zunehmenden Schwäche des Mesenchyms im Bereich des distalen Ösophagus. Ebenso begünstigen Schwangerschaft, Adipositas und ein Lungenemphysem die hiatale Bruchbildung (Siewert 2006).

Durch eine gestörte abdominothorakale Druckregulation am Mageneingang kommt es zu einem gastroösophagealen Reflux mit perifokaler Entzündung und Längsschrumpfung des Ösophagus. Dadurch wird die Kardia weiter ins Mediastinum hinaufgezogen und schließlich dort sukzessive verankert und es entsteht eine fixierte axiale Hernie (Siewert 2006).

Klinisches Bild

Von den Gleithernien sind ca. 90 % asymptomatisch und werden zufällig bei einer Gastroskopie entdeckt (Herold 2024).

 

- Axiale Gleithernie:

Die Form der Refluxbeschwerden entsprechen denen der Allgemeinbevölkerung. Allerdings kann ein verengter Schatzki- Ring am Oberrand einer axialen Hiatushernie Ursache einer Bolusobstruktion durch ein Fleischstück werden, als sog. Steakhouse- Syndrom (Herold 2024).

 

- Paraösophageale Hernie

Bei dieser Form der Hernie differenziert man zwischen 3 verschiedenen Stadien:

1. Asymptomatisches Stadium

2. Unkompliziertes Stadium: In diesem Stadium kann es zum Aufstoßen und linksthorakalem Druckgefühl kommen

3. Komplikationsstadium: Hierbei besteht meistens eine chronische Blutungsanämie mit Passagestörung, Erosionen bzw. Ulcera am Schnürring (sog. Cameron- Läsionen) und Inkarzeration (Herold 2024). Gewichtsverlust und Darmblutungen können als schwerwiegende Symptome ebenfalls auftreten (Siewert 2006).

Diagnostik

Die Diagnose einer Hiatushernie wird i. d. R. endoskopisch gestellt, bei Zweifeln durch eine Thorax- CT ergänzt (Herold 2024).

Die axiale Gleithernie kann sehr gut mit einer Bariumschluck- Radiographie dargestellt werden oder durch eine Manometrie. Bei Letzterer beträgt die axiale Spannweite > 2 cm (Kahrilas 2008).

Präoperativ werden laut Leitlinie neben der Endoskopie auch noch die Radiographie und hochauflösende Manometrie empfohlen (Madisch 2023).

Komplikation(en)

  • Gastroösophagealer Reflux (GERD)

Die Rolle, die Hiatushernien dabei spielen, ist umstritten. Zwar haben die meisten Reflux- Patienten eine Hiatushernie, aber beim überwiegenden Teil der Patienten mit Hiatushernie besteht kein Sodbrennen (Kasper 2015).

  • Herzarrhythmien
  • Veränderungen im EKG wie z. B.

Diese Veränderungen im EKG treten typischerweise postprandial auf (Krawiek 2021)

  • (sehr selten) Herzstillstand (Krawiek 2021)

Therapie allgemein

Musbahi (2023) empfiehlt operative Maßnahmen lediglich bei ausgesuchten Patienten mit symptomatischer HH vom Typ 2 – 4, da sowohl die Rezidivrate als auch die Notwendigkeit weiterer medikamentöser Therapie sehr hoch ist (s. a. Verlauf).

 

- Axiale Gleithernie:

Eine axiale Gleithernie ist nicht therapiebedürftig, allenfalls bei Refluxbeschwerden (Herold 2024).

 

- Paraösophageale Hernie:

Eine operative Therapie sollte auch im asymptomatischen Stadium wegen drohender Komplikationen erwogen werden. Verfahrensmäßig handelt es sich dabei um eine transabdominale Gastropexie mit Reposition und Fixation des Magens an der vorderen Bauchwand (Herold 2024).

Die Netzaugmentation wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Nickel (2021) empfiehlt eine Netzaugmentation bei großen Hiatushernien > 5 cm und / oder bei Vorliegen einer paraösophagealen Beteiligung routinehaft einzusetzen, da in diesen Fällen sowohl die Rezidivraten als auch der Bedarf an komplexen Reoperationen (bei denen ein hohes Komplikationsrisiko besteht), verringert werden kann.

Die Leitlinie empfiehlt bei jeder Antirefluxoperation eine adäquate Einengung des Hiatus durch eine anteriore oder posteriore Hiatoplastik (Madisch 2023).

Verlauf/Prognose

Das Rezidivrisiko liegt postoperativ bei ca. 33 %. Die Notwendigkeit weiterer Antazida- Therapie p. o. bei mindestens 50 % (Musbahi 2023).

Bei einer Notoperation, dessen Risiko jährlich bei 1,1 % liegt, beträgt – laut einer Studie aus dem Jahre 1997 - die Sterblichkeitsrate bei 5,4 % (Musbahi 2023).

Literatur

  1. Fisichella P M (2017) Failed Anti- Reflux Therapy: Analysis of Causes and Principles of Treatment. Springer International Publishing 2
  2. Herold G et al. (2024) Innere Medizin. Herold Verlag 441
  3. Kahrilas P j, Kim H C, Pandolfino J E (2008) Approaches to the diagnosis and grading of hiatal hernia. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 22 (4) 601 - 616
  4. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 261, 1902 – 1903, 1906
  5. Madisch A, Koop H, Miehlke S, Leers J, Lorenz P, Lynen Jansen P, Pech O, Schilling D, Labenz J (2023) S2k- Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). AWMF- Registriernummer 021 – 013
  6. Musbahi A, Mahawar k (2023) Hiatal hernia. Br J Surg. 401 – 402  DOI: 10.1093/bjs/znac449
  7. Nickel F, Cizmic A, Müller- Stich B P (2021) Netzimplantation bei der Chirurgie der Hiatushernie und beim Reflux – Pro. Zentralbl Chir. 146 (02) 194 - 199
  8. Siewert V, Siewert J R, Rothmund M (2006) Praxis der Viszeralchirurgie: Gastroenterologische Chirurgie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 296
  9. Yu H-X, Han C- S, Xue J- R, Han Z- F, Xin H (2018) Esophageal hiatal hernia: risk, diagnosis and management. Expert Rev Gastroenterol Hepatol. 12 (4) 319 – 329

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