Pharmakodynamik (Wirkung)
Im menschlichen Körper bilden neuroendokrine L- Zellen im Darm und A- Zellen im Pankreas Proglucagon GLP- 1. Dieses Enzym wird durch Dipeptidyl- Peptidase- 4 (DPP- 4) abgebaut.
GLP- 1 zählt zusammen mit dem „gastric inhibitory polypeptide“ (GIP) zu den Inkretinen (Herold 2020).
Die Wirkung des Enzyms GLP- 1 besteht in:
- Glukose- abhängiger Stimulation der Sekretion von Insulin
- Verzögerung der Magenentleerung
- Hemmung der Freisetzung von Glukagon (hemmt den Appetit und führt zur Gewichtsabnahme)
(Herold 2020)
Die chemischen Analoga GLP- 1- RA binden sich mit hoher Affinität an die GLP- 1- Rezeptoren. Sie werden aber, im Gegensatz zu GLP- 1 nicht durch DPP- 4 inaktiviert. Dies bewirkt eine:
- Hemmung der Sekretion von Glukagon
- Steigerung der Sekretion von Insulin
- Verzögerung der Magenentleerung
- Nachlassen des Appetits
- Gewichtsverlust (Herold 2020)
- bevorzugte Senkung des postprandialen BZ (Kasper 2015)
Zusätzliche Wirkung von Liraglutid:
- Reduktion der kardiovaskulären Mortalität
- Nephroprotektion (Herold 2020)
- Reduktion der Gesamtmortalität (Bahrmann 2018)
Zusätzliche Wirkung von Dulaglutid:
- Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 12 % im Vergleich zu Placebo laut REWIND- Studie (Sonnet 2020)
Indikationen
-
Typ 2 DM mit
- metabolischem Syndrom
- manifesten kardiovaskulären Erkrankungen
- kardiovaskulären Risikofaktoren
- renalen Begleiterkrankungen (Diederich 2020) in Kombination mit Metformin und / oder Sulfonylharnstoffe (SH) und / oder Insulin, sondern diese Medikamente alleine nicht ausreichen, um den Blutzucker entsprechend zu senken (Herold 2020).
Seit 2018 wird von der American Diabetes Association (ADA) und der European Association for the Study of Diabetes (EASD) der präferentielle Einsatz von GLP- 1- RA oder SGLT- 2- Inhibitoren neben der Behandlung mit Metformin, Sulfonylharnstoffen, Insulin empfohlen (Diederich 2020).
- vor Beginn einer etwaigen Insulintherapie beim Typ 2 DM – insbesondere bei einem erhöhten Body Mass Index - sollte die Behandlung mit GLP1- RA erwogen werden (Bundesärztekammer 2021)
Dosierung und Art der Anwendung
Die Einnahme erfolgt in Abhängigkeit von den Mahlzeiten und als Kombinationstherapie mit z. B. Metformin und / oder Sulfonylharnstoffe (SH) und / oder Insulin. Bei Patienten, die Insulinsekretagoga erhalten, kann wegen der Gefahr einer Hypoglykämie unter der Behandlung mit GLP1- RA eine Reduktion der Insulinsekretagoga erforderlich werden (Kasper 2015).
Dosierungsempfehlung:
- Byetta ®: ca. 30 min vor den Hauptmahlzeiten initial 2 x 5 µg / d s.c.
Nach ca. 4 Wochen ist eine Dosiserhöhung auf 2 x 10 µg / d s.c. möglich
- Victoza ®: initial 1 x / d 0, 6 µg / d s.c., anschließende Steigerung bis auf 1,2 µg / d s.c., Maximaldosis 1, 8 µg / d s.c.
- Bydureon ®: 1 x wöchentlich 2 mg s.c.
- Trulicity ®: 1 x wöchentlich 0,75 – 1,5 mg s.c.
(Herold 2020)
Die 1 x wöchentliche Gabe ultralang wirksamer GLP1- RA wie z. B. Dulaglutid ist laut Studien der täglichen Gabe von Liraglutid nicht unterlegen (Dungan 2014).
Unerwünschte Wirkungen
- Hyperlipasämie (häufig)
- Übelkeit (häufig)
- Erbrechen (in bis zu 10 % [Ritzmann 2008])
- Diarrhoen (meistens reversibel)
- Pankreatitis (sehr selten; teilweise wurde eine klinische Behandlung erforderlich, Todesfälle sind bislang nicht beschrieben [Ritzmann 2008])
(Herold 2020)
-
Hypoglykämien: Die Gefahr der Hypoglykämie besteht durch GLP- 1- RA nicht, nur in Kombination mit anderen Antidiabetika (Herold 2020)
- unter der Kombination mit Metformin in bis zu 39 % (entspricht auch der Zahl der mit Placebo behandelten Patienten)
- unter der Kombination mit Sulfonylharnstoffen stieg das Risiko einer Hypoglykämie um ein Vielfaches an, deshalb sollte hierbei eine frühzeitige Dosisreduktion der Sulfonylharnstoffe erwogen werden
- Bildung von Antikörpern gegen GLP1- RA:
Die Bildung von AK fand sich bei knapp 50 % der Fälle. Die klinische Bedeutung ist bislang unklar. Bei Patienten mit ausgesprochen hohen AK- Titern wurde von einer reduzierten Wirkung bezüglich Exenatid berichtet (Ritzmann 2008).
Kontraindikation
- terminale Niereninsuffizienz mit einer Kreatininclearance < 30 ml / min (Herold 2020)
- bei höhergradiger Niereninsuffizienz mit einer GFR < 50 ml / min nicht zu empfehlen (Bahrmann 2018)
- Z. n. Pankreatitis
(Herold 2020)
Wechselwirkungen
Da GLP1- RA die Magenentleerung verzögern, kann die Resorption anderer Arzneimittel verzögert bzw. reduziert werden (Kasper 2015) wie z. B. bei:
- Antibiotika
- Kontrazeptiva
- Medikamenten mit geringer therapeutischer Breite wie z. B. oralen Antikoagulantien
(Ritzmann 2008)
Präparate
- Kurzwirksame GLP1- RA:
- Langwirksame GLP1- RA:
- Ultralang- wirksame GLP1- RA:
- Exenatid- LAR (Bydureon ®)
- Dulaglutid (Trulicity ®)