HIV-assoziierte aggressive B-Zell-Lymphome

Zuletzt aktualisiert am: 10.11.2021

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HIV-NHL

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Definition

HIV-assoziierte aggressive B-Zell-Lymphome (HIV-NHL) sind AIDS-definierend und nach dem Kaposi-Sarkom die zweithäufigste HIV-assoziierte Neoplasie. Demgegenüber zählt das Hodgkin-Lymphom zu den häufigsten nicht-AIDS-definierenden Malignomen (Morlat P  et al. 2000).

Einteilung

Die Stadieneinteilung der HIV-NHL erfolgt nach der Ann Arbor Klassifikation.

Die WHO-Klassifikation unterscheidet Lymphome, die auch bei Immunkompetenten auftreten von solchen, die überwiegend bei Patienten mit HIV diagnostiziert werden .

Häufigste Vertreter sind:

  • Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL)
  • Burkitt-Lymphom. Bei dem HIV-assoziertem BL wurde auch ein disseminierter (sekundärer) Hautbefall beschrieben worden  (de Masson A et al. (2016) S.u. primär kutanes Burkitt-Lymphom. Granulomatöse Lymphknotenreaktionen bei einem Burkitt-Lymphom werden als prognostisch gutartige Zeichen interpretiert (Li JN et al. (2014).
  • Erguss-Lymphome (PEL) mit Nachweis maligner, in der Regel CD20-negativer immunoblastischer oder anaplastischer Zellen (Guillet S et al. (2016).
  • Vorläufer Lymphome wie Plasmoblastische Lymphome (PBL) 
  • Hodgkin-Lymphome.

Vorkommen/Epidemiologie

Die Inzidenz aggressiver NHL im Vergleich zur HIV-negativen Bevölkerung ist auch unter optimalen Therapiebedingungen um 4- bis 16-fach erhöht (Franceschi S et al. 2010; Park LS et al. 2016). Das Risiko für die Entwicklung eines HIV-NHL nimmt mit dem CD4-Zell-Nadir bzw. mit fallenden CD4-Zellzahlen zu  und wird durch eine anhaltende virale Suppression gesenkt. Das Risiko für die Entwicklung eines HL ist bei HIV-Infizierten (HIV-HL) um das 7 bis 28 fache erhöht.

Ätiopathogenese

Neben einer chronischen Antigenstimulation und Zytokin-Dysregulation spielen Koinfektionen mit onkogenen Viren eine bedeutende ätiologische Rolle in der Entstehung HIV-assoziierter Lymphome. Hierzu gehören:

  • Epstein-Barr-Virus (HHV-4: Nachweis von EBV-Genom in 40 - 50 %)
  • Humane Herpes-Virus 8 (HHV-8: Nachweis bei 100% der primären Erguss-Lymphome und des  Castleman-Lymphom)

Klinisches Bild

Die diagnostischen Schritte entsprechen denen bei HIV-negativen Patienten mit malignen Lymphomen. Circa 70% der Patienten werden in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert. Häufig finden sich B-Symptome und ein extranodaler Befall. Einer retrospektiven Untersuchung zufolge weisen 6% aller Patienten mit HIV-DLBCL einen ZNS-Befall auf (Barta SK et al. 2016).

Therapie

Das Therapieziel ist kurativ. Die Behandlung richtet sich nach der Lymphom-Entität, dem Krankheitsstadium ebenso wie nach dem Allgemeinzustand und der durch die HIV-Infektion bedingten Komorbidität.

Antiretrovirale Therapie

Die cART sollte simultan zur Chemotherapie fortgeführt bzw. den aktuellen Leitlinien zur cART entsprechend mit Start der Chemotherapie initiiert werden (Barta SK 2015;  Schommers P 2015; Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion 2017) .

Dabei sind Interaktionen zwischen den chemotherapeutischen und den  antiretroviralen Substanzen zu beachten (potenzielle Steigerung der Chemotherapie-assoziierten Toxizität). Dies gilt v.a. für antiretrovirale Kombinationen mit starken Enzyminduktoren wie Ritonavir-geboosterten Proteaseinhibitoren oder Cobicistat.

Sofern es Therapie-Vorgeschichte und Resistenzlage erlauben, empfiehlt sich daher während der Chemotherapie ein Integrasehemmer-basiertes Therapieregime, vorzugsweise Raltegravir in Kombination mit zwei nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmern.

Bei Platin-haltigen Chemotherapien (DHAP, ICE) sollte wegen der Gefahr kumulierender Nephrotoxizität Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF) vermieden werden.

Therapie allgemein

Eine PCP-Prophylaxe vorzugsweise mit Cotrimoxazol ist bei CD4-Zellzahlen < 200/µl indiziert. Hingegen kann eine generelle antibakterielle Prophylaxe nicht empfohlen werden. Die Verabreichung einer antibakteriellen, antifungalen und antiviralen Prophylaxe sollte sich nach entsprechenden Leitlinien unter Berücksichtigung des Stadiums der HIV-Infektion bzw. opportunistischer Vorerkrankungen richten.

Verlauf/Prognose

Die Prognose von Patienten mit HIV-NHL hat sich seit Einführung der cART erheblich gebessert [17, 18, 19, 20]. Sie wird maßgeblich bestimmt von der CD4-Zellzahl und dem internationalen Prognose-Index (IPI), in den die Faktoren Alter, Lymphom-Stadium, Höhe der LDH, Extranodalbefall und Performance-Status (PS) eingehen (Hoffmann C et al. 2003; Bower M et al. 2005). Bei guter CD4-Zellzahl und niedrigem IPI scheint die HIV-Infektion nicht mehr Prognose-bestimmend zu sein. Ein hoher IPI und das Vorliegen CD20-negativer NHL sind als prognostisch ungünstig zu werten.

Nachsorge

Die Nachsorge sollte sich nach den für HIV-negative Lymphom-Patienten entwickelten Empfehlungen richten.

Literatur

  1. Barta SK et al. (2016) Central nervous system involvement in AIDS-related lymphomas. Br J Haematol 173: 857-866.
  2. Barta S et al. (2013) Treatment factors affecting outcomes in HIV-associated non-Hodgkin lymphomas: a pooled analysis of 1546 patients. Blood 122:3251–3262
  3. Bower M et al. (2005) A prognostic index for systemic AIDS-related non-Hodgkin lymphoma treated in the era of highly active antiretroviral therapy. Ann Intern Med 143: 265–273.
  4. Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion (2017) . www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/055-001.html (Version 7 vom 29.11.2017).
  5. de Masson A et al. (2016) Disseminated skin involvement in HIV-associated Burkitt lymphoma: a rare clinical feature with poor prognosis. Br J Dermatol174:184-186. 
  6. Franceschi S et al. (2010) Changing patterns of cancer incidence in the early- and late-HAART periods: the Swiss HIV Cohort Study. Br J Cancer 103: 416-422.
  7. Guillet S et al. (2016) Classic and extracavitary primary effusion lymphoma in 51 HIV-infected patients from a single institution. Am J Hematol 91: 233–237.
  8. Hoffmann C et al. (2003) Response to highly active antiretroviral therapy strongly predicts outcome in patients with AIDS-related lymphoma. AIDS 17:1521–1529.
  9. Li JN et al. (2014) HIV-related Burkitt lymphoma with florid granulomatous reaction: an unusual case with good outcome. Int J Clin Exp Pathol 7:7049-7053. 
  10. Morlat P  et al.: Causes of death among HIV-infected patients in France in 2010 (national survey): trends since 2000. AIDS 28: 1181-1191
  11. Park LS et al. (2016) Time trends in cancer incidence in persons living with HIV/AIDS in the antiretroviral therapy era: 1997-2012. AIDS 30: 1795-806.
  12. Schommers P, Hentrich M, Hoffmann C, et al.: Survival of AIDS-related diffuse large B-cell lymphoma, Burkitt lymphoma, and plasmablastic lymphoma in the German HIV Lymphoma Cohort. Br J Haematol 168: 806-810, 2015. DOI:10.1111/bjh.13221.

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