Cholesterin-Embolisations-SyndromT88.8

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autor:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.07.2025

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Synonym(e)

Arteriosklerotisches Ulkus; CES; Cholesterinembolie; Cholesterin-Embolisations-Syndrom; Cholesterol crystal embolization; Cholesterol-Embolisation-Syndrom; Cholesterol embolization syndrome; kutanes Cholesterin-Embolisations-Syndrom

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Erstbeschreiber/Historie

Panum, 1862

Definition

Embolisation von Hautgefäßen durch Cholesterolkristalle wahrscheinlich aus aktivierten, vulnerablen arteriosklerotischen Plaques, die sich spontan, nach mechnanischer Irritation durch Angiographien, Aortenoperationen oder nach Therapie mit Antikoagulantien, Streptokinase und Plasminogenaktivator entleeren.

Ätiopathogenese

Spontan auftretend oder als Folge von gefäßchirurgischen Eingriffen, oraler Antikoagulation, thrombolytischer Therapie, Angiographien oder Traumen.

Zu den prädisponierenden Faktoren gehören Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, periphere Gefäßerkrankungen, Atherosklerose, Aortenaneurysma. Die Aorta ist der häufigste Ursprungsort des CES. Die drei am häufigsten betroffenen Organsysteme sind Niere, Haut und der Magen-Darm-Trakt (Burg MR et al. 2025).   

Ursächlich ist die Ruptur von arteriosklerotischen Plaques in einem arteriellen Gefäß mit Freisetzen eines Konglomerates  von Cholesterinkristallen in das Gefäßlumen. Derartige Rupturen aus instabilen, vulnerablen Plaques mit Freisetzung von Cholesterin-haltigem Inhalt spielen auch bei Myokardinfarkten eine pathogenetische Rolle. Freigesetzte Cholesterinembolie wandern dem Blutkreislauf folgend nach distal bis es zu einer Okkulsion der kleinen Arteriolen kommt, die typischerweise einen Durchmesser zwischen 100um und 200um haben.  

Bei der Ruptur spielt die scharfe Kristallstruktur der angehäuften Cholesterinkristalle eine wesentliche Rolle. Diese verursachen einerseits eine lokale Inflammation, unterhalten damit  den entzündlichen Prozess in den Plaques (instabile Plaque). Dieser Mechanimus kann im weiteren Sinn mit der Inflammation bei  Harnsäureablagerungen der Gicht  verglichen werden (Ghanem F et al.(2017). Zu unterscheiden ist dieser Mechanismus von der Thromboembolie bei der sich ein Gerinnsel auf dem Boden einer atherosklerotischen Plaque bildet, das abreißt und zu einer Embolie führt.  

Manifestation

V.a. bei Männern > 60. Lebensjahr; in der Vorgeschichte häufig Hypertonie und Nikotinabusus.

Klinik

Leitsymptom ist der akut einsetzende, lokalisierte, scharfe (Dauer-) Schmerz der Haut.

In zuvor unveränderter Haut plötzlich auftretende, unterschiedlich große, bizarr konfigurierte, rot-livide Flecken oder Plaques (Bild der Livedo racemosa in etwa 35% der Fälle).

Im weiteren Verlauf bilden sich, sehr schmerzhafte, chronische und schlecht heilende, bizarr begrenzte, häufig wenig belegte, flächige Ulzera. Die Ulzera erweisen sich als sehr therapieresistent.

Sie sind dauerhaft hochschmerzhaft (permanente, lokale Sauerstoffdefizienz). 

Diagnostik

Bei kutanem Befall tiefe Exzsionbiospie. 

Bildgebende Untersuchungen wie CT, Angiographie, MRT sind hilfreich kuir Identifikation der Embolusquelle.

Nierenfunktionsdiagnostik (GFR, Kretinin, Urinuntersuchungen)

Ophthalmologisches Konsil (Ausschluß einer retinalen Cholesterinembolie) 

 

 

Labor

BSG- und Leukozytenerhöhung. Transiente Eosinophilie in 80% der Fälle.

Histologie

Cholesterinkristalle im Gefäßlumen (nur in Serienschnitten nachweisbar!), die sich als intravaskuläre spindelförmige Spalten darstellen. Perivaskulär gemischtzelliges, häufig eosinophiles Infiltrat.

Diagnose

Klinik mit Livedo racemosa ohne sonstige Zeichen einer Vaskulitis. Schmerzen in den Extremitäten, Nierenversagen möglich. Hohes Alter und Arteriosklerose sowie vorausgegangener Gefäßeingriff sprechen für die Diagnose.

Differentialdiagnose

Tiefe Beinvenenthrombose; diabetisches Ulkus; Livedosymptome sonstiger Genese; interstitielle Nephritis; Myokardinfarkt; akute Gastritis; akute Pankreatitis.

Therapie

Symptomatisch: Schmerztherapie.

Weiterhin  Aspirin/Clopidogrel; evtl. hoch dosierte Statine gfls. kombiniert mit kurzfristigem Einsatz von Glukokortikosteroiden.

Merke! Wichtig ist die Behandlung der internistischen Grunderkrankung.

 

Externe Therapie

Im initialen Stadium bei erythematösen entzündlichen Veränderungen kurzfristig externe Glukokortikoide, z.B. 0,05% Betamethason-Creme R028 oder 0,25% Prednicarbat Creme/Salbe (z.B. Dermatop) und feuchte Umschläge. Bei großflächiger Ulzeration Abtragung der Nekrosen, enzymatische Wundreinigung (z.B. Iruxol N Salbe) oder Hydrokolloidverbände (z.B. Varihesive extra dünn). S.a.u. Wundbehandlung.

Operative Therapie

Kleinere Ulzerationen können auch komplett exzidiert und primär verschlossen werden.

Hinweis(e)

Die Hautinfarkte des Cholesterol-Embolie-Syndroms sind nur eine (u.U. monitorische) Teilmanifestation eines systemischen arteriosklerotischen "Embolie-Leidens". Zielorgane sind neben der Haut, Nieren und Gehirn. 
 

Literatur

  1. Ghanem F et al.(2017) Cholesterol crystal embolization following plaque rupture: a systemic disease with unusual features.J Biomed Res 31:82-94.
  2. Burg MR et al.(2025) Occlusive cutaneous vasculopathies: rare differential diagnoses. J Dtsch Dermatol Ges 23:487-506.

  3. Gibbs MB et al. (2005) Livedo reticularis: an update. J Am Acad Dermatol 52: 1009-1019
  4. Lukacs A et al. (1992) Kutane, ulzerierte Cholesterinembolie unter dem Bild einer Livedo racemosa nach Herzkatheteruntersuchung. Akt Dermatol 18: 14-16
  5. Panum PL (1862) Experimentelle Beiträge zur Lehre von der Embolie. Virchows Arch 25: 308-310
  6. Pennington M, et al. (2002) Cholesterol embolization syndrome: cutaneous histopathological features and the variable onset of symptoms in patients with different risk factors. Br J Dermatol 146: 511-517
  7. Resnik KS (2003) Intravscular cholesterol clefts as an incidental finding. Am J Dermatopathol 25: 497-499
  8. Scolari F et al. (2000) Cholesterol crystal embolism: A recognizable cause of renal disease. Am J Kidney Dis 36: 1089-1109

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.07.2025